Datenschutz schützt vor Kündigung

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Wird ein Stellenbewerber in einem Einstellungsvordruck aufgefordert Auskunft über Vorstrafen zu geben und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen ist, rechtfertigt eine wahrheitswidrige Angabe des Stellenbewerbers, keine Kündigung des Arbeitgebers.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2012 - Az: 6 AZR 339/11 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm vom 10.03.2011 - Az.: 11 Sa 2266/10 -

Ausgangslage

Im Sommer 2009 bewarb sich der Kläger als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Er galt als so genannter Seiteneinsteiger und wurde zum 15.09.2009 eingestellt. Vor der Einstellung wurde der Kläger aufgefordert in einem Vordruck-Formular zu erklären, ob er vorbestraft sei. Darüber hinaus hatte er zu versichern, dass gegen ihn weder ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist noch innerhalb der letzten drei Jahren anhängig gewesen sei. Der Kläger machte keine Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren und unterzeichnete den Vordruck.

Als die Bezirksregierung im Oktober 2009 einen anonymen Hinweis über den Kläger erhielt, kontaktierte diese die Staatsanwaltschaft und bat um Mitteilung, ob und inwieweit strafrechtsrelevante Vorfälle über den Klägers bekannt seien. Ihr wurde die Vorgangsliste übermittelt, die mehrere eingestellte Ermittlungsverfahren nach §§ 153 ff. Strafprozessordnung (StPO) aufwies. Das beklagte Land NRW kündigte dem Kläger daraufhin außerordentlich, hilfsweise ordentlich das bestehende Arbeitsverhältnis. Sie begründete die Kündigungen damit, dass der Kläger die Frage nach dem Ermittlungsverfahren falsch beantwortet habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage und macht geltend, dass er nicht verpflichtet sei, dem beklagten Land bereits eigestellte Ermittlungsverfahren anzugeben. Er ist der Auffassung, die Kündigungen sind unwirksam.

Entscheidungsgründe

Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht gaben ihm Recht und befanden die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Das Landesarbeitsgericht Hamm spricht sich darüber hinaus gegen die ordentliche Kündigung aus. Die vom beklagten Land hiergegen eingelegte Revision beim BAG hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitgeber den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten Ermittlungsverfahren fragen darf. Eine derartige unspezifische Frage, so das BAG, verstößt gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidung des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Wird ein Stellenbewerber dennoch gefragt, ob gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig seien oder gewesen sind und beantwortet er diese Frage wahrheitswidrig, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht wegen der unrichtigen Auskunft wirksam kündigen.

Das BAG begründet die Entscheidung damit, dass eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifische Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in NRW nur dann zulässig ist, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht nach § 29 Datenschutzgesetz (DSG NRW) gestattet. Aus diesem Grund verstößt die Kündigung, die auf die wahrheitswidrig beantwortete Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren gerichtet ist, gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Kündigung ist damit gemäß § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam.

Kommentar

Das BAG macht durch diese Entscheidung deutlich, so Rechtsanwältin Monika Korb bei KBM Legal in Köln und Düsseldorf im Bereich Arbeitsrecht, dass dem Arbeitgeber kein umfassendes Fragerecht gegenüber Stellenbewerbern zusteht, sondern dieser sich an die datenschutzrechtlichen Vorschriften halten muss, will er wirksam kündigen.

http://www.kbm-legal.com/rechtsberatung/arbeitsrecht.html


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