Betriebsrat und Zeiterfassung- Neue Möglichkeiten für Betriebsräte ?

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Bisher galt, dass der Betriebsrat bei der Einführung von elektronischer Zeiterfassung kein Initiativrecht hat. Er kann den Arbeitgeber also nicht "zwingen", über die Einführung eines solchen Systems zu verhandeln. Das hatte das Bundesarbeitsgericht im Jahre 1989 einmal entschieden (1 ABR 97/88). Bereits damals war diese Entscheidung nicht ohne Kritik geblieben. 

Jetzt hat das LAG Hamm sich dieser alten Rechtsprechung entgegengestellt. In einer Entscheidung vom 27.07.2021 (7 TaBV 79/20) kommt das LAG vielmehr zu dem Schluss, dass der Betriebsrat hier sehr wohl ein Initiativrecht hat. Der Betriebsrat kann also von sich aus auf den Arbeitgeber zugehen und von diesem Verlangen, mit ihm über die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung zu verhandeln. Und damit kann der Betriebsrat diese Einführung auch mittels einer Einigungsstelle durchsetzen. 

Die Entscheidung des LAG ist konsequent, denn sie orientiert sich eins zu eins an dem Wortlaut der Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Das BAG hatte noch argumentiert, bei dieser Vorschrift handele es sich nur um ein Abwehrrecht des Betriebsrates. Die Entscheidung stammt aber noch aus dem Jahr 1989, als "technische Einrichtungen" manch Bundesrichtern vielleicht noch als Teufelswerk galten. Insbesondere vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsprechung (EuGH C 55/18) zur Notwendigkeit der Zeiterfassung kann es aber durchaus im Interesse des Betriebsrates liegen, hier selbst aktiv zu werden.

Da diese Entscheidung des LAG von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abweicht, hat das LAG die sog. Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Sache liegt jetzt beim BAG zum Aktenzeichen 1 ABR 22/21 zur Entscheidung. Warten wir einmal ab, ob auch das BAG in der "neuen Zeit" angekommen ist.


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