Der Ablauf eines Bußgeldverfahrens – Teil I

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Bußgeldverfahren beginnen in der Regel bei der Verwaltungsbehörde, die dann umgangssprachlich Bußgeldstelle genannt wird. Oft steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, wem die Tat vorzuwerfen ist, beispielsweise bei Parkverstößen, Blitzerfotos nach Geschwindigkeitsüberschreitungen, wegen zu geringen Abstandes auf der Autobahn oder Überfahrens einer roten Ampel.

Deshalb beginnt das Verfahren meist mit einer Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt, um den Halter eines bestimmten Fahrzeuges, von dem nur Typ und Kennzeichen bekannt sind, zu ermitteln. Blitzerfotos sind dann allerdings schon teilweise ausgewertet worden. Gewöhnlich ist das Geschlecht des Fahrers bereits in der Bußgeldsoftware hinterlegt, mitunter sein geschätztes Alter. Deshalb fallen auch plumpe Ablenkungsversuche des später angehörten „Betroffenen" (so heißt der „Angeklagte" im Bußgeldverfahren) auf. Die Freundin oder den Großvater als Fahrer zu benennen, macht keinen Sinn und erhöht die Gefahr, sich einem Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung auszusetzen. Nach meiner Erfahrung hilft auch die Nennung eines ausländischen Fahrers eher nicht, weil zumindest in diesen Fällen ein Vergleich des Fahrerfotos mit einem von der Meldebehörde beschafften Passbild des Angehörten vorgenommen wird. Zuzugeben ist aber wohl, dass derjenige, der betrügen will und die genannten offensichtlichen Tricksereien vermeidet, häufig das Ziel erreicht und der Bußgeldbescheid nicht dem wirklichen Fahrer zugestellt wird.

Solange eine natürliche Person als Fahrer nicht ermittelt ist, können Halter oder Dritte als Zeugen befragt werden. In diesem Stadium greift noch keine Rechtsschutzversicherung, weil dort der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist. Das ist erst der Fall, wenn einer versicherten Person die Tat vorgeworfen und sie angehört wird.

Wer sich verteidigen will, sollte tunlichst eigene Aktivitäten vermeiden und spätestens jetzt einen Anwalt mit der Akteneinsicht beauftragen. Ohne Rechtsschutzversicherung kann das aber ein teures Vergnügen werden. Auch im Bußgeldverfahren können hohe Gerichts- und Verfahrenskosten entstehen - bis hin zu mehreren Tausend Euro. Man sollte Bagatellverfahren vermeiden und Parkverstöße, die ohnehin keine Eintragung in Flensburg nach sich ziehen, besser bezahlen, auch wenn sie unberechtigt erscheinen. Man vermeidet dann auch die Gefahr einer Kündigung durch die eigene Rechtsschutzversicherung, die ansonsten in diesen Fällen not amused sein wird.

Wenn nach der Abfrage beim Kraftfahrtbundesamt der Halter auch der Fahrer sein könnte, bekommt dieser einen Anhörungsbogen zugeschickt. Damit entscheidet sich die Bußgeldstelle, dieser Person die Tat vorzuwerfen. Gleichzeitig gibt sie dem mutmaßlichen Täter Gelegenheit zur Stellungnahme. Das soll aber nicht der Beginn einer umfangreichen Korrespondenz werden. Erfolgt eine Äußerung und wird sie in der Behörde für unbeachtlich gehalten, folgt meist ohne weiteren Hinweis der Bußgeldbescheid. Mit der Anhörung wird auch die Verjährung gegen den Angehörten unterbrochen, nicht aber gegen weitere Personen, die eventuell auch als Fahrer in Betracht kommen.

Hinweis:

Verjährungsfragen im Bußgeldverfahren können vielschichtig sein. Wichtig hier: Nicht der Zugang der Anhörung unterbricht die Verjährung sondern bereits ihre Anordnung in der Bußgeldstelle. Ohne Akteneinsicht ist dies nicht zu prüfen. Wer drei Monate und einen Tag nach der Tat noch keine Anhörung bekommen hat, sollte noch nicht frohlocken. Das Eintreffen einige Tage später kann noch rechtzeitig sein.

Eine schriftliche Anhörung ist nicht immer Voraussetzung für den Erlass des Bußgeldbescheides. Wer vor Ort von der Polizei angehört wird (bspw. nach einem Unfall oder einer Lasermessung), muss nicht noch einmal Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung erhalten. Eine solche zusätzliche Anhörung kann zwar erfolgen; sie unterbricht aber dann nicht noch einmal die Verjährung. Diese Wirkung ist schon durch die Anhörung vor Ort verbraucht.

Der Bußgeldbescheid wird förmlich zugestellt. Der Zusteller stellt hierüber eine Urkunde aus, die an den Absender zurückgeschickt wird und dort in die Akte kommt. Darin ist der Tag der Zustellung vermerkt, der den Fristbeginn für die Möglichkeit zum Einspruch markiert. Binnen 14 Tagen kann Einspruch eingelegt werden. Eine Begründung ist nicht notwendig. Auch ohne Begründung muss die Bußgeldstelle noch einmal alle Voraussetzungen prüfen. Wenn sie an ihrer Auffassung festhält, gibt sie das Verfahren an die örtliche Staatsanwaltschaft ab. Dort bekommt die Akte ein neues Aktenzeichen. Mit einer Formularverfügung, auf der der zuständige Staatsanwalt ankreuzt, wie mit dem Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft umgegangen werden soll, wird die Akte anschließend an das für den Tatort zuständige Amtsgericht geschickt.

Zweimal tritt bei diesem Ablauf erneut Verjährungsunterbrechung ein. Der Erlass des Bußgeldbescheides (auch hier wieder nicht seine Zustellung) und der Eingang der Akte beim Amtsgericht unterbrechen die Verjährung. Der Bußgeldbescheid sorgt zudem dafür, dass ab dann die Frist nicht mehr drei Monate beträgt sondern nun sechs Monate.

In Teil II folgen Ausführungen zum gerichtlichen Verfahren, der ersten Instanz und zum Rechtsmittel gegen belastende Entscheidungen.


RA Klaus Kucklick

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Tel. (0351) 80 71 8-70, kucklick@dresdner-fachanwaelte.de

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