Brandschäden im Dezember

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Der Versicherungsfall in der Feuerversicherung ist - im Vergleich zu anderen Versicherungsverträgen -  relativ einfach zu bestimmen: ein versicherter Gegenstand muss durch Feuer beschädigt oder zerstört worden sein. In der Regulierung problematisch wird es jedoch, wenn beim Schadeneintritt das Verhalten des Versicherungsnehmers oder einer versicherten Person mitgewirkt hat. Dann stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Verursachung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig war. Ersteres lässt den Versicherungsanspruch entfallen, das letztere führt immerhin zu einer Kürzung des Versicherungsanspruchs „entsprechend der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers", § 81 Abs. 2 VVG. Dabei kann je nach Art des Verschuldens der Leistungsanspruch auch auf Null reduziert werden.

Besonders streitanfällig sind dabei Brandschäden, die im Zusammenhang mit Adventsbeleuchtung, insbesondere Kerzen, und Feuerwerk entstehen. Infolgedessen ist der Dezember Hochsaison für derartige Brandschäden. Dies zeigen beispielhaft zwei jetzt veröffentlichte Urteile:

In der Entscheidung des OLG Naumburg vom 28.03.2011, 4 W 12/11, hatte der Versicherungsnehmer Feuerwerkskörper in einen Kellerraum geworfen, in dem Holzmöbel und Kleidungsstücke gelagert wurden, um zwei darin befindliche Katzen zu vertreiben, und hat sich erst 5 bis 10 Minuten später versichert, dass kein Feuer entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch schon die ersten Brandherde entstanden. Das OLG sah allein in dem Verwenden der Feuerwerkskörper im Haus ein schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, dass allein als grob fahrlässig einzustufen war. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Kläger auch bewusst war, dass leicht entzündliche Gegenstände im Keller gelagert wurden und er zielgerichtet die Feuerwerkskörper herbeigelegt hat, um sie im Haus zu verwenden, sah das Gericht eine Kürzung der Ansprüche auf Null als gerechtfertigt an. Im Ergebnis begegnet dies keinen Bedenken. Nachdem bei Einführung des neuen VVG zum 01.01.2008 umstritten war, ob überhaupt eine Reduzierung auf Null zulässig ist, geht die jetzt herrschende Meinung davon aus, dass der Versicherungsnehmer auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung seinen Versicherungsanspruch vollständig verlieren kann. Dies soll aber der absolute Ausnahmefall sein. Dass ein solcher Ausnahmefall hier gegeben war, ist nach den Schilderungen nachvollziehbar, letztendlich aber rein in die Bewertung durch das Gericht gestellt.

In der Entscheidung des LG Oldenburg vom 08.07.2011, 13 O 3296/10, ging es um einen Brandschaden, der durch Kerzen am Weihnachtsbaum verursacht wurde. Der klagende Versicherungsnehmer hatte in seinem Wohnzimmer eine Nordmanntanne aufgestellt und mit neuen Wachskerzen bestückt. Als die Kerzen angezündet worden waren, befand sich nachweisbar immer eine erwachsene Person im Raum. Aus streitiger Ursache fasste die Tanne Feuer. Der Versicherungsnehmer versuchte daraufhin, den brennenden Baum durch die Terrassentür ins Freie zu ziehen. Dies misslang wegen der Hitzeauswirkungen. Durch die Sauerstoffzufuhr wurde das Feuer angefacht und das Einfamilienhaus brannte vollständig aus. Löschmittel waren nicht am Baum. Der beklagte Versicherer hatte eine Kürzung des Leistungsanspruchs iHv 40% vorgenommen und sich dabei auf grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls berufen. Das Gericht sah in dem Fall jedoch keine grobe Fahrlässigkeit als gegeben an. Zwar sei mit dem Anzünden von Wachskerzen an einem trockenen Nadelbaum ein erhöhtes Brandrisiko verbunden, dass jedoch im hiesigen Kulturkreis üblich sei. Daraus folge nur die Pflicht zu einer erhöhten Aufmerksamkeit, weshalb die Kerzen am Baum durchgehend zu beaufsichtigen sind. Dies war jedoch unstreitig erfolgt. Die fehlenden Löschmittel am Baum sah das Gericht nicht als grob fahrlässig an. Ebenso verneinte es die grobe Fahrlässigkeit durch öffnen der Terrassentür. Zwar sei bei einem Brand in geschlossenen Räumen eine Frischluftzufuhr unbedingt zu vermeiden, da es sich bei dem Brand für den Versicherungsnehmer aber um eine Ausnahmesituation gehandelt habe, handelte es sich um eine zwar falsche doch reflexhafte Schutzmaßnahme, die nicht schlechterdings unentschuldbar ist. Mangels grober Fahrlässigkeit war eine Kürzung somit unzulässig.

Die beiden Entscheidungen zeigen die Bandbreite der gerichtlichen Möglichkeiten, da es bei der Frage, ob überhaupt eine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, und ob diese zu der konkreten Kürzung berechtigt, rein auf die Wertung des entscheidenden Gerichts ankommt. Nicht überraschen dürfte dabei allerdings, dass die Versicherer - zulässigerweise - versuchen, die Kürzungsquote möglichst hoch zu bemessen. Da es noch keine gefestigte Rechtsprechung zu den Kürzungsquoten gibt - das Institut wurde erst zum 01.01.2008 eingeführt - ist die Höhe der Quote jedenfalls zurzeit praktisch nicht sicher zu bestimmen.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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