Bei Kündigung Berücksichtigung der Rentennähe zulasten des Arbeitnehmers möglich

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 08.12.2022 (Aktenzeichen: 6 AZR 31/22) entschieden, dass bei Kündigungen neben dem nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu berücksichtigenden Lebensalter auch die Rentennähe des Arbeitnehmers berücksichtigt werden kann und damit ein Umdenken eingeleitet.

In dem konkreten Fall klagte eine 65-jährige Frau gegen zwei betriebsbedingte Kündigungen ihres insolventen Arbeitgebers. Die Kündigungen wurden damit begründet, dass die Klägerin in ihrer Vergleichsgruppe am wenigsten schutzwürdig sei, da sie als einzige die Möglichkeit habe, zeitnah im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine Altersrente für besonders langjährig Berufstätige gem. §§ 38, 236b SGV VI zu beziehen. 

Die Arbeitnehmerin erhob gegen die Kündigungen Kündigungsschutzklage. Das BAG befand anders als die beiden Vorinstanzen die zweite Kündigung für wirksam. 

Nach Ansicht des Gerichts sei das Auswahlkriterium Lebensalter ambivalent. Die soziale Schutzbedürftigkeit nehme wegen schlechterer Arbeitsmarktchancen mit steigendem Lebensalter zu. Sie sinke aber wieder, wenn Arbeitnehmer spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente verfügen könnten. 

Daher könne das Lebensalter auch zulasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, wenn dieser eine abschlagsfreie Rente oder die Regelaltersrente spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem in Aussicht genommenen Ende des Arbeitsverhältnisses beziehen könne. 

Das gelte auch, wenn der Arbeitnehmer bereits eine vorgezogene Rente wegen Alters abschlagsfrei beziehe. Eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen dürfe indes nicht berücksichtigt werden. Schließlich seien bei der sozialen Auswahl im Rahmen einer Kündigung gleichwohl auch immer andere Kriterien in die Abwägung miteinzubeziehen.


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