Betriebsratswahlen 2022 – Darauf müssen Sie als Arbeitgeber achten (Teil 3)

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In diesem dritten Teil der Artikelserie wird das Wahlverfahren näher beleuchtet. Sie werden lernen, welche Fristen, Verfahrensschritte und Formvorschriften bei der Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl zwingend zu beachten sind. Der Artikel berücksichtigt dabei auch die Änderungen der Rechtslage durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz.

Welche Verfahrensschritte existieren bei einer Betriebsratswahl?

Eine Betriebsratswahl lässt sich in 10 wesentliche Verfahrensschritte gliedern:

1. Bestellung des Wahlvorstandes (Details dazu finden Sie in Teil 1 der Artikelserie)

2. Der Wahlvorstand muss die Größe des Betriebsrats berechnen

3. Berechnung der Betriebsratssitze für das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist

4. Erlass des Wahlausschreibens (Details dazu werden in Teil 4 der Artikelserie erläutert)

5. Aufstellung und Aktualisierung der Wählerliste durch den Wahlvorstand

6. Einreichung von Wahlvorschlägen durch wahlberechtigte Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften

7. Durchführung der Wahl im normalen oder im vereinfachten Wahlverfahren

8. Öffentliche Auszählung der Stimmen

9. Mögliche Korrektur des Wahlergebnisses, um eine ausreichende Anzahl an Sitzen mit Vertretern des Minderheitengeschlechts zu besetzen

10. Feststellung und Bekanntgabe des Wahlergebnisses

Was ist bei der Berechnung der Größe des Betriebsrats zu beachten?

Die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder hängt gemäß
 § 9 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) davon ab, wie viele (wahlberechtigte) Arbeitnehmer in einem Betrieb in der Regel beschäftigt werden. Je mehr Arbeitnehmer ein Betrieb beschäftigt, desto mehr Sitze muss der Betriebsrat umfassen. § 9 BetrVG stellt dabei auf die Anzahl der in der Regel Beschäftigten ab. Es kommt demnach auf die Anzahl der Arbeitnehmer an, die im Normalfall im Betrieb beschäftigt sind. Ob auch Aushilfskräfte und Leiharbeiter zu den in der Regel Beschäftigten zählen, hängt davon ab, wie lange sie im Jahresverlauf für den Betrieb tätig sind. Aushilfskräfte werden dann miteinberechnet, wenn sie regelmäßig mehr als sechs Monate im Betrieb tätig sind und auch in Zukunft von einer Beschäftigung auszugehen ist. Leiharbeiter werden berücksichtigt, wenn sie auf einem Dauerarbeitsplatz eingesetzt werden.

Welche Besonderheiten muss der Wahlvorstand bei der Berechnung der Betriebsratssitze für das Minderheitengeschlecht beachten?

§ 15 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) fordert, dass das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem Verhältnis in der gesamten Belegschaft auch im Betriebsrat vertreten sein muss. Eine bestimmte Anzahl der zu besetzenden Sitze im Betriebsrat muss daher zwingend an das Minderheitengeschlecht vergeben werden. Bei der Berechnung der Sitze müssen alle Beschäftigten des Betriebs berücksichtigt werden und nicht nur wahlberechtigte Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen. Der relevante Zeitpunkt für die Berechnung ist die Ausschreibung der Wahl. Für die genaue Berechnung der Sitzverteilung im Betriebsrat wird das sogenannte d´Hondtsche Höchstzahlensystem eingesetzt. Um dieses System zu illustrieren, habe ich Ihnen ein leicht verständliches Beispiel gebildet.

Der Betrieb besteht am Tag der Ausschreibung der Wahl aus 90 in der Regel Beschäftigten. Gemäß § 9 BetrVG beträgt die Zahl der Betriebsratsmitglieder somit 5. Im Betrieb gehören 20 Frauen zu den in der Regel Beschäftigten.

Männer                                  Frauen                                  

70:1 = 70                               20:1 = 20

70:2 = 35                               20:2 = 10

70:3 = 23,33                         20:3 = 6,66

70:4 = 17,5                           20:4 = 5

Von den höchsten fünf Zahlen entfällt eine auf die Gruppe des Minderheitengeschlechts. Um die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 BetrVG zu erfüllen, muss somit im Beispielbetrieb einer der fünf Betriebsratssitze mit einer Frau besetzt werden.

Bei Betrieben, in denen der Betriebsrat gemäß § 9 BetrVG lediglich aus einer Person besteht, muss das Minderheitengeschlecht nicht mit einem Sitz bedacht werden.

Wie läuft das normale Wahlverfahren ab?

Das normale Wahlverfahren findet in größeren Betrieben zwingend Anwendung. Beschäftigte, die für den Betriebsrat kandidieren möchten, schließen sich zu Listen zusammen. Anschließend erfolgt eine Wahl zwischen den verschiedenen Listen. Je mehr Stimmen eine Liste erhält, desto mehr Betriebsratssitze werden mit Kandidaten dieser Liste besetzt. Auch hier findet wieder das d´Hondtsche Höchstzahlensystem Anwendung, um die exakte Sitzverteilung zu berechnen. Wenn beim Wahlergebnis das Minderheitengeschlecht nicht genug Sitze erhalten hat, muss das Wahlergebnis vom Wahlvorstand zwingend korrigiert werden, um die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 BetrVG zu erfüllen.

Welche Erleichterungen gibt es für Kleinbetriebe?

Das komplexe Wahlverfahren bei Betriebsratswahlen würde insbesondere Kleinbetriebe schwer belasten. Deswegen hat der Gesetzgeber mit § 14a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) das vereinfachte Wahlverfahren geschaffen. Für Kleinbetriebe mit bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern gilt gemäß § 14a Abs. 1 BetrVG, dass der Betriebsrat in einem zweistufigen Verfahren gewählt wird. Zunächst wird ein Wahlvorstand gewählt. Eine Woche später erfolgt in einer zweiten Wahlversammlung die eigentliche Betriebsratswahl. Kleinbetriebe mit bis zu 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind zur Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens verpflichtet.

Im Gegensatz dazu ist die Nutzung des vereinfachten Wahlverfahrens bei Betrieben mit in der Regel zwischen 101 und 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern nicht zwingend vorgeschrieben. Der Wahlvorstand und der Arbeitgeber können jedoch gemäß § 14a Abs. 5 BetrVG die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren.

In Betrieben mit mehr als 200 in der Regel Beschäftigten ist eine Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens ausgeschlossen, es muss zwingend das normale Wahlverfahren angewendet werden.

Welche Fristen sind bei einer Betriebsratswahl zwingend zu beachten?

Auf die Fristen für die Bestellung des Wahlvorstands – für Kleinbetriebe gelten kürzere Fristen - wurde bereits in Teil 1 der Artikelserie eingegangen. Die eigentliche Wahl hat der Wahlvorstand gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Unverzüglich ist ein Rechtsbegriff, der in § 121 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert wird. Eine exakte Zeitspanne lässt sich hier nicht bestimmen und ist stark von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 BetrVG muss auch die Feststellung des Wahlergebnisses unverzüglich erfolgen.

Gibt es zu beachtende Formvorschriften?

Gemäß § 18 Abs. 3 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Wahlvorstand die Auszählung der Stimmen öffentlich vorzunehmen. Zudem muss er das Ergebnis in einer Niederschrift festhalten und es den Arbeitnehmern des Betriebs bekanntmachen. Aus § 18 Abs. 3 S. 2 BetrVG folgt, dass der Wahlvorstand dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften eine Abschrift der Wahlniederschrift übersenden muss.

Im vierten und letzten Teil der Artikelserie wird der Themenkomplex Wahlnichtigkeit bzw. Wahlanfechtung näher erläutert werden.  

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.


Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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