Darf ein Gericht einer 8-Jährigen das Smartphone verbieten?

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Ein Amtsgericht hat einer Mutter aufgegeben, verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von TV, Computer, Spielkonsole, Tablet für ihr Kind zu finden. Darüber hinaus sollte dem Kind bis zum 12. Geburtstag kein eigenes und frei zugängliches Smartphone mehr zur Verfügung gestellt werden. Über die Frage, ob dies rechtens ist, hatte das Oberlandesgericht Frankfurt zu entscheiden.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Sie stritten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre neun Jahre alte Tochter. Im Rahmen der Kindesanhörung ergab sich, dass das damals 8-jährige Mädchen freien Zugang zum Internet über Geräte der Mutter hatte und über ein eigenes Smartphone verfügte.

Das Amtsgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen und ihr zugleich aufgegeben, „feste Regeln, insbesondere verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von im Haushalt verfügbaren Medien (insbesondere TV, Computer, Spielkonsole, Tablet) für das Kind zu finden“, umzusetzen und dem Gericht mitzuteilen. Darüber hinaus sollte dem Kind kein eigenes und frei zugängliches Smartphone mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Auflage wurde bis zum 12. Geburtstag des Kindes befristet.

Das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschluss vom 15.06.2018, Az. 2 UF 41/18) hat die erteilten Auflagen aufgehoben. Maßnahmen dürften nur getroffen werden, „wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird“. Es müsse positiv festgestellt werden, „dass bei weiterer Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadensnachteiles des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist, die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts rechtfertigt eine eingreifende Maßnahme nicht“. Es sei nicht Aufgabe des Staates, „die im Interesse des Kindeswohls objektiv beste Art der Sorgerechtsausübung – soweit eine solche überhaupt festgestellt werden kann – sicherzustellen“.

Die Anordnungen zur Mediennutzung und der Nutzung eines Smartphones griffen hier unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der Kindesmutter ein. Eine konkrete Gefährdung des Kindes durch die Mediennutzung sei nicht festgestellt worden. „Allgemeine Risiken der Nutzung smarter Technologien und Medien durch Minderjährige begründeten nicht per se eine hinreichend konkrete Kindeswohlgefährdung.“ 

Medien- und Internetkonsum durch Kinder und Jugendliche berge zwar Gefahren, denen Eltern geeignet begegnen müssten. Dies betreffe „sowohl die zeitliche Begrenzung... als auch die inhaltliche Kontrolle“. Der Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten über YouTube könne schädliche Wirkungen haben, gleiches gelte hinsichtlich für die aktuelle Altersgruppe nicht freigegebener Spiele mit „verstörenden, schädigenden Inhalten“ oder die Verwendung von WhatsApp, bei denen die Kinder oder Jugendlichen als Sender und Empfänger „gewünschter oder unerwünschter Nachrichten betroffen sein“ könnten.

Äußerst fraglich sei jedoch, ob generell eine Schädlichkeit angenommen werden könne, wenn Kindern die Möglichkeit eröffnet werde, Medien in dieser Weise zu nutzen. Die Nutzung digitaler Medien müsse zum Schutz von Minderjährigen gegebenenfalls pädagogisch begleitet werden. Hierbei ergäben sich jedoch individuelle Spielräume.

Sebastian Lohse

Rechtsanwalt und Mediator

Fachanwalt für Familienrecht

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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