Darf der Arbeitgeber die Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit kürzen

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Die Rechtmäßigkeit der Kürzung von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit

Die Kurzarbeit ist seit Beginn der Corona-Pandemie zu einem arbeitsrechtlichen Dauerbrenner geworden. Stand Oktober 2021 sind immer noch über 500.000 Beschäftigte in Deutschland in Kurzarbeit. Die praktische Relevanz dieses Themenkomplexes für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist demnach immer noch enorm.

Dieser Artikel soll Ihnen einen kompakten Überblick über die derzeitige Rechtslage zur Kürzung von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit bieten.

Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs bei „Kurzarbeit Null“

Die „Kurzarbeit Null“ stellt den Extremfall dar, da dabei die Arbeit für einen bestimmten Zeitraum vollständig eingestellt wird. Bis vor kurzem war es unter Arbeitsrechtlern umstritten, ob ein derartiger Arbeitsausfall den Arbeitgeber zur Kürzung von Urlaubsansprüchen seiner Beschäftigten berechtigt.

Vor einigen Tagen ist zu dieser Fragestellung jedoch eine höchstrichterliche Entscheidung ergangen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.11.2021 - 9 AZR 225/21). Das Bundesarbeitsgericht bejahte in dieser Entscheidung die Rechtmäßigkeit der Kürzung des Jahresurlaubs einer Verkäuferin durch ihren Arbeitgeber, da ausgefallene Arbeitstage weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen seien.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber tatsächlich den Jahresurlaub seiner Beschäftigten anteilig kürzen darf, wenn diese im relevanten Jahr phasenweise in „Kurzarbeit Null“ waren.

Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs bei der täglichen Zeitkürzung und der wöchentlichen Zeitkürzung

Die tägliche Zeitkürzung und die wöchentliche Zeitkürzung sind die weiteren möglichen Varianten der Anordnung von Kurzarbeit. Bei der täglichen Zeitkürzung wird die Verringerung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers dadurch erreicht, dass sein Arbeitstag um einige Stunden pro Tag reduziert wird. Bei der wöchentlichen Zeitkürzung wird die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers durch eine einzelvertragliche Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung für die Dauer der Kurzarbeit reduziert.

Zunächst ist zu beachten, dass ein Arbeitgeber Kurzarbeit auch sehr kurzfristig wieder beenden kann, z.B. wenn sich die Auftragslage bessert oder pandemiebedingte Einschränkungen gelockert werden. Des Weiteren ist ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit mitwirkungspflichtig gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Im Extremfall kann er sogar während des Bezugs von Kurzarbeitergeld vorübergehend in eine andere Arbeit vermittelt werden. In einer derartigen Situation wird dem Arbeitnehmer keine mit einem Urlaubstag vergleichbare Erholung ermöglicht. Auch ein Vergleich zur anerkannten Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs bei Teilzeitarbeitsverhältnissen scheidet demnach wohl aus.

Zudem befinden sich in einem Betrieb in der Regel nicht alle Beschäftigen in Kurzarbeit, sondern nur Beschäftigte der vom Arbeitsausfall betroffenen Abteilungen. Es wäre schwer vertretbar, wenn man den Beschäftigten, die in Kurzarbeit Einkommenseinbußen erleiden, nun auch noch ihren Jahresurlaubsanspruch anteilig kürzen würde. Damit wären sie gegenüber ihren Kollegen, die nicht in Kurzarbeit sind, doppelt benachteiligt.

Schließlich geht das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (z.B. Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 19.03.2019 - 9 AZR 406/17) davon aus, dass der Gesetzgeber § 3 Abs. 1 BUrlG (die gesetzliche Vorschrift, die die Höhe des jährlichen Mindesturlaubsanspruchs regelt) das sogenannte „Tagesprinzip“ zugrunde legen wollte. Nach dem „Tagesprinzip“ knüpft die Berechnung des Urlaubsanspruchs ausschließlich an die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage an und gerade nicht an die wöchentliche oder tägliche Arbeitszeit. Bei einer Reduzierung der wöchentlichen oder täglichen Arbeitszeit aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit kann somit der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers gar nicht berührt werden. Dies folgt auch bereits daraus, dass ein Arbeitnehmer während des Urlaubs für ganze Tage und nicht nur für einzelne Stunden von seiner geschuldeten Arbeitspflicht befreit wird.

Aus den erwähnten Gründen ist somit davon auszugehen, dass bei einer täglichen Zeitkürzung oder einer wöchentlichen Zeitkürzung, eine Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs des Beschäftigten durch den Arbeitgeber rechtswidrig wäre. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesen beiden Varianten der Kurzarbeit ist jedoch bis jetzt noch nicht ergangen.  

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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