BGH: Schadensersatz bei fehlerhafter Aufklärung über Fremdwährungsdarlehen

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Eine Bank muss bei Abschluss eines wechselkursbasierten Darlehens auf die spezifischen Nachteile und Risiken im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht eingehen.

Am 19. Dezember 2017 entschied der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über den Umfang der Aufklärungspflichten einer Bank bei Vermittlung eines strukturierten, also in Hinblick auf die Zinsen wechselkursbasierten, Darlehensvertrags (Az.: XI ZR 152/17). Eine Bank müsse insbesondere ausdrücklich auf das Risiko einer fehlenden Zinsobergrenze hinweisen.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Zur Ablösung eines noch laufenden Darlehens schlossen die Klägerin, eine Gemeinde, und die beklagte Bank im Juni 2007 einen Darlehensvertrag über 3 Mio. Euro und einer Laufzeit von 38 Jahren ab. In den ersten 20 Jahren sollte der Zinssatz 3,99 % p. a. betragen, sofern der Wechselkurs des Euros zum Schweizer Franken (CHF) größer oder zumindest gleich 1,43 war. Bei Kursrutsch des Euros unter die angegebene Grenze, sollte der Zinssatz 3,99 % p. a. zuzüglich der Hälfte der Wechselkursänderung zu 1,43 betragen.

Dem Vertragsschluss lagen mehrere Beratungsgespräche zwischen den Parteien zugrunde, in denen die Beklagte der Klägerin statt einer Umschuldung die Fortführung des bestehenden Darlehens zu aktuellen Konditionen und einer Finanzierung in CHF zu etwas höheren, festen Zinsen empfohlen hat. In der Folgezeit wertete der CHF so stark auf, dass die zu zahlenden Zinsen der Klägerin vom Berufungsgericht zuletzt mit 18,99 Prozent p. a. beziffert wurden.

Nach Auffassung der Klägerin war der Darlehensvertrag sittenwidrig und somit nichtig. Des Weiteren sei sie von der Beklagten nicht umfassend über das Wechselkursrisiko aufgeklärt worden. Die Klägerin begehrte die Rückzahlung der an die Beklagte geleisteten Zinsen. Die Beklagte begehrte wiederrum im Wege der Widerklage die Zahlung rückständiger Zinsen. 

Der Bundesgerichtshof stellte wie auch das Berufungsgericht fest, dass der Darlehensvertrag gemäß § 138 BGB nicht sittenwidrig war. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen bejahte der Bundesgerichtshof aber eine zum Schadensersatz verpflichtende Aufklärungspflichtverletzung. Bei einem Finanzierungsberatungsvertrag muss, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, die Bank gegenüber dem Darlehensnehmer ihrer Pflicht einer umfangreichen Aufklärung über die spezifischen Nachteile und Risiken, sowie die vertragsspezifischen Besonderheiten einer Finanzierungsform nachkommen. 

Die Bank habe diese Pflicht verletzt. Zwar sei die Abhängigkeit von Wechselkurs und Zinshöhe aus dem Vertrag erkennbar, die Beklagte habe jedoch in den Präsentationsunterlagen die Risiken der von der Klägerin übernommenen wechselkursbasierten Zinszahlungsverpflichtung nicht hinreichend verdeutlicht. Die Bank sei weder auf das Fehlen einer Zinsobergrenze noch auf die zinsrelevanten Folgen der Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro eingegangen. Stattdessen habe sie dem Bundesgerichtshof zufolge das Wechselkursrisiko durch Hinweise auf die Politik der Schweizerischen Nationalbank und das Wechselkursniveau der vergangenen Jahre angesichts der langen Darlehenslaufzeit sogar verharmlost.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 

Europäischer Gerichtshof zu Wechselkursrisiken bei Fremdwährungsdarlehen

Am 20. September 2017 entschied bereits der Europäische Gerichtshof über den Umfang der Aufklärungspflichten von Kreditinstituten bei Wechselkursrisiken von Fremdwährungsdarlehen (Az.: C-186/16). Die Risiken schwerer Wechselkursschwankungen haben Kreditinstitute bei mangelnder Aufklärung vor Gewährung des Fremdwährungsdarlehens selbst zu tragen und nicht die Verbraucher.

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass das Kreditinstitut den Kreditnehmer ausdrücklich auf mögliche Änderungen des Wechselkurses und die daraus resultierenden Risiken bei einem Fremdwährungskredit aufklären muss, wenn der Kreditnehmer die Raten in einer anderen Währung tilgt, als er sein Einkommen hält. Bei Missachtung einer umfassenden Aufklärung hat die Bank gegenüber dem Kreditnehmer das Wechselkursrisiko des Darlehens zu tragen.

Rechtliche Einschätzung

Eine Verpflichtung zur Rückabwicklung bei mangelnder Aufklärung im Rahmen des Finanzierungsberatungsvertrags bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht.

Dennoch sollten betroffene Darlehensnehmer anwaltlichen Rat einholen und prüfen lassen, ob die Bank bei Missachtung der Beratungspflichten gegebenenfalls für entstandene Schäden haftet. Zudem könnten bei unzureichender Aufklärung über das Währungsrisiko auch vertragliche Klauseln unwirksam sein, wie der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 20. September 2017 festgestellt hat (Az.: C-186/16). Je nach Einzelfall und nach dem Inhalt der verwendeten Klausel könnte sich das Risiko auf die Bank übertragen.

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