AvP Anfechtung von Zahlungen an die Apotheken durch den Insolvenzverwalter Dr. Hoos

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Mit Schreiben vom 07.08.2023 hat der AvP-Insolvenzverwalter RA Dr. Jan-Philipp Hoos gegenüber einer Vielzahl von Apotheken Zahlungen angefochten, die diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Insolvenz im September 2020 erhalten hatten. 

Es handelt sich dabei i.d.R. um Vorschusszahlungen, welche die Apotheker im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen von der AvP überwiesen bekamen und die sie nun - fast 3 Jahre nach der Insolvenz - zurückzahlen sollen. 

Die Schreiben des Insolvenzverwalters tragen den Betreff: "Anfechtbarkeit der an Sie geleisteten Zahlung vom 11./14.09.2020 - Angebot eines Vergleichs".

Die betroffenen Apotheken sollen dabei in kurzer Zahlungsfrist hohe Beträge zurückzahlen, alternativ einen Vergleich schließen (auf Forderungen verzichten bzw. geringere Zahlungen leisten) oder eine "Vereinbarung zur Neufestsetzung des Verjährungsendes" unterzeichnen.

Kombiniert wurden die Rückforderungsschreiben dabei mit einem weiteren Schreiben des Insolvenzverwalters - ebenfalls datierend auf den 07.08.2023 - in welchem die Apotheken einer "Rahmenvereinbarung" beitreten und auf Aussonderungsrechte verzichten sollen. 

Die Aussonderungsrechte berechtigen die Apotheker  ggf. als Treugeber, die von der AvP treuhänderisch gehaltenen Rezepte ihrer Kunden (die sie bei der AvP Deutschland GmbH eingereicht hatten) vom Insolvenzverwalter herauszuverlangen.

Da die AvP Deutschland GmbH bzw. der Insolvenzverwalter diese Rezepte allerdings bei den Kostenträgern bereits eingelöst haben, kann der Insolvenzverwalter diese Rezepte an die Apotheker nicht mehr herausgeben und aussondern.

Stattdessen muss der Insolvenzverwalter aber - wenn ein solches Aussonderungsrecht bestanden hat - Zahlungen, die er auf die Rezepte erhalten hat, gemäß §§ 48, 47 der Insolvenzordnung als Ersatz aussondern und die erhaltenen Gelder an die Apotheker weiterleiten.

Die Rechtslage bezüglich der Frage des Bestehens von Aussonderungsrechten im Fall AvP ist umstritten, eine klärende Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht noch aus.

Wenn es einer Apotheke gelingt ihre Aussonderungsrechte mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen, dann muss sie sich nicht nur auf eine geringe Insolvenzquote verweisen lassen sondern kann ggf. über diese Sonderrechtsstellung ihren Schaden vollständig ausgleichen. 

Dabei ist zu beachten, dass die AvP Deutschland GmbH im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit den Apotheken in der Regel eine sogenannte Treuhandvereinbarung getroffen haben dürfte.

Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung bei der ein Treuhänder (AvP) im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen (Apotheke), Rechte erwirbt.

In der Praxis wird eine solche Vereinbarung oft bei Forderungsabtretungen genutzt. Der Treuhänder erlangt Rechte an einer Forderung ohne dabei die wirtschaftlich berechtigte Person zu werden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.11.2002 – Az.: IX ZR 178/99).

Im Fall der AvP Deutschland GmbH handelte es sich hierbei um eine spezifische Form der Treuhandschaft, die sogenannte Sicherheitstreuhand.

Hierbei haben die Apotheken als Treugeber Forderungen aus den Rezepten ihrer Kunden an die AvP Deutschland GmbH als Treuhänderin zur Sicherheit für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen übertragen.

In der Rechtsprechung und Literatur wird anerkannt, dass ein solches Treuhandverhältnis einen Aussonderungsanspruch bei der Insolvenz des Treuhänders begründet (Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Juli 2018 – Az.: IX ZR 189/16; Münchener Kommentar zur InsO, 3. Auflage, § 47 Rn. 88).

Aus diesem Grund sollten Apotheker sorgfältig ihren Fall durch einen Rechtsanwalt prüfen lassen und nicht ungeprüft im Rahmen eines Beitritts zu der angebotenen "Rahmenvereinbarung" vorschnell auf Aussonderungsrechte verzichten. 

Auch sollten betroffene Apotheken nicht ohne vorherige anwaltliche Prüfung und Beratung den Rückzahlungsforderungen des Insolvenzverwalters nachgeben, im Rahmen eines Vergleichs auf Forderungen verzichten bzw. geringere Zahlungen leisten oder eine "Vereinbarung zur Neufestsetzung des Verjährungsendes" unterzeichnen.

Der Insolvenzverwalter behauptet, dass ihm ein Anspruch auf Rückgewähr der an die Apotheken veranlassten Vorschusszahlungen gemäß §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO zustehen würde, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der AvP Deutschland GmbH mit Bescheid vom 10.09.2020  verboten habe Auszahlungen vorzunehmen. 

Entgegen dieser Anordnung der BaFin habe die AvP Deutschland GmbH dennoch an eine Vielzahl von Apothekern weitere Zahlungen geleistet, die nun zurückgefordert werden könnten. 

Denn es handele sich - so der Insolvenzverwalter - bei den Zahlungen um solche, die die Empfänger aufgrund des Zahlungsverbotes "nicht zu der Zeit" im Sinne der §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO hätten beanspruchen können. 

Die vom Insolvenzverwalter vertretene Rechtsauffassung ist umstritten und überzeugt nach Auffassung von KILIAN Rechtsanwälte nicht, denn sie steht im Widerspruch zu dem Umstand, dass die Apotheken nur Zahlungen erhalten haben, die ihnen nach den vertraglichen Vereinbarungen mit der AvP vertraglich zu dieser Zeit zugestanden haben.

Die Ansicht des Insolvenzverwalters lässt sich nach Auffassung von KILIAN Rechtsanwälte im Einzelfall mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes (§§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO) nicht in Einklang bringen und ist unbillig, da sie die Apotheken auch aufgrund der Höhe der verlangten Rückzahlungen ggf. in eine existenzbedrohende Lage bringen würde. 

Der Umstand, dass auch der Insolvenzverwalter - ausweislich seines Vergleichsangebotes - bereit ist auf ganz erhebliche Teile seiner vermeintlichen Anfechtungsforderung zu verzichten, zeigt nach Auffassung von KILIAN Rechtsanwälte, dass diese Problematik bekannt ist. 

Der Rat von KILIAN RECHTSANWÄLTE:

Sollten Sie eine Rückforderung oder Rahmenvereinbarung seitens des Insolvenzverwalters vorliegen haben, dann sollten Sie Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl einholen, um Fehler bei der Abgabe einer Erklärung zu vermeiden und wenn möglich etwaige Rückforderungen abzuwehren oder aber z.B. einen günstigeren Vergleich aushandeln zu können.

Auch KILIAN RECHTSANWÄLTE steht betroffenen Apotheken hierfür mit Rat und Tat zur Verfügung. 

Kontakt: 


KILIAN RECHTSANWÄLTE

Matthias Kilian

Rechtsanwalt | Inhaber

Am Alten Güterbahnhof 5

07743 Jena


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