Aufhebungsvertrag-Chancen und Risiken

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In Arbeitsverhältnissen kann es aus ganz verschiedenen Gründen dazu kommen, dass eine oder beide Seiten sich möglichst schnell trennen wollen. Eine Kündigung genügt dann häufig nicht den Interessen der Vertragspartei(en), da Kündigungsfristen zu beachten sind bzw. eine Kündigung rechtlich gar nicht durchsetzbar wäre. Deswegen wird in diesen Situationen meist ein Aufhebungsvertrag angestrebt. Der vorliegende Artikel legt dar, was dabei zu beachten ist und welche Chancen und Risiken bestehen. 

Was ist ein Aufhebungsvertrag? 

Ein Aufhebungsvertrag ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, der – neben weiteren möglichen Regelungen – das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet. Man kann einen Aufhebungsvertrag somit als Gegenstück (actus contrarius) zum Arbeitsvertrag bezeichnen.

Im Unterschied zur Kündigung handelt es sich also um eine zweiseitige Regelung, die nur durch ein Zusammenwirken beider Seiten zustande kommen kann.

Wann kommt ein Aufhebungsvertrag in Betracht?

Grundsätzlich kann jedes Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. In der Praxis sind vor allem zwei Konstellationen relevant: Zum einen wird eine vertragliche Lösung oft vonseiten des Arbeitgebers anstelle einer Kündigung angestrebt, wenn deren Wirksamkeit mindestens zweifelhaft wäre und der Arbeitgeber eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden möchte. Zum anderen ist ein Aufhebungsvertrag häufig Mittel der Wahl, wenn der Arbeitnehmer eine neue Stelle gefunden hat und diese sofort – also nicht erst nach Ablauf der Kündigungsfrist – antreten möchte.

Welchen äußeren Vorgaben muss ein Aufhebungsvertrag entsprechen? 

Gemäß § 623 BGB gilt für Aufhebungsverträge die Schriftform. Es bedarf also der eigenhändigen Unterschrift beider Parteien auf derselben bzw. auf der für die Gegenseite bestimmten Urkunde (§ 126 BGB). Wird die Schriftform nicht eingehalten (Mail, Fax etc.), ist der Aufhebungsvertrag nichtig (§ 125 BGB).

Was wird in einem Aufhebungsvertrag sonst noch geregelt? 

Neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt werden in einem Aufhebungsvertrag üblicherweise noch weitere Aspekte geregelt:

Regelmäßig einigt man sich über noch ausstehende variable Vergütungsbestandteile sowie Provisionen, Weihnachtsgeld, Kostenerstattung etc. Weiterer Regelungsgegentand ist häufig die Zahl der noch ausstehenden Urlaubstage sowie die Frage einer Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Wichtig für den Arbeitnehmer ist insbesondere das Thema Abfindung sowie ggf. die Festlegung einer Zeugnisnote. Typischerweise enthält eine Aufhebungsvertrag außerdem eine Auflistung der Gegenstände, die an den Arbeitgeber zurückzugeben sind (Schlüssel etc.) sowie Bestimmungen zur Geheimhaltung, ggf. auch ein Wettbewerbsverbot.

Welche Vor- und Nachteile bietet ein Aufhebungsvertrag? 

Ein wesentlicher Vorteil für den Arbeitgeber besteht darin, dass der Kündigungsschutz keine Anwendung findet. Damit können Arbeitsverhältnisse, die ansonsten gar nicht oder allenfalls mit einer langen Frist gekündigt werden könnten, sofort beendet werden. Für Arbeitnehmer ist die Auflösung per Vertrag oft deswegen interessant, weil Arbeitgeber aus den soeben genannten Gründen oft eher bereit sind, eine Abfindung zu bezahlen oder dem Arbeitnehmer ein gutes Zeugnis auszustellen. Außerdem bietet ein Aufhebungsvertrag bei unerträglichen Situationen oder einer einmaligen Gelegenheit an anderer Stelle die Option, den Job sofort zu wechseln

Der wichtigste Nachteil für Arbeitnehmer liegt neben dem Verzicht auf den Kündigungsschutz darin, dass in der Regel eine zwölfwöchige Sperrfrist für das Arbeitslosengeld I nach dem Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III) verhängt wird. Grund dafür ist, dass der Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages – ähnlich wie bei einer Eigenkündigung – die Arbeitslosigkeit bewusst, also „vorsätzlich“ (§ 159 I Nr.1 SGB III), herbeigeführt und sich damit „versicherungswidrig“ verhalten hat.

Unter bestimmten Umständen liegt allerdings ein „wichtiger Grund“ vor, welcher die Verhängung einer Sperrzeit ausschließt. Dafür muss nach den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zunächst eine ordentliche betriebs- oder personenbedingte Kündigung „mit Bestimmtheit in Aussicht“ gestellt worden sein und das Arbeitsverhältnis darf nicht früher enden, als es bei einer Kündigung möglich gewesen wäre. Außerdem darf der Arbeitnehmer entweder maximal eine Abfindung in Höhe von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr erhalten (dann kommt es auf die Wirksamkeit der hypothetischen Kündigung nicht an) oder er muss bei höheren Abfindungen durch den Aufhebungsvertrag Nachteile vermeiden, die durch die – dann zwingend – rechtmäßige Kündigung eingetreten wären.

Dieses Risiko können betroffene Arbeitnehmer vermeiden, indem eine Klausel in den Vertrag aufgenommen wird, welche den Arbeitgeber zum Ausgleich von finanziellen Nachteilen durch eine etwaige Sperrfrist verpflichtet. Die Zustimmung des Arbeitgebers zu einer solchen Klausel dürfte allerdings meist schwer zu erreichen sein.

Wie hoch ist eine Abfindung üblicherweise? 

Arbeitnehmer haben bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages in aller Regel (Ausnahmen: Tarifvertrag, Sozialplan) keinen Anspruch auf Vereinbarung einer Abfindung, sodass deren Höhe Verhandlungssache ist. Kaufmännisch betrachtet könnte man von einem „Tauschgeschäft“ sprechen: Der Arbeitnehmer verkauft den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung, der Arbeitgeber zahlt einen bestimmten Preis für eine rechtssichere und kostenmäßig kalkulierbare Beendigung.

Es kommt dabei naturgemäß sehr auf die Umstände des Einzelfalls an, etwa auf den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers, das Interesse des Arbeitgebers an einer raschen Beendigung, die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt, die Finanzkraft des Arbeitgebers, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und nicht zuletzt die Frage, ob sonstige Ansprüche (Boni, Provisionen etc.) streitig sind und mit der Abfindung (mit-)erledigt werden sollen.

Vermeintliche „Faustregeln“ von einem halben oder einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr führen dagegen häufig zu unangemessenen Forderungen oder umgekehrt schlechten Verhandlungsergebnissen aus Sicht des Arbeitnehmers. Anwaltliche Beratung ist also an dieser Stelle besonders zu empfehlen.

(Wie) Kann man einen unliebsamen Aufhebungsvertrag wieder beseitigen?

Eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages kommt insbesondere in Betracht, wenn der Arbeitgeber andernfalls eine Kündigung in Aussicht gestellt hat. Eine solche Drohung ist widerrechtlich und bietet einen Anfechtungsgrund, wenn – so die Rechtsprechung – „ein verständiger Arbeitgeber“ die angedrohte Kündigung nicht „ernsthaft in Betracht ziehen durfte“. Dies richtet sich wiederrum maßgeblich danach, ob die hypothetische Kündigung vor dem Arbeitsgericht Bestand gehabt hätte, also wirksam gewesen wäre. „In Betracht ziehen“ darf ein verständiger Arbeitgeber allerdings auch solche Kündigungen, deren Wirksamkeit unsicher ist. Dies und die oft problematische Beweisbarkeit einer solchen Drohung führt dazu, dass das Anfechtungsrecht sich bei Aufhebungsverträgen oft als stumpfes Schwert erweist.

Grundsätzlich wäre auch einen Widerruf zu denken. In einem Urteil aus dem Jahr 2019 bestätigte das Bundesarbeitsgericht allerdings, dass der Anwendungsbereich derjenigen Verbraucherschutznormen des BGB, die ihrem Wortlaut nach durchaus ein Widerrufsrecht begründen könnten (§§ 312 ff.), bei Aufhebungsverträgen nicht eröffnet ist (BAG, Ur­teil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18). Begründet wird dies vom BAG mit dem systematischen Zusammenhang und dem Willen des Gesetzgebers.

Im selben Urteil „erfand“ das BAG mit dem „Gebot fairen Verhandelns“ gleichwohl einen neuen Unwirksamkeitsgrund. Auf diese Weise will das Gericht die Entscheidungsfreiheit von Arbeitnehmern auch unterhalb der (hohen, s.o.) Schwelle einer Anfechtung schützen.

Demnach ist eine Verhandlungssituation „unfair“, wenn der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft oder ausnutzt, welche eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder unmöglich macht. Dieses Gebot leitet das BAG aus der vorvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ab (§§ 311 II Nr.1, 241 II BGB); die Rede ist u.a. von einem „Mindestmaß an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses“.

Typische Konstellationen betreffen etwa widrige Rahmenbedingungen („Verhörsituation“, Ablenkung), unangekündigte Besuche in der eigenen Wohnung sowie die Ausnutzung einer krankheitsbedingten Schwächung oder unzureichender Sprachkenntnisse. Dagegen muss der Arbeitgeber laut BAG keine Bedenkzeit einräumen oder das Gespräch über einen Aufhebungsvertrag vorher ankündigen.

Bei einem Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns entfallen ohne weiteres sämtliche Rechtswirkungen des Aufhebungsvertrages und das Arbeitsverhältnis besteht unverändert fort.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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