Das unauffindbare Testament

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Es kommt nicht selten vor, dass nach dem Tod des Erblassers dessen Testament nicht auffindbar ist. Der Erbe oder die Erben wissen aber, dass der Erblasser ein Testament erstellt hatte.

Für das Verschwinden des Testamentes gibt es zahlreiche Gründe:

Der Erblasser kann das Testament doch noch vor seinem Tod vernichtet haben, er kann es an einem unbekannten Ort versteckt haben, das Testament ist bei der Entrümpelung der Wohnung des Erblassers versehentlich entsorgt worden oder ein nichtbedachter Erbe hat es vernichtet.

Aber auch wenn ein Testament nicht auffindbar ist, kann unter bestimmten Umständen ein Erbschein für den Erben erteilt werden. Hierfür gelten allerdings strenge Anforderungen an den Nachweis.

Diese Anforderungen sah das Amtsgericht Essen-Steele in einem Beschluss vom 27.06.2013 zum Az 7 VI 195/13 als nicht gegeben an.

Die Lebensgefährtin des Erblassers hatte im Erbscheinverfahren behauptet, der Erblasser habe sie als Alleinerbin in einem handschriftlichen Testament bedacht. Sie habe das Testament gesehen. Der Erblasser habe es in einem Schrank aufbewahrt. Auch mehrere Zeugen könnten bestätigen, dass der Erblasser gesagt habe, dass seine Lebensgefährtin nach seinem Tod alles erben solle. Der Erblasser hatte auch für die Lebensgefährtin eine umfassende Bankvollmacht über den Tod hinaus erteilt.

Neben der Erblasserin gab es keine weiteren Abkömmlinge, so dass das Erbrecht nicht im Streit stand.

Nach Auffassung des Gerichtes konnte das Vorhandensein eines die Antragstellerin begünstigenden formgültig errichteten Testamentes nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Zwar könne ausnahmsweise nach § 2356 Abs. 1 Satz 2 BGB der Beweis auch durch Angabe anderer Beweismittel geführt werden, etwa durch Zeugen die die Errichtung des Testamentes bestätigen können.

Allerdings seien bei einer unauffindbaren Verfügung von Todes wegen strenge Anforderungen an den Nachweis zu stellen. Dabei treffe die Feststellungslast denjenigen, der sich auf das Testament beruft.

Die insoweit durchgeführte Anhörung der Lebensgefährtin habe nicht ausgereicht, um diesen hohen Anforderungen zu genügen. Auch eine Anhörung der Zeuginnen sei nicht notwendig gewesen, da sie selbst zu der formgültigen Errichtung des Testamentes keine Angaben hätten machen können.

Aus dem Beschluss folgt, dass zumindest ein Zeuge die Errichtung des Testamentes gesehen haben muss. Daraus lässt sich ferner ableiten, dass bei einem unauffindbaren Testament grundsätzlich der Strengbeweis gilt. Zumindest ein Zeuge muss die Testamtensurkunde selbst gesehen und deren Inhalt wahrgenommen haben (Bayrisches Oberstes Landgericht FamRZ 2003, 1786; OLG München ZErb 2010, 179-181).

Rechtsanwalt Hans-Joachim Boers, Huyssenallee 66-68, 45128 Essen

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