BGH nährt Hoffnung für viele Manager von Unternehmen in der Krise

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BGH: D&O Versicherung deckt auch Ansprüche wegen Zahlungen nach Insolvenzreife 

Hoffnung für viele Manager: gerät ein Unternehmen in die Krise, geschieht es recht häufig, dass die zuständigen Unternehmensleiter nicht sofort Insolvenzantrag stellen, sondern erst selbst die Sanierung versuchen. Sind die Versuche erfolglos, so prüft der Insolvenzverwalter in der Rückschau, wann seiner Ansicht nach ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens hätte gestellt werden müssen. Die nach diesem Zeitpunkt liegenden Zahlungen fordert er dann regelmäßig von den Verantwortlichen zurück, um die Masse für die Gläubiger zu erhöhen. Bislang war fraglich, ob ein solches Zahlungsverlangen einen Leistungsanspruch in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Manager (D&O) auslöst.

Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 20.7.2018, Az. 4 U 93/16, VersR 2018, 1314) war für viele schon geklärt, dass Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen die ehemaligen Vorstände und Geschäftsführer einer Gesellschaft wegen Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife nicht vom Versicherungsschutz der D&O-Versicherung gedeckt sind, da es sich dabei nicht um Schadenersatzansprüche, sondern um insolvenzrechtliche Ansprüche eigener Art handelt. Dies hat bedeutet, dass die verantwortlichen Manager für die Zahlungen allein verantwortlich blieben.

Auch das OLG Frankfurt hatte sich in der Entscheidung, die vor dem BGH angegriffen wurde, auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf berufen und Deckungsschutz abgelehnt. Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und zur weiteren Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Der BGH hat ausgeführt, dass bei Auslegung der Definition des Versicherungsfalls zu berücksichtigen sei, dass zwar die Adressaten der Versicherungsbedingungen geschäftserfahren seien, dass sie jedoch den feinen juristischen Unterschied zwischen Schadenersatzansprüche im eigentlichen Sinne und den vom BGH als Ansprüche eigener Art eingeordneten Ansprüche nach § 64 GmbHG nicht machen würden. Bei der Auslegung seien vielmehr auch die eigenen Interessen der versicherten Personen mit zu berücksichtigen. Im Rahmen dieser Auslegung gelangte der BGH somit zu dem Ergebnis, dass der Versicherungsvertrag in der bisherigen Definition des Versicherungsfalls auch derartige Ansprüche mit abdeckt.

Das Verfahren wurde jedoch zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht noch nicht über die von dem Versicherer erklärte Anfechtung und den Einwand der wissentlichen Pflichtverletzung entschieden hatte.

Die Entscheidung bringt Klarheit für die grundsätzliche Frage, ob Versicherungsschutz bestehen könnte. In der Praxis stellen sich jedoch häufig auch noch weitere Fragen, auf die sich die Versicherer jetzt wahrscheinlich zur Abwehr der Ansprüche konzentrieren dürften und die eine sorgsame Prozesführung notwendig machen.

Im vorliegenden Fall hat der Versicherer den Vertragsschluss angefochten, weil ihm bei Vertragsschluss arglistig falsche Angaben gemacht worden seien. Möglich ist dies, weil viele D&O-Versicherer ihre Verträge nur für ein Jahr abschließen und diesen Vertrag im weiteren nicht verlängern, sondern formal einen neuen Vertrag schließen. Bei diesem „neuen“ Vertragsschluss greifen dann wieder die im Versicherungsrecht geregelten vorvertraglichen Anzeigepflichten ein. Gelangt ein Unternehmen in die Krise, so ist meist fraglich, ob die wirtschaftliche Situation bei der letzten „Verlängerung“ ordnungsgemäß dargestellt wurde. Hier werden sich häufig Ansatzpunkte für den Versicherer finden.

Ein zweites Problem aus Sicht der versicherten Manager ist, dass der Versicherungsvertrag in der Regel wissentliches oder vorsätzliches Verhalten vom Deckungsschutz ausschließt. Diese subjektiven Komponenten sind zwar keine Voraussetzung für die Ansprüche aus § 64 GmbHG, häufig wird jedoch naheliegen, dass der Geschäftsführer Zahlungen vorgenommen hat, obwohl er Kenntnis über die Überschuldung oder objektiv vorliegende Zahlungsunfähigkeit hatte. Insofern wird sich häufig die Frage stellen, ob er sich glaubwürdig auf den Ausnahmetatbestand des § 64 S. 2 GmbHG – die Zahlung entsprach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns - berufen kann.

Alles in allem ist jedoch festzuhalten, dass sich durch die Entscheidung die Chancen für versicherte Personen auf Leistungen der Versicherung deutlich erhöht haben.

Sollten Sie Fragen hierzu haben, stehe ich Ihnen natürlich zur Verfügung.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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