Betriebsschließungsversicherungen in der Corona-Krise: Erste Gerichte bestätigen Versicherungsschutz

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Betriebsschließungsversicherungen werden von gewerblich tätigen Versicherungsnehmern abgeschlossen, insbesondere von Betrieben, die mit der Lebensmittelherstellung oder-verarbeitung zu tun haben, wie beispielsweise in der Gastronomie. Bei solchen Betrieben besteht die Gefahr, dass eine Behörde aufgrund von Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes den Betrieb schließt. Gleiches gilt beispielsweise für Beherbergungsbetriebe und Fitnessstudios.

Ende März 2020 ordneten die einzelnen Landesregierungen, teilweise verlängert bis Mitte Mai 2020, die Schließung zahlreicher Betriebe an. Viele Betriebsinhaber verließen sich auf ihre Betriebsschließungsversicherung und mussten feststellen, dass diese mit unterschiedlichen Argumenten eine Eintrittspflicht ablehnen.

Mit zwei Urteilen vom 01.10.2020 (Az. 12 O 5895/20) und vom 22.10.2020 (Az. 12 O 5868/20) hat die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben und vor dem Hintergrund der Corona-Krise zwei Versicherungsgesellschaften zu Gunsten der klagenden versicherten Gastronomiebetriebe auf Zahlung von 1,01 Mio. EUR bzw. auf 427 TEUR aus einer Betriebsschließungsversicherung verurteilt.

Die beklagten Versicherungen hatten argumentiert, dass die Verordnung, nach dem der Gastronomie jede Art des Betriebs, mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen, untersagt wurde, nichtig sei, da es sich um keine wirksame Rechtsverordnung handle. Im Übrigen wäre das Coronavirus nicht Gegenstand des Versicherungsumfangs, da es in der in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Liste der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger nicht enthalten sei. Außerdem handle es sich bei den Betrieben um Verlustbetriebe, deren Tagesumsatz weit unter der vereinbarten Tagesentschädigung liege. Schließlich hätten die klagenden Gastronomiebetriebe nicht vollständig geschlossen werden müssen. Ein Außerhausverkauf sei weiter möglich gewesen.

Das Landgericht erteilte in den vorgenannten Urteilen den Argumenten der Versicherer eine deutliche Abfuhr.

Zunächst spielt die Frage der Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnung für den Versicherungsschutz keine Rolle. Der Versicherungsnehmer muss sich grundsätzlich an Gesetze und Verordnungen halten. Ihm ist insbesondere nicht zuzumuten, sich im Rahmen einer Schadensminderungsobliegenheit gegen die Schließung anordnende Verfügungen auf dem Verwaltungsrechtsweg zur Wehr zu setzen.  

Weiter erachtet das Landgericht Klauseln in den Versicherungsbedingungen für intransparent und somit unwirksam, die sich zum einen auf das Infektionsschutzgesetz und die dort aufgelisteten Infektionskrankheiten beim Menschen beziehen, aber anderseits Versicherungsschutz für nur in den Versicherungsbedingungen selbst aufgelisteten Krankheiten gewähren.

Entgegen der Ansicht der Versicherungen kommt es auch nicht darauf an, welche Tagesumsätze die Betriebe in der Zeit vor der angeordneten Schließung aufwiesen. Denn der Schaden soll durch einen pauschalisierten Betrag abgesichert werden, um Streit über die Höhe der Versicherungssumme zu vermeiden. Etwas anderes gilt nur, wenn durch die Zahlung der vereinbarten Tagespauschale, beispielsweise durch gleichzeitig gewährte staatliche Unterstützungszahlungen, eine erhebliche Bereicherung des Versicherungsnehmers eintreten würde.     

Im Übrigen gilt, dass ein rein auf die Bewirtung von Gästen vor Ort ausgelegter Gastronomiebetrieb, für den der Außerhausverkauf lediglich ein untergeordnetes Mitnahmegeschäft darstellt, sich nicht auf den per se unrentablen Außerhausverkauf verweisen lassen muss.

Die Nieding+Barth Rechtsanwaltsaktiengesellschaft vertritt Versicherungsnehmer gegen Betriebsschließungsversicherer. Inhaber geschädigter Betriebe können sich bei uns kostenfrei registrieren, um weitere Informationen zu erhalten.


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