Coronavirus – Wer muss kurzarbeiten, wer nicht? Darf der Chef frei wählen?

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Die Anordnung von Kurzarbeit darf nicht willkürlich geschehen, sondern unterliegt gewissen rechtlichen Voraussetzungen. Erst wenn diese vorliegen – also der Arbeitgeber sämtliche Unterlagen und Anforderungen erfüllt – bewillt die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld. Grundsätzlich darf die Bewilligung nur aufgrund einer besonderen rechtlichen Grundlage erfolgen. Dabei überprüft die Agentur für Arbeit den Antrag jedoch nicht bis ins kleinste Detail, ob alle Voraussetzungen vorliegen, insbesondere ob der Arbeitgeber die Kurzarbeit gegenüber seinen Mitarbeitern „gerecht“ verteilt hat. Was passiert also, wenn der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld unwirksam beantragt hat oder trotz der beantragten Kurzarbeit weiterhin voll arbeiten lässt oder die Kurzarbeit willkürlich verteilt hat. Hat der Arbeitnehmer sodann einen Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber? 

1. Rechtliche Voraussetzungen 

Für die Anordnung von Kurzarbeit müssen gewisse rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. 

Zum einen muss ein erheblicher Arbeitsausfall mangels Auftragslage etc. vorliegen, dieser Arbeitsausfall muss nur vorrübergehend sein und in dem betroffenen Betrieb müssen mindestens mehr als zehn Prozent von der Belegschaft betroffen sein. 

Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, muss der der Arbeitnehmer sodann der Kurzarbeit schriftlich zustimmen, sofern kein Betriebsrat dieser Maßnahme zustimmt oder vertraglich bereits im Vorfeld eine Vereinbarung hierzu getroffen wurde.

Erst wenn alle diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld bewilligen. Das entsprechende Kurzarbeitergeld wird an den Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet pünktlich wie bisher den entsprechenden Betrag unmittelbar an den Arbeitnehmer zu zahlen. Notfalls muss der Arbeitgeber finanziell in Vorleistung gegenüber dem Arbeitnehmer treten. Der Arbeitnehmer erhält grundsätzlich bei einer Kurzarbeit von 100 %, also einer Reduzierung der Arbeit auf Null, einen Betrag in Höhe von 60 % bzw. 67 % (sofern der Arbeitnehmer Kinder hat) des Nettoentgeltausfalles.

2. Gerechte Verteilung der Kurzarbeit? 

Auch im Hinblick auf die genaue Verteilung der Kurzarbeit unterliegt der Arbeitgeber grundsätzlich festen Regeln. Er darf also nicht willkürlich frei entscheiden, welchen seiner Beschäftigten bzw. Arbeitnehmern er in Kurzarbeit schicken darf und welche nicht. Denn der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten und zu berücksichtigen.

  • Gleichbehandlungsgrundsatz 

Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter alle gerecht behandeln muss und nicht willkürlich die Kurzarbeit bzgl. des Umfanges und der einzelnen Person anordnen kann, sondern im Vorfeld eine entsprechende sachliche Abwägung treffen muss.

Der Arbeitgeber kann daher z. B. nicht nur einen Teil einer Abteilung, die mit vergleichbaren Aufgaben betraut ist, in Kurzarbeit schicken und den anderen Teil weiter arbeiten lassen. Sofern die verbleibenden Mitarbeiter dieser Abteilung die gleiche Qualifikation vorweisen und Tätigkeiten ausüben, wie die Mitarbeiter die in „Kurzarbeit“ geschickt wurden, würde diese Verteilung der Kurzarbeit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Denn der Arbeitgeber darf grundsätzlich eine Abteilung, die die gleiche berufliche Qualifikation vorweist und der gleichen Tätigkeit nachgeht, nur gemeinsam und unter denselben Bedingungen in Kurzarbeit schicken und keine Auswahl nach Sympathie, Geschlecht oder religiösen Gründen treffen.

3. Rechtsfolge bei fehlerhafter Auswahl -Schadensersatz oder Entschädigung? 

Grundsätzlich bedeutet die Kurzarbeit für jeden Arbeitnehmer nicht nur weniger Arbeit sondern vor allem auch weniger Geld. Denn wie oben dargestellt wird der Lohn durch die Kurzarbeit entsprechend gekürzt.

Sofern der Arbeitgeber die Kurzarbeit aber unwirksam mit dem Arbeitnehmer vereinbart hat z. B. dieser der Kurzarbeit nicht zugestimmt hat oder willkürlich und ungerecht die Kurzarbeit unter den Arbeitnehmer verteilt hat, läuft der Arbeitgeber Gefahr, sich schadensersatzpflichtig gemacht zu haben.

Der Arbeitgeber wäre in diesem Falle grundsätzlich dem Arbeitnehmer gegenüber verpflichtet, den vollen vertraglichen Lohn, der vor der Kurzarbeit gezahlt worden ist, auch nachträglich noch an den Arbeitnehmer zu zahlen. Denn der Arbeitgeber würde bereits aus dem Gesichtspunkt des sogenannten Annahmeverzugslohnes verpflichtet sein, den vollen Lohn zu zahlen, obwohl der Arbeitnehmer in einem geringen Umfang während der „fehlerhaft erfolgten Kurzarbeit“ seine Arbeit geleistet hat.

Jedoch sollte der Arbeitnehmer bei entsprechenden Zweifeln nicht einfach abwarten und auf ein Einsehen seines Arbeitgebers warten. Entsprechend raten wir Mandanten dazu, den Arbeitgeber durch ein kurzes Schreiben aufzufordern, ihn wieder vollumfänglich zu beschäftigen und die Wirksamkeit der Kurzarbeit anzuzweifeln. 

Der Arbeitnehmer kann bei einer Ablehung durch den Arbeitgeber seine Ansprüche natürlich auch gerichtlich verfolgen und seinen Zahlungsanspruch auf rückständigen Lohn durch ein entsprechendes Klageverfahren geltend machen. 

Darüber hinaus besteht für den Arbeitgeber auch die Gefahr, dass dieser sich durchaus auch des Subventionsbetruges strafbar gemacht hat. Im Ergebnis sollte also gerade auf Arbeitgeberseite die Auswahl und Umsetzung von Kurzarbeit gewissenhaft und gesetzeskonform erfolgen.

Daher bietet die Maßnahme der „Kurzarbeit“ – bedingt durch die Coronapandemie – nicht nur ausschließlich Vorteile, sondern eventuell auch erhebliche Nachteile bei zu schneller und unseriöser Beantragung und Durchsetzung durch den Arbeitgeber.

Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei weiteren Fragen mit unseren Fachanwälten zur Verfügung, bitten jedoch aufgrund der Vielzahl von teilweise sehr komplexen Anfragen zu diesem Artikel, dass wir nicht alle kostenlos beantworten können. Selbstverständlich werden Sie aber vorab über eventuelle Gebühren informieren. 

Wir bitten hier um Verständnis. 

Ihre KGK Rechtsanwälte


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