Vermächtnis oder Erbschaft? – auf Verjährung achten

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Das OLG Frankfurt am Main hat am 09.12.2022 eine Entscheidung getroffen, die sich unter anderem mit der Frage beschäftigt hat, ob ein Vermächtnis oder eine Miterbenstellung vorliegt. Darüber hinaus hat sich das OLG damit beschäftigt, wann ein Anspruch als Vermächtnisnehmer verjährt bzw. wann die Verjährung beginnt.

Zum Verständnis ist grundsätzlich zu sagen, dass auf den oder die Erben die Erbmasse gemäß § 1922 BGB als Ganzes übergeht. Gibt es mehrere Erben, so geht von Gesetzes wegen auf diese das Vermögen mit allen Guthaben und allen Schulden in Höhe der jeweiligen Anteile, den sogenannten Quoten, auf die Erben über. Es handelt sich dann um Miterben, die eine Erbengemeinschaft bilden. Testamentarisch kann der Erblasser Teilungsanordnungen treffen, das heißt, er kann bestimmen, wer welchen Anteil bzw. welchen Teil aus der Erbmasse erhalten soll.

Der Erblasser kann aber auch anordnen, dass einzelne oder mehrere Vermögenspositionen auf bestimmte Personen übergehen sollen. Bei diesen Personen kann es sich um Erben oder auch um Dritte handeln, die keine gesetzlichen Erben sind. So kann ein Erblasser beispielsweise anordnen, meinen Porsche soll der Sohn, Hans-Peter, meines besten Freundes Franz erhalten. In einer solchen Konstellation wäre der Sohn, Hans Peter, kein Miterbe, sondern Vermächtnisnehmer. Folge daraus ist, dass der Porsche nicht von Gesetzes wegen, das heißt automatisch, auf ihn übergeht, sondern dass er einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung gegen die Erbengemeinschaft hat. Einen solchen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung hat man beispielsweise auch aus einem Kaufvertrag.

Zusammengefasst heißt das, auf die Erben geht das gesamte Vermögen aus der Erbschaft per Gesetz mit dem Ableben des Erblassers über. Der Vermächtnisnehmer erwirbt lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch, den er geltend machen muss.

Ein solcher Vermächtnisanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Das heißt, die Verjährung beginnt zum Ende des Jahres (31.12.) in dem der Anspruch entstanden ist und verjährt nach 3 Jahren. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt der Verjährungsbeginn voraus, dass der Gläubiger – das heißt in unserem Fall der Vermächtnisnehmer – Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners hat.

Im entschiedenen Fall hat die Erblasserin neben 5 Kindern mehrere gut gefüllte Konten und einen Lebensgefährten hinterlassen. Die Erblasserin hatte Testamentarisch verfügt, dass das Geld auf den Sparbüchern an die Verwandten „als letztes Geschenk“ gehen solle und der Lebensgefährte ein Sparbuch und das Geld auf dem Girokonto erhalten solle. Die Testamentseröffnung war im Jahr 2015.

Der Lebensgefährte ging daher davon aus, dass er Miterbe sei. Er beantragte daher einen entsprechenden Erbschein. Im Erbscheinsverfahren traten die anderen Beteiligten dem Ansinnen des Lebensgefährten entgegen und führten an, dass er lediglich Vermächtnisnehmer sei. Die Dinge gingen ihren langsamen gerichtlichen Weg und schließlich scheiterte der Lebensgefährte im Erbscheinsverfahren und konnte sich nicht durchsetzen. Er erhob dann im Jahr 2019 Klage aus seinem – schuldrechtlichen – Vermächtnisanspruch.

Die Erben erhoben die Einrede der Verjährung. Dem folgte das OLG Frankfurt am Main und wies die Klage ab. Es stellte fest, dass der Vermächtnisanspruch der regelmäßigen Verjährung unterliege. Es komme, so wie § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB es sage, darauf an, ob der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners habe. Welche Rückschlüsse bzw.  ob er die richtigen Rückschlüsse daraus ziehe, darauf käme es nicht an. Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und Person des Schuldners habe der Lebensgefährte mit der Testamentseröffnung im Jahr 2015 gehabt. Dass sich der Lebensgefährte irrtümlich für einen Miterbe gehalten habe, sei nicht von Relevanz. Somit begann die Verjährungsfrist zum 31.12.2015 zu laufen. Die 3 Jahre der regelmäßigen Verjährungsfrist waren daher zum 31.12.2018 abgelaufen. Da die übrigen Beteiligten die Einrede der Verjährung erhoben hatten, war die Klage abzuweisen.

Der Erbscheinsantrag wurde über einen Notar gestellt. Da eine Auslegung als Vermächtnis zumindest möglich erschien, hätten weitere prozessuale Maßnahmen (bspw. Erbenfeststellungsklage mit hilfsweiser Geltendmachung aus Vermächtnis) ergriffen werden sollen. Durch gerichtliche Geltendmachung nämlich wird die Verjährung gehemmt.

(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.12.2022 – 15 U 293/20)


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