Betriebliche Übung und deren Beseitigung

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In der betrieblichen Praxis entwickeln sich oft Gewohnheiten und Gebräuche, die den Arbeitgeber dazu veranlassen, entweder bestimmte Leistungen an die Arbeitnehmer zu erbringen, beispielsweise Weihnachtsgeld, oder sein Weisungsrecht in bestimmter Weise auszuüben, z.B. private Internetnutzung zuzulassen. Sind diese Vorgänge gleichförmig bzw. wiederholen sie sich, können sie zu einer betrieblichen Übung führen, die rechtliche Bindung begründet und damit rechtsverbindlich wird.

Die betriebliche Übung kommt dadurch zustande, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf ein bestimmtes Moment ein gleichförmiges Verhalten praktiziert, welches von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird. Es besteht also kein Anspruch auf eine betriebliche Übung, sondern ein Anspruch aus einer betrieblichen Übung.

Gegenstand betrieblicher Übung sind beispielsweise Gratifikationsregelungen, vergünstigte Energielieferungen, Verrechnung von Überstundenvergütungen mit Provisionen, Erledigung der Arbeitsleistung innerhalb oder außerhalb des Dienstgebäudes oder auch unbezahlter Arbeitsausfall am Geburtstag ab 12.00 Uhr.

Eine betriebliche Übung entsteht dann, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt. Wann ein Anspruch aus betrieblicher Übung folgt, lässt sich allerdings nicht verallgemeinernd beschreiben sondern nur im Einzelfall beurteilen. Lediglich für Sonderzuwendungen, beispielsweise Weihnachtsgeld, besteht der Grundsatz, dass ein individualrechtlicher Anspruch erworben wird, wenn die Leistungen in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltlos gewährt wurden. Genauso verhält es sich bei einer betrieblichen Handhabung, beispielsweise dem Dulden privaten Telefonierens und privater Internetnutzung. Wenn allerdings der Arbeitgeber von der Praxis keine Kenntnis hat, entsteht natürlich kein Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Praxis aus einer betrieblichen Übung heraus.

Es „schenkt” ein Arbeitgeber je einen halben Arbeitstag am Heiligabend und an Silvester. Wenn beide Tage sowieso in einen genehmigten Urlaub fallen oder aber auf einen arbeitsfreien Samstag oder Sonntag, kann der Arbeitnehmer hieraus nicht herleiten, er erhielte diese Tage zusätzlich entlohnt.

Eine betriebliche Übung entsteht nicht, wenn der Arbeitgeber die Leistung unter ausdrücklichem Vorbehalt erbringt bzw. die Handhabung einer bestimmten betrieblichen Vorgehensweise unter Vorbehalt duldet.

Bei der Frage der Beseitigung einer betrieblichen Übung ist zwischen der Beendigung der betrieblichen Handhabung und den zwischenzeitlich erworbenen Ansprüchen der Arbeitnehmer zu unterscheiden. Die betriebliche Übung kann beseitigt werden durch einen einseitigen in Erscheinung tretenden Entschluss des Arbeitgebers. Hierbei muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmern erklären, dass er zukünftig nicht mehr bereit ist, die bisherige Handhabung fortzusetzen. Sind allerdings die durch eine Betriebsübung begründeten Ansprüche bereits Vertragsinhalt geworden, so können sie nur mit den Mitteln des Vertragsrechts geändert oder beseitigt werden. Das heißt, der Arbeitgeber muss einen Änderungsvertrag herbeiführen oder eine Änderungskündigung aussprechen.

Die betriebliche Übung kann außerdem beseitigt werden durch eine ablösende oder gegenläufige Betriebsübung.


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