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Beamtenrecht: Beförderungsaktionen bei der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG

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Auch die bei den Postnachfolgeunternehmen DTAG und DP AG beschäftigten wie auch die beurlaubten Beamten können befördert werden. Der Bund stellt Beförderungsplanstellen zur Verfügung. Die Vergabe erfolgt in Massenbeförderungsverfahren. Diese entsprechen jedoch nicht immer den Regeln, die nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte allgemein für Beförderungsverfahren gelten. Gleichwohl ist Rechtsschutz nicht ausgeschlossen.

Grundsätzlich gelten für Beförderungsverfahren konkrete Regeln, die jeder Dienstherr zu beachten hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 04.11.2010 diese - in einer langjährigen Praxis der Verwaltungsgerichte entwickelten - Verfahrensregeln übersichtlich zusammengefasst:

Bedeutung der Ernennung

Beförderung ist Verleihung eines höherwertigen Statusamtes durch Ernennung. Sie erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde. Die Ernennung begründet einen Anspruch auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens. Sie wirkt unmittelbar gegen diejenigen Bewerber, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben.

Auswahlverfahren nach dem Leistungsprinzip (Bewerbungsverfahrensanspruch)

Das Amt darf nur nach einem Auswahlverfahren vergeben werden, das den Leistungsgrundsatz beachtet (Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes). Leistungsbezogenen Kriterien sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung. Das Amt darf nur demjenigen Bewerber verliehen werden, der aufgrund eines Leistungsvergleichs am besten geeignet ist. Der Leitungsgrundsatz dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Daneben vermittelt der Leistungsgrundsatz den Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Diesen Grundsatz nennt man Bewerbungsverfahrensanspruch.

Pflicht zur Bekanntgabe der Auswahlentscheidung

Der Dienstherr muss seine Auswahlentscheidung bekannt geben. Die Begründung der Entscheidung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen. Ein unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Ernennung. Mit der Ernennung gehen die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber unter. Die Ernennung kann nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das Amt ist dann unwiderruflich vergeben.

Rechtsschutz gegen fehlerhafte Auswahl

  • Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann. Grundsätzlich muss dies vor der Ernennung geschehen. Die Verwaltungsgerichte haben hierfür bundeseinheitlich folgende Praxis entwickelt:
  • Ein unterlegener Bewerber muss vor der beabsichtigten Ernennung beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird.
  • Wird eine einstweilige Anordnung rechtskräftig, muss der Dienstherr das Auswahlverfahren vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen.
  • Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat.

Pflicht des Dienstherrn zur Einhaltung von Mitteilungs- und Wartepflichten

Eine Ernennung kann nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden. Deshalb hängt die Wirksamkeit des Rechtsschutzes davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung vor der Ernennung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher muss der Dienstherr Mitteilungs- und Wartepflichten beachten:

  • Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen. Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet.
  • Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen.
  • Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen.

Wenn der Dienstherr den Rechtsschutz verhindert

Es gibt mehrere Konstellationen, in denen es zu einer rechtswidrigen Verhinderung des gebotenen Rechtsschutzes durch den Dienstherrn kommen kann:

  • Der Dienstherr nimmt die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vor,
  • Der Dienstherr ernennt den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist, ohne abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht angerufen wird,
  • Der Dienstherr ernennt den ausgewählten Bewerber, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist,
  • Die Ernennung wird während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vorgenommen.

Folgen der Rechtsschutzverhinderung

Liegt ein Fall der Rechtsschutzverhinderung in einer der genannten Fallkonstellationen vor, kann der unterlegene Bewerber die Ernennung mit der Anfechtungsklage angreifen. Der Grundsatz der Ämterstabilität steht in diesen Fällen der Aufhebung der Ernennung nicht entgegen.

Wird der Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt, ist die angefochtene Ernennung dann mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben

vgl. Bundesverwaltungsgericht - Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 - http://www.bverwg.de/enid/311?e_view=detail&meta_nr=1343

Der Bewerbungsverfahrensanspruch bei Massenbeförderungen

Bereits im Jahr 2004 hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass diese Regelungen auch in sog. Massenbeförderungsverfahren gelten. Dies sind Beförderungsaktionen, bei denen eine große Zahl von Beamten zur gleichen Zeit befördert wird. Auch in diesen Fällen hat der Dienstherr die nicht für eine Beförderung Vorgesehenen rechtzeitig vor der Ernennung der anderen über das Ergebnis der Auswahlentscheidung und die maßgebenden Gründe dafür zu unterrichten. Unterlässt er die Benachrichtigung, kann dem Beamten im Schadensersatzprozess wegen unterbliebener Beförderung regelmäßig nicht der Vorwurf gemacht werden, schuldhaft ein Rechtsmittel gegen die Besetzung der Beförderungsstellen versäumt zu haben.

Bundesverwaltungsgericht - 01.04.2004 - 2 C 26.03.

http://www.bverwg.de/enid/0,b59549655f76696577092d0964657461696c093a09636f6e5f6964092d0934333134093a095f7472636964092d0931393535/Entscheidungen/Entscheidung_8n.html

Auswirkungen auf die Beförderungsaktionen von DTAG und DPAG

Bei den Massenbeförderungsaktionen der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG war in unserer Praxis mehrfach festzustellen, dass bereits die vorgeschriebenen Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber unterbleiben. Das Verfahrensprozedere und die Auswahlkriterien werden nicht offen kommuniziert. Die Ernennungsurkunden werden den ausgewählten Kandidaten mitunter nicht einmal ausgehändigt, sondern zugestellt. Die unterlegenen Bewerber erfahren deshalb häufig gar nicht, welcher Kollege zum Zuge kam. So wird die Geltendmachung des Bewerbungsverfahrensanspruchs zusätzlich dadurch erschwert, dass nicht einmal klar ist, gegen welche Ernennungen sich ein Rechtsmittel richten soll.

Dennoch kommt auch in diesen Fällen eine Anfechtung der Ernennungen in Betracht, weil es sich - gemessen an der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte - um klare Fälle der Rechtsschutzverhinderung handeln dürfte.

Im Klageverfahren muss der Dienstherr die Karten aufdecken, indem er dem Gericht und auch dem Kläger Akteneinsicht gewährt. Auf diese Weise kann eine Überprüfung des Auswahlverfahrens nachgeholt werden.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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