bewusste unternehmerische Entscheidung kann zu Haftungsausschluss der beratenden Bank führen

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Am heutigen Tage möchte ich erneut über einen Fall aus meiner Praxis als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht berichten.

Vorwurf der nicht  anleger- und anlagegerechte Beratung  gegenüber der Bank

Eine Mandantschaft, ein Unternehmen, begab sich zu mir und klagte, die Hausbank, die ihr Wertpapiere empfohlen habe, habe „Mist“ gebaut in Form einer Fehlberatung, weshalb die Mandantschaft nun auf einer Kapitalanlage mit schwacher Performance sitze. Der Vorwurf lautet auf nicht anleger- und anlagegerechte Beratung seitens der Bank.

 Es wurde der Mandantschaft gegenüber seitens der Bank suggeriert, mit einem defensiven „Best-of-Two-Prinzip“ des aktiven Fondsmanagements (für die defensive Ausrichtung), könnten Risiken minimiert werden und stets die richtige Assetklasse (Aktien oder Renten) flexibel zur Maximierung der Performance und zugleich der Sicherheit ausgewählt werden.

 Die Mandantschaft äußerte im Beratungsgespräch mit der Bank, dass diese maximal eine Risikoklasse 2- Anlage verantworten könne. Dennoch haben die Bankmitarbeiter ein Produkt aus der Risikoklasse 3 empfohlen. 

 hohe Kosten des empfohlenen Anlagemodells & kein Hinweis hierauf

Die enorme Underperformance verwunderte mich jedoch nicht, wenn man sich einmal die Kosten des von der Bank empfohlenen Produkts allein für einen einjährigen Berichtszeitraum von mehr als 6.000 € anschaute (dies vor allem in Anbetracht von – heutzutage - sehr kostengünstigen Alternativanlagen). Auf dieses aus den hohen Kosten resultierende Underperformancerisiko hat die Bank die Mandantschaft nie hingewiesen. Wäre die Mandantschaft darüber aufgeklärt worden, hätte Sie dieses von der Bank empfohlene Produkt nicht gezeichnet, teilte mir die Mandantschaft mit.

 ausgewählte Angriffspunkte für ein Beratungsverschulden

Ein Beratungsverschulden kommt hier in Betracht u.a. auf Grund der oben ausgeführten Risikoklassenproblematik sowie auf Grund der zwingenden Underperformance-Problematik wegen der veralteten (hohen) Kostenstruktur.

 Erfolgsaussichten sehr gering

Dennoch kam ich zu dem Resultat, dass die Erfolgsaussichten im fiktiven Klagefalle sehr gering sind.

Mandantschaft hat satzungswidrig in höhere Risikoklasse investiert

Die Risikoklassenproblematik und auch die hohe-Kosten-Problematik wurde nämlich geheilt durch den Beschluss, den die Mandantschaft vor der Investition intern gefällt hat, nämlich das in das/die empfohlene(n) Produkt(e) investiert werden soll im Wissen um die nicht passende Risikoklasse und im Wissenkönnen hinsichtlich der hohen Kosten.

Die Gegenseite hielt vor Zeichnung eine Präsentation und die Mandantschaft wusste, dass zumindest hinsichtlich eines der empfohlene(n) Produkt(e), in welche investiert werden soll, eine Risikoklasse 3-Klassifizierung vorliegt und dass eigentlich nach der internen Satzung nur maximal in die Risikoklasse 2 investiert werden durfte .Dennoch hat man sich auf Seiten der Mandantschaft dazu entschlossen, entsprechend in die höhere Risikoklasse (und gerade nicht z.B. mündelsicher) zu investieren.

Zudem gab es schon 2010 sehr kostengünstige Alternativprodukte (passive Fonds ohne aktives Management) und es kann erwartet werden, dass von der Mandantschaft in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin dies als bekannt vorausgesetzt werden muss.

Zudem würde vor Gericht wahrscheinlich zu Lasten der Mandantschaft thematisiert werden, dass Letztere zuvor ausschließlich in mündelsichere Festgelder investiert hat. Die bewusste Änderung dieser Anlagestrategie zur einer partiellen Risiko-Klasse-3-Strategie muss schließlich Gründe gehabt haben, die die Mandantschaft letztlich zu verantworten hat.

aktive Fonds weisen nicht per se eine schlechtere Performance auf 

 Es gibt zudem durchaus einige aktiv gemanagte Fonds (insbesodnere Themenfonds), bei denen langfristig ein aktives Fondsmanagement bereits den passiven „Markt“ (z.B. den Dax) mehrjährig geschlagen hat, so dass sich auch daraus nicht zwangsläufig ergibt, dass eine Empfehlung pro kostengünstige passive Produkte automatisch zu einer besseren Performance geführt hätte.

Ansprüche teilweise verjährt 

Zudem musste davon ausgegangen werden, dass die Gegenseite erfolgreich für sämtliche vor einem bestimmten Zeitraum eingetretenen Schäden die Einrede der Verjährung erheben könnte, stellte ich fest.

 Schadenshöhe nicht unproblematisch zu bestimmen 

Ferner ist hier auch zu berücksichtigen, dass es hier nicht nur sehr schwierig ist, einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach sondern auch der Höhe nach „gerichtsfest“ zu bestimmen. Da das Best-of-2 Prinzip angewendet werden sollte, müsste man 2 Vergleichsparameter (Benchmarks) in der richtigen „Proportion anlegen“ (1x für Aktien, 1x für Renten) und schwierig ist es auch zu bestimmen, ob wirklich die Kostenstruktur eines passiven Investments als Vergleichsmaßstab genommen werden kann und welche Benchmark überhaupt der passende Vergleichsparameter ist.

 Fraglich ist hier zudem, ob nur die Minderperformance der Schaden wäre oder auch der entgangene Gewinn, wenn in eine bessere Anlage investiert worden wäre nach (positiv) anleger – und anlagegerechter Beratung.   

 Empfehlung nicht zu klagen

Letztlich haben sich mehrere mündige Vertreter der Mandantschaft (welche mit ausreichender Vorlaufzeit der Beratschlagung dazu entschlossen, in ein teures, (anders als vorher) nicht mündelsicheres Anlageprodukt zu investieren, das in eine höhere Risikogruppe eingruppiert ist und diese Rechnung ist nicht „aufgegangen“. Insofern hat sich für die Unternehmensmandantin auch eine Art von unternehmerisches Risiko realisiert.

 Unter diesen Umständen konnte ich nicht seriöser Weise empfehlen, den Klageweg einzuschlagen. Die Mandantschaft hörte auf meinen Rat und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass dieser Rat der Richtige war.  

 

 

 

 

 

 



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