Beschlussfassungen im Umlaufverfahren in der COVID-19- Pandemie
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- Problem
Das Thema der Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist im Vereins- und Gesellschaftsrecht auf Grund der aktuellen COVID- 19- Pandemie aktueller denn je, aber kein neues Thema.
Nach § 32 II BGB kann die Gesamtheit aller Mitglieder anstelle der Mitgliederversammlung ( § 32 I BGB) handeln. Alle Mitglieder müssen in diesem Fall ihre Zustimmung zu einem Beschluss schriftlich erklären. Die Bestimmung atmet den Geist des 19. Jahrhunderts, wie das gesamte BGB-Vereinsrecht. Seit dem Inkrafttreten des BGB zum 1.1.1900 hat sich die Vereinslandschaft aber massiv verändert. Mehrspartenvereine – insbesondere im Sport -, mittelgroße und Großvereine ( über 2000 Mitglieder ) prägen das Bild der deutschen Vereinslandschaft. § 32 II BGB kam bis dato bei Abstimmungen in Vereinen selten zum Zuge, allenfalls bei Vereinsauflösungen kleinerer Vereine ( bis 150- 200 Mitglieder) in Zusammenhang mit einer vereinsrechtlichen Fusion.
Der Bundestag hat mit dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs-und Wohneigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19- Pandemie ( BGBl. 2020, Teil I, S. 570) und hier Art. 2 § 5 das Unmittelbarkeitserfordernis des § 32 I BGB ( „ Versammlung der Mitglieder“) für die Dauer der COVID- 19- Krise „ sachgerecht ausgehebelt “ und zusätzlich das „Gesamtheitsprinzip“ des § 32 II BGB „aufgeweicht“.
Das ist für die Zeit der COVID- 19- Pandemie vernünftig und sachgerecht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Vereinslebens.
Ob Art.2 § 5 des v.g. Gesetzes darüber hinaus auch für die Willensbildung im Geschäftsführungsorgan des Vereins – dem Vorstand – gilt, lässt sich dem Gesetz expressis verbis nicht entnehmen. Eine analoge Anwendung erscheint aber nicht ausgeschlossen.
Vor dem Hintergrund der v.g. – bis zum 31.12.2021 befristeten zulässigen Abweichungen von den Regelungen der §§ 32 I, 32 II BGB rückt generell das Thema der Beschlussfassung im Umlaufverfahren im Vereinsrecht erneut in den Fokus.
- Regelungen zum Umlaufverfahren im WEG , GmbHG, AktG
Neben der nicht mehr sachgerechten Regelung des § 32 II BGB kennen das WEG, das GmbHG und das AktG Bestimmungen über die Zulässigkeit des Umlaufverfahrens .
§ 23 III WEG bestimmt folgendes:
Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären.
Notwendig sind in der WEG – Praxis die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur
- schriftlichen Beschlussfassung und
- zum Beschlussantrag.
Die Unterschriften der Wohnungseigentümer können auf einem
„ Umlaufbeschlussbogen“ ( einem Zirkular), oder jeweils auf einem eigenem Beschlussblatt, das jedem Wohnungseigentümer form- und fristgerecht zugestellt wird, geleistet werden. Die Beschlusstextet werden in der Praxis entweder schriftlich, oder per e-mail oder Telefax den Wohnungseigentümern zugestellt. § 23 III WEG gilt aber nicht in den Fällen des § 43 WEG, in denen eine gerichtliche Zuständigkeit besteht.
§ 48 II GmbHG bestimmt folgendes:
Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären
Im GmbH- Recht ist das Umlaufverfahren gerade bei kleineren Gesellschaften ein probates und gängiges Mittel um zu schnellen Entscheidungen zu kommen.
§ 108 IV AktG bestimmt für die Beschlussfassung im Aufsichtsrat einer AG folgendes:
Schriftliche, fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sind vorbehaltlich einer näheren Regelung durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats nur zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht.
Erwähnung bedarf abschließend noch die Zulässigkeit des Umlaufverfahrens nach § 20 II der Geschäftsordnung der Bundesregierung in Angelegenheiten, in denen eine mündliche Beratung nicht erforderlich ist und ähnliche Regelungen im Kommunalrecht für die Beschlussfassung im Gemeindevorstand / Magistrat.
- Regelung des Umlaufverfahrens in der Vereinssatzung für die Willensbildung im Vorstand
Die Bestimmung des § 32 BGB ist nach § 40 BGB dispositives (= nachgiebiges) Recht.
Das bedeutet, dass die Mitgliederversammlung eines Vereins im Rahmen der Satzungsautonomie (Art. 9 GG) die Zulässigkeit eines Umlaufverfahrens bei Beschlussfassungen durch die Mitgliederversammlung und auch den Vorstand unter Beachtung der vereinsrechtlichen Bestimmungen des BGB bestimmen kann.
Eine Satzungsklausel zur Zulässigkeit einer Abstimmung im Umlaufverfahren könnte wie folgt formuliert werden:
§ …
Abstimmung im Umlaufverfahren (Ausnahmefall)
- Abstimmungen im Umlaufverfahren ( schriftliches Verfahren und elektronische Kommunikation ) sind zulässig in Fällen der Dringlichkeit, wenn eine Beratung und Abstimmung des Vorstandes im Rahmen des üblichen Beratungsganges und der üblichen Fristen nach dieser Satzung nicht möglich ist und in Fällen höherer Gewalt, insbesondere bei Pandemien mit Kontaktbeschränkungen.
- Für Abstimmungen im Umlaufverfahren sind den Mitgliedern des Vorstandes der Beschlussvorschlag mit Beschlusstenor und der Begründung des Beschlusses schriftlich, per E-mail oder mit Telefax von dem/der Vorsitzenden zuzustellen.
- Mitglieder des Vorstandes sind nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft. Sie sind verpflichtet, dies auf dem Abstimmungsblatt zu vermerken.
- Bei Abstimmungen im Umlaufverfahren setzt der/die Vorsitzende eine angemessene Frist von drei Tagen ,innerhalb der die Abstimmung erfolgen muss. Verspätet oder gar nicht bei dem/der Vorsitzenden eingehende Abstimmungsblätter sind ungültig. Sie gelten, wie Stimmenthaltungen, als nicht abgegebene Stimmen.
- Alternativ kann der /die Vorsitzende eine Abstimmung im Umlaufverfahren herbeiführen mittels einer Telefonkonferenz oder einer Videoversammlung.
- Im Umlaufverfahren mittels Telefonkonferenz oder Videoversammlung wird das jeweils nur für die aktuelle Versammlung gültige Zugangswort mit einer gesonderten E-mail unmittelbar vor der Versammlung, maximal 3 Stunden davor, bekannt gegeben. Ausreichend ist dabei die ordnungsgemäße Absendung der Email an die letzte dem Vorstand bekannt gegeben Email-Adresse des jeweiligen Mitglieds. Mitglieder, die über keine E-mail-Adresse verfügen, erhalten das Zugangswort per Post an die letzte dem Vorstand bekannt gegebene Adresse. Ausreichend ist die ordnungsgemäße Absendung des Briefes zwei Tage vor der Telefonkonferenz oder Videoversammlung. Sämtliche Mitglieder des Vorstandes sind verpflichtet, ihre Legitimationsdaten und das Zugangswort keinem Dritten zugänglich zu machen und unter strengem Verschluss zu halten. Während der Telefonkonferenz oder Videoversammlung sichern die Vorstandsmitglieder die Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes durch eine geeignete Abschirmung von unberechtigten Personen, insbesondere Hausstandsangehörigen.
- Im Umlaufverfahren herbeigeführte Abstimmungen werden in einem Gesamtergebnis mit Darstellung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Mitglieder dokumentiert und den Mitgliedern des Vorstandes in einem Protokoll mitgeteilt. Der /die Vorsitzende oder sein Stellvertreter vollziehen den Beschluss und berichten dem Vorstand.
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Kommen Sie gesund durch die Corona- Krise!
Ihr
Malte Jörg Uffeln
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