Auskunftsrecht des Vermächtnisnehmers

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Ein Vermächtnis unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von einer Erbschaft. Das Erbe geht im Moment des Erbfalls (Versterben des Erblassers) auf den oder die Erben über. Dieser Übergang erfolgt von Gesetzes wegen, ohne dass selbst tätig geworden sein müsste. Es wird daher auch vom „Vonselbsterwerb“ gesprochen. Hierbei ist es regelmäßig so, dass die Erbschaft als Ganzes auf den oder die Erben übergeht.

Befindet sich beispielsweise in der Erbschaft eine Immobilie, geht diese im Moment des Todes auf den oder die Erben über. Eine der Folgen ist, dass das Grundbuch falsch ist. In diesem steht noch der Erblasser und nicht die Erben. Entsprechend ist das Grundbuch zu berichtigen. Es läuft hier im Prinzip genau andersherum ab, wie beim Kauf- oder Übergabevertrag einer Immobilie. Hier geht das Eigentum regelmäßig erst mit Umschreibung im Grundbuch über, der sog. Auflassung.

Um zu erfahren, was sich in der Erbschaft befindet stehen dem Erben gegenüber dem Erbschaftsbesitzer oder dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben Auskunftsansprüche zu. Im Rahmen dieser Auskunftserteilung hat der Verpflichtete ein geordnetes Verzeichnis nach § 260 BGB zu erstellen und vorzulegen.

Ein Vermächtnis begründet oder gewährt keinen solchen – oben beschriebenen – automatischen Übergang. Durch ein Vermächtnis werden in der Regel untergeordnete Vermögenspositionen aus der Erbmasse ausgesondert und bestimmten Personen zugeordnet. Anders als beim Erbe fallen diese Vermögenspositionen der bedachten Person aber nicht automatisch und somit nicht „von selbst“ an.

Durch das Vermächtnis ist die berechtigte Person lediglich befugt, die vermächtnisweise zugewiesene Vermögensposition herauszufordern, § 2174 BGB. Es besteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf Aussonderung. Dieser muss proaktiv geltend gemacht werden. Dieser Anspruch verhält sich ähnlich wie ein vertraglicher Anspruch. Auch ein vertraglicher Anspruch ist ein schuldrechtlicher Anspruch. Schließen Sie beispielsweise einen Kaufvertrag und haben bezahlt, haben Sie einen Herausgabeanspruch. Erhalten Sie die Ware nicht freiwillig, müssen Sie diese herausfordern, notfalls gerichtlich. Ebenso ist es bei dem Vermächtnis. Liegt ein solches vor und wird die Vermögensposition nicht herausgegeben, muss sie eingefordert werden.

Nun kann es vorkommen, dass nicht ganz klar ist was genau der Vermächtnisgegenstand sein soll oder welcher Wert zu Grunde zu legen ist. Dies beispielsweise bei Wertmäßigen Anteilen von Unternehmen oder wenn ein prozentualer Anteil am Nachlass vermächtnisweise übertragen wird. Bedauerlicherweise findet sich in den §§ 2147 ff BGB, in denen das Vermächtnis geregelt ist, kein Anspruch auf Auskunft.

Elegant ist es, wenn der Erblasser mit dem Vermächtnis einen Auskunftsanspruch mitvermacht hat. Dann ist Auskunft geschuldet.

Wenn der Bedachte sein Vermächtnis ohne Angaben oder Auskunft schlicht nicht geltend machen kann, steht ihm allerdings häufig gemäß § 242 BGB (Treu und Glauben) ein Anspruch auf Auskunft zu, so beispielsweise LG Köln, Urteil vom 25-04-1989 - 22 O 331/88. Es ist allerdings zu beachten, dass der Anspruch aus Treu und Glauben mehr oder weniger eine Ausnahmeregelung darstellt und daher eine allzu großzügige Anwendung der Gerichte nicht erwartet werden kann.

Hier ist daher immer der Einzelfall zu prüfen, da der Umfang der Auskunftspflicht auch immer von der Art des Vermächtnisses abhängt. Bei einem Wahlvermächtnis zwischen verschiedenen Gegenständen muss beispielsweise nur über die zur Wahl stehenden Gegenstände Auskunft gegeben werden, nicht über den gesamten Nachlass. Bei einer bestimmten Quote (prozentualer Anteil) muss Auskunft über den gesamten Nachlass gegeben werden, bei einem Anteil des Jahresgewinns eines Unternehmens sind die Unterlagen zur Gewinnermittlung vorzulegen, usw.

Wichtig und zu beachten ist die Frage, ob der Vermächtnisnehmer gleichzeitig auch Erbe und somit grundsätzlich pflichtteilsberechtigt wäre. Wird einem gesetzlichen Erben im Sinne des § 2303 BGB (Abkömmling, Eltern oder Ehegatten) nur ein Vermächtnis zugewiesen und er so quasi enterbt, so steht ihm ein Auskunftsanspruch gem. § 2314 BGB zu. Ein solcher kann sogar vorliegen, wenn das Vermächtnis höher ist als der eigentliche Erbteil. Das ergibt auch Sinn, da vor der Auskunft der Wert des Vermächtnisses ja nicht bekannt ist.

Dieser Auskunftsanspruch unter nahen Verwandten ist daher häufig das „Schlupfloch“ über das Auskunft verlangt werden kann.

Ein zukünftiger Erblasser, der Gegenstände oder Anteile vermächtnisweise vermachen will, ist daher gut beraten, entsprechende Auskunftsansprüche mit zu vermachen, um dem Berechtigten die Realisierung des Vermächtnisses zu ermöglichen. Das heißt, um dafür zu sorgen dass das Vermächtnis auch da ankommt, wo es hinsoll, sollte neben einer etwaigen Testamentsvollstreckung auch an zu übertragende Auskunftsrechte gedacht werden.


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