Corona: Schadensersatz bei Betriebsschließungen / Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG)

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Corona (SARS-CoV-2): Schadensersatz bei Betriebsschließungen und anderen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) / Staatshaftung

1. Problemstellung

Im Rahmen der Bekämpfung der sog. „Corona-Pandemie“ haben die deutschen Behörden eine ganze Reihe von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ergriffen. Hierzu gehören insbesondere auch allgemeine Betriebsschließungen und weitere Einschränkungen für Unternehmen (vgl. z.B. §§ 6 ff. der Cornaschutzverordnung NRW). Viele Unternehmen haben hierdurch erhebliche Umsatzeinbußen erlitten. Ganze Branchen (insbesondere die Hotellerie und Gastronomie) sind von einer Pleitewelle bedroht.

2. Rechtslage

Für die betroffenen Unternehmen sieht das IfSG einen eigenen, verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch vor. In § 65 des IfSG heißt es hierzu (auszugsweise):

§ 65 Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen

(1) Soweit auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 […] ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird, ist eine Entschädigung in Geld zu leisten […]. 

(2) […] Die Entschädigung für andere nicht nur unwesentliche Vermögensnachteile darf den Betroffenen nicht besserstellen, als er ohne die Maßnahme gestellt sein würde. Auf Grund der Maßnahme notwendige Aufwendungen sind zu erstatten.

Voraussetzung für einen solchen Entschädigungsanspruch sind Beeinträchtigungen des Unternehmens aufgrund von Maßnahmen der Behörden nach den §§ 16 und 17 IfSG (sog. „Infektionsprophylaxe“, also Maßnahmen, zur Verhütung übertragbarer Krankheiten). Diese Voraussetzung dürfte bei den Betriebsschließungen und den weiteren „Coronoaschutzmaßnahmen“ regelmäßig erfüllt sein. So gelangte z.B. Verwaltungsgericht Köln in seinem Beschluss vom 20.03.2020 (7 L 510/20) zu dem Ergebnis, dass die Betriebsschließungen von Spielhallen Maßnahmen der Infektionsprophylaxe gemäß § 16 I IfSG darstellten.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Maßnahme gegen einen sog. „Nichtstörer“ angeordnet wurde. Auch diese Voraussetzung dürfte bei einer allgemeinen Anordnung, sämtliche Betriebe einer bestimmten Branche einzuschränken oder ganz zu schließen, erfüllt sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Maßnahme aufgrund eines konkreten Erkrankungsfalls innerhalb eines Betriebs erfolgt ist.

3. Rechtsfolge

Dem betroffenen Unternehmen steht ein Schadensersatzanspruch gegen das Bundesland zu, welches durch die Maßnahme den Schaden verursacht hat (§ 66 I IfSG, „das Land, in dem der Schaden verursacht worden ist“). Zuständig für eine Entschädigungsklage nach § 65 IfSG sind die ordentlichen Gerichte, § 68 I IfSG.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahme an sich rechtmäßig war. Der Entschädigungsanspruch gemäß § 65 IfSG besteht grundsätzlich auch dann, wenn die jeweilige behördliche Maßnahme rechtmäßig erfolgt ist. Sollte sich zusätzlich herausstellen, dass eine behördliche Maßnahme nach dem IfSG rechtswidrig war (z.B. unverhältnismäßig), stehen dem betroffenen Unternehmen zusätzlich Staatshaftungsansprüche zu.

Ersetzt wird das sog. „negative Interesse“, d.h., das betroffene Unternehmen wird so gestellt, wie es stünde, wenn die einschränkte Maßnahme nach dem IfSG nicht erfolgt wäre. Ferner besteht eine Pflicht, den Schaden so niedrig wie möglich zu halten. Zusätzlich dürfte regelmäßig ein sog. „entgangener Gewinn“ erstattungsfähig sein.

Diese Darstellung zeigt, dass ein großer Teil der durch Corona geschädigten Unternehmen einen Anspruch auf Schadensersatz haben. Dieser Anspruch besteht nach § 65 I IfSG auch dann, wenn die jeweilige Maßnahme sich als rechtmäßig herausstellen sollte. Betroffene Unternehmen sollten daher anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.



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