Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei ungewöhnlich langer Trennungsdauer

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Es kommt immer wieder vor, dass Eheleute sehr lange getrennt leben, aber keiner von beiden die Scheidung einreicht. Wird nach vielen Jahren der Trennung endlich die Scheidung eingereicht, folgt häufig für einen Ehegatten eine bittere Erkenntnis. Der Versorgungsausgleich, also der Ausgleich der Rentenanwartschaften, wird für die gesamte Ehezeit von Hochzeit bis zur Zustellung des Scheidungsantrages und nicht nur für die Zeit bis zur Trennung durchgeführt. Je nach Einkommen und Rentenbeitragszahlungen kann es um den Verlust von Rentenanwartschaften von bis zu mehreren Zehntausend Euro gehen. Stehen die Zahlen erst mal fest, scheitert eine mögliche Vereinbarung über den ganz oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs meist an der fehlenden Zustimmung des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Wenn die Eheleute tatsächlich während der langjährigen Trennungszeit wirtschaftlich nicht mehr verbunden waren und es keine Kontakte gab, wird dies in der Regel als ungerecht empfunden.

Einen Ausweg bietet hier § 27 VersAusglG. Nach dieser Vorschrift findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er nach den gesamten Umständen des Einzelfalles grob unbillig wäre. Eine lange Trennungsdauer führt nicht automatisch zur groben Unbilligkeit, es müssen weitere Umstände hinzutreten.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 19.Januar 2015 über einen solchen Fall entschieden. Die Ehegatten hatten im Februar 1989 geheiratet, sich Ende 1994 getrennt, aber erst im Sommer 2007 die Scheidung beantragt. Der Versorgungsausgleich für die gesamte Ehezeit wäre erheblich zu Lasten des Ehemannes ausgegangen. Während der gesamten Trennungszeit lebte die gemeinsame Tochter beim Ehemann. Die Ehefrau zahlte, obwohl sie erwerbstätig war, keinen Unterhalt für das Kind, so dass der Ehemann für den gesamten Kindesunterhalt bis zum Abschluss der Ausbildung allein aufkam. Die Eheleute lebten ansonsten wirtschaftlich völlig getrennt. Das OLG Brandenburg hat in diesem Fall entschieden, dass der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit teilweise auszuschließen und nur für die Zeit von Eheschließung bis Trennung durchzuführen war. Im Ergebnis war dann der Ehemann ausgleichsberechtigt.

(OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.01.2015, 9 UF 78/14)

Die Prüfung der groben Unbilligeit hat das Familiengericht von Amts wegen vorzunehmen. Ohne Kenntnis von Anhaltspunkten wird das Gericht aber keine grobe Unbilligkeit feststellen können. Es ist die Aufgabe desjenigen Ehegatten, der sich darauf berufen will, dem Gericht die Gründe, die für eine grobe Unbilligkeit sprechen, mitzuteilen. 

Cornelia Schmitt

Fachanwältin für Familienrecht


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