Befristete Arbeitsverhältnisse – wann ist eine Befristung wirksam?

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I. Einleitung

Befristete Arbeitsverhältnisse sind, obwohl sie der vom Gesetzgeber gewollte Ausnahmefall sind, weiter auf dem Vormarsch. Sie sind unter anderem ein Grund dafür, dass Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren, direkt ALG II beziehen müssen, da sie nach einer kurzen Beschäftigungszeit noch keinen Anspruch auf ALG I erworben haben. Umso wichtiger ist es zu wissen, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses überhaupt möglich ist.

II. Befristung mit sachlichem Grund

Grundsätzlich ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur dann möglich, wenn ein – die Befristung rechtfertigender – sachlicher Grund vorliegt, vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG. In welchen Fällen ein solcher sachlicher Grund gegeben ist, bestimmt § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG, wobei die dortige enumerative Aufzählung nicht abschließend ist.

1. Nur vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung

Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeit nur vorübergehend besteht. Auf diesen Grund kann der Arbeitgeber eine Befristung aber dann nicht stützen, wenn ungewiss ist, ob der Bedarf an der Arbeitsleistung in der Zukunft noch besteht, weil die wirtschaftliche Zukunftsprognose nicht eindeutig ist. Voraussetzung ist nämlich, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für den befristet beschäftigten Arbeitnehmer nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses dauerhaft kein weiterer Bedarf besteht (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.03.2010, 7 AZR 640/08). Besteht allerdings entgegen einer – vom Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erstellenden – Prognose wider Erwarten doch ein weiterer Bedarf an der Arbeitsleistung, bleibt die Befristung wirksam.

2. Befristung im Anschluss an eine Ausbildung

Darüber hinaus liegt gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TzBfG ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund vor, wenn die Befristung im Anschluss an die Ausbildung erfolgt und gleichzeitig für den Arbeitnehmer eine Erleichterung des Übergangs in eine Anschlussbeschäftigung darstellt. Allerdings kann eine Befristung nur ein einziges Mal im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildung auf diesen Grund gestützt werden. Das Bundesarbeitsgericht entschied hierzu, dass eine zweite Befristung aus diesem Grund nicht von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TzBfG gedeckt und daher unwirksam sei (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.10.2007, 7 AZR 800/06).

3. Vertretung eines anderen Arbeitnehmers

Ferner liegt ein die Befristung rechtfertigender Sachgrund vor, wenn die Einstellung zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers erfolgt, vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG.

4. Eigenart der Arbeitsleistung

Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG kann auch die Eigenart der Arbeitsleistung einen sachlichen Grund zur Befristung darstellen. Der Begriff der „Eigenart der Arbeitsleistung“ wird vom Bundesarbeitsgericht sehr eng ausgelegt, da anderenfalls fast jeder Arbeitsvertrag nach der genannten Vorschrift befristet werden könnte.

Einschlägig ist dieser Befristungsgrund insbesondere bei in den Medien tätigen programmgestaltenden Arbeitnehmern (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.04.1998, 5 AZR 342/97) sowie bei Bühnenkünstlern (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.07.2003, 7 AZR 612/02). Der Befristungsgrund ist in diesen Fällen gegeben, weil er insbesondere von der durch das Grundgesetz geschützten Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und künstlerischen Gestaltungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) gedeckt ist.

5. Erprobung des Arbeitnehmers

Auch die vom Arbeitgeber gewünschte Erprobung der Eignung eines Arbeitnehmers stellt gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG einen legitimen Befristungszweck dar. Dies gilt aber nur für den Abschluss des ersten Arbeitsverhältnisses. War der Arbeitnehmer also zuvor schon einmal bei demselben Arbeitgeber beschäftigt, scheidet daher eine erneute Befristung aus diesem Grund aus. Für welche Dauer das Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 1 S 2 Nr. 5 TzBfG befristet werden kann, ist dem Wortlaut der Vorschrift mangels einer Angabe nicht zu entnehmen. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht hierzu festgestellt, dass die vereinbarte Dauer des Arbeitsverhältnisses in einem angemessenen Verhältnis zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit stehen muss, weshalb in der Regel eine Befristungsdauer von sechs Monaten ausreichend sei (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil 02.06.2010, 7 AZR 85/09).

6. In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe

Auch in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe können gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Nach dieser Vorschrift kann eine Befristung zum Beispiel dann rechtswirksam sein, wenn das befristete Arbeitsverhältnis eine soziale Überbrückungsfunktion erfüllt. Voraussetzung hierfür ist, dass es ohne die in der Person des Arbeitnehmers liegenden besonderen Gründe überhaupt gar nicht zum Abschluss des Arbeitsverhältnisses gekommen wäre. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis nur eine Überbrückungsfunktion erfüllt, weil der Arbeitnehmer nach der Beendigung beispielsweise eine andere Beschäftigung oder ein Studium aufnimmt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.06.2005 – 1 Sa 1020/04).

Auch wenn für bestimmte Tätigkeiten eine besondere Erlaubnis benötigt wird, kann dies ausnahmsweise einen Befristungsgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG darstellen. So kann das Arbeitsverhältnis eines ausländischen Arbeitnehmers, dessen Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis befristet ist, nur dann wirksam befristet werden, wenn die Erlaubnis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht verlängert wird.

In der Praxis besonders häufig anzutreffen ist eine Befristungsabrede, die vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze endet. Eine Regelung, die darauf abzielt, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersrente endet, ist in der Regel von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG gedeckt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.06.2008, 7 AZR 116/07). Hingegen entschied der Europäische Gerichtshof, dass eine automatische Beendigung eines Arbeitsverhältnisses von Piloten mit Erreichen des 60. Lebensjahres nicht rechtwirksam sei (vgl. EuGH, Urteil vom 13.09.2011, C 447/09). Diese Befristung sei unwirksam, weil das Alter keine besondere berufliche Anforderung darstelle, und Piloten auch nach Vollendung des 60. Lebensjahres durchaus in der Lage seien, ihren Beruf weiter auszuüben.

7. Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln

Ausschließlich im öffentlichen Dienst eröffnet zudem § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis zu befristen. Voraussetzung für eine auf diesen Grund gestützte Befristung ist, dass der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und auch entsprechend beschäftigt wird. Diese Möglichkeit soll nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings dann nicht bestehen, wenn das den Haushaltsplan aufstellende Organ und der Arbeitgeber identisch sind. Ansonsten hätte es nämlich der Arbeitgeber selbst in der Hand, durch eine entsprechende Gestaltung des Haushalts die Voraussetzungen einer Befristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG zu bestimmen (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.03.2011, 7 AZR 728/09). Ausgerechnet die Agentur für Arbeit, welche ihren Haushalt selbst aufstellt, hat in der Vergangenheit zahlreiche Befristungen auf diesen Sachgrund gestützt, ohne die jeweiligen Befristungen auf diese Weise rechtswirksam rechtfertigen zu können. In dem konkreten Fall wurden mit der klagenden Arbeitnehmerin insgesamt 17 befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen, welche jeweils der Vertretung von in Elternzeit bzw. Sonderurlaub befindlichen Kollegen diente.

8. Gerichtlicher Vergleich

Sofern zwischen den Arbeitsvertragsparteien zum Zeitpunkt der Befristungsabrede ein offener Rechtsstreit über die Rechtslage bestanden hat, kann ein Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG auch auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs wirksam befristet werden (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.04.2006, 7 AZR 366/05). Denn bei der Mitwirkung eines Gerichts geht der Gesetzgeber davon aus, dass die beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien hinreichend gewahrt werden. Diese Argumentation hat zur Folge, dass eine wirksame Befristung nicht auch auf einem außergerichtlichen Vergleich beruhen kann.

II. Befristung ohne sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG

Unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ausnahmsweise auch dann möglich, wenn kein die Befristung rechtfertigender Grund vorliegt. Allerdings darf die zulässige Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren nicht überschritten werden, vgl. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG. Innerhalb dieser zwei Jahre ist die dreimalige Verlängerung der Befristung gem. § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG möglich. Denkbar ist daher, dass ein Arbeitsverhältnis insgesamt vier Mal zu je sechs Monaten befristet wird.

Jedoch ist die kalendermäßige Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds gem. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG dann unzulässig, wenn zuvor schon einmal mit demselben Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das vorherige Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet war.

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll diese Einschränkung jedoch dann nicht gelten, wenn die Zuvorbeschäftigung länger als drei Jahre zurückliegt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09). Denn das Verbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG diene insbesondere dem Zweck, Kettenbefristungen zu vermeiden. Die Gefahr einer Kettenbefristung könne aber dann nicht bestehen, wenn zwischen den Beschäftigungsverhältnissen mehr als drei Jahre liegen (vgl. hierzu kritisch Rechtsanwalt Jason Schomaker in AIB ?/2012).

Darüber hinaus ist eine Verlängerung der Befristung nur dann rechtswirksam, wenn sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart wird. Es darf ausschließlich die Veränderung der Vertragslaufzeit vereinbart werden. Denn § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG lässt lediglich eine „Verlängerung“ zu. Wird außer des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunkts noch zusätzlich etwas vereinbart, handelt es sich jedoch nicht mehr um eine bloße Verlängerung. Dann verstößt die weitere Befristung gegen das Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Hierzu entschied das Bundesarbeitsgericht in einem konkreten Fall, dass neben der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht gleichzeitig die Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart werden darf (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.01.2008, 7 AZR 603/06). In einem weiteren Fall entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine Verlängerung nicht vorliegt, wenn die Parteien in einem Folgevertrag von der Vereinbarung eines im Ausgangsvertrag enthaltenen Kündigungsrechts nach § 15 Abs. 3 TzBfG absehen (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.02.2008, 7 AZR 786/06).

Zu beachten ist außerdem, dass sowohl die Anzahl der Verlängerungen als auch die Höchstbefristungsdauer gem. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG durch einen Tarifvertrag abweichend geregelt werden kann.

III. Schriftform

Die Befristung des Arbeitsverhältnisses bedarf gem. § 14 Abs. 4 TzBfG der Schriftform. Eine mündliche Befristungsabrede ist daher unwirksam. Für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist zwingend erforderlich, dass der Arbeitsvertrag vor der Arbeitsaufnahme unterzeichnet wurde (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.06.2007, 7 AZR 700/06). Hat allerdings der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn ein von ihm unterzeichnetes Exemplar des Arbeitsvertrags übersendet, so ist das Schriftformerfordernis auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag erst nach Arbeitsaufnahme unterzeichnet (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2008, 7 AZR 1048/06).

IV. Rechtsfolge einer unwirksamen Befristung

Sofern die Befristung unwirksam ist, gilt das Arbeitsverhältnis gem. § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Damit diese Rechtsfolge eintritt, muss der Arbeitnehmer allerdings zwingend innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses die Unwirksamkeit der Befristung mittels einer Klage beim Arbeitsgericht feststellen lassen, vgl. § 17 TzBfG. Klagt der Arbeitnehmer nicht innerhalb dieser Frist, gilt die Befristung gem. § 17 KSchG i.V.m. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. In diesem Fall würde das Arbeitsverhältnis also mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit auch dann ablaufen, wenn die Befristung nicht von den gesetzlichen Vorschriften gedeckt ist.

V. Tätigkeitsfeld für den Betriebsrat

Der Betriebsrat sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinwirken, dass überwiegend auf unbestimmte Dauer angelegte Arbeitsverhältnisse abgeschlossen werden und die Anzahl der befristeten Arbeitsverhältnisse so gering wie möglich gehalten wird. Dies macht nicht nur aus Sicht der Belegschaft, sondern auch für den Arbeitgeber durchaus Sinn. Denn nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels befinden sich Arbeitgeber längst im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte. Sie zu halten, wird nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen gut sind, also u. a. Arbeitsplätze grds. unbefristet abgeschlossen werden.

Grundlage der Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats sind einschlägige Informationen. In Bezug auf befristete Arbeitsverhältnisse gibt es neben dem allgemeinen Informationsrecht nach § 80 Abs. 2 BetrVG noch die Sonderregelung des § 20 TzBfG. Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat über die Anzahl der befristet beschäftigten Arbeitnehmer und ihren Anteil an der Gesamtbelegschaft des Betriebs zu informieren.

Schließlich gilt es auch bei der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einstellungen Besonderes zu beachten. Denn der Betriebsrat kann gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 BetrVG seine Zustimmung zu einer unbefristeten Einstellung verweigern, wenn ein gleich geeigneter, befristet Beschäftigter nicht berücksichtigt wird. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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