Chefarzt bei OP im Urlaub: 20.000 Euro

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Mit Urteil vom 26.04.2018 hat das Landgericht Dortmund ein Krankenhaus verurteilt, an meine Mandantin 20.000 Euro zu zahlen.

Der 1947 geborenen Rentnerin musste wegen eines Abszesses die rechte Niere entfernt werden. Vor der Operation unterschrieb sie eine Wahlleistungs-Vereinbarung, wonach sie der Chefarzt der Urologischen Klinik persönlich operieren sollte. Dieser befand sich allerdings am OP-Tag geplant für 10 Tage im Urlaub. Bei der Entfernung der Niere durch seinen Vertreter kam es zum Einreißen der Leber und des Dickdarmes. 

Die Risse an der Leber mussten übernäht werden, der beschädige Teil des Darmes wurde entfernt. Nach der Operation kam es zu Wundheilungsstörungen, die zahlreiche Nachoperationen erforderlich machten.

Der urologische Sachverständige hatte bestätigt: Die Verletzung von Leber und Darm sei eine schicksalshafte Komplikation wegen der bestehenden schwersten entzündlichen Verwachsungen an der rechten Niere.

Das Gericht ist allerdings meiner Auffassung gefolgt, dass die OP rechtswidrig war, weil die Klägerin nur in einen Eingriff durch den Chefarzt eingewilligt habe. Operiert worden sei sie jedoch von zwei anderen Ärzten. Die Klägerin habe eine Wahlleistungs-Vereinbarung unterschrieben, wonach sie vom Chefarzt operiert werden sollte.

Ein Patient schließe eine solche Vereinbarung im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die besondere Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes. Dieser Arzt müsse deshalb selbst operieren (BGH, Urteil vom 20.12.2007, AZ: III ZR 144/07, juris, Rdn. 7).

Zwar darf ein Chefarzt bei seiner Verhinderung die OP auf einen Stellvertreter übertragen. Voraussetzung ist jedoch, dass er vorher eine entsprechende Vereinbarung mit dem Patienten darüber getroffen hat. Das ergab sich allerdings nicht aus der Wahlleistungsvereinbarung. 

Eine derartige Vertreterregelung in einer Wahlleistungsvereinbarung wäre ohnehin nur wirksam, wenn sie sich auf die Fälle unvorhergesehener Verhinderung beschränkt.

Dieser Fall lag aber nicht vor: Unstreitig hatte sich der Chefarzt bereits bei Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung im Urlaub befunden. Das war eine vorhersehbare Verhinderung. Den Urlaub des Arztes habe man der Patientin aber nicht mitgeteilt. Damit war klar, dass die Operation während seines Urlaubs stattfinden würde. 

Auf die Frage der hypothetischen Einwilligung der Mandantin kam es nicht an, da der Einwand vom Krankenhaus nicht erhoben wurde. Unabhängig davon ist dieser Einwand bei einer Wahlleistungsvereinbarung nicht zuzulassen (BGH, Urteil vom 19.07.2016, AZ: VI ZR 75/15 = VersR 2016, 1191).

Obwohl die Operation deshalb nach dem Facharztstandard durchgeführt wurde, war sie rechtswidrig. Die Operateure und das Krankenhaus hafteten für sämtliche Folgen dieser Operation. Zu entschädigen waren die Verletzung von Leber und Darm sowie insgesamt fünf Folgeoperationen. 

Die Kammer hat ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro für angemessen und ausreichend gehalten.

(Landgericht Dortmund, Urteil vom 26.04.2018, AZ: 4 O 239/14)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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