Der EuGH hat es bestätigt: es gibt ihn doch noch, den Widerrufsjoker!

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Der EuGH hat mit einem Paukenschlag in seinem Urteil v. 26.03.2020 (C-66/19) die Rechtsauffassung der Verbraucherschützer zur Unzulässigkeit der sogenannten Kaskadenverweise in Widerrufsbelehrungen bei Kredit- und Darlehensverträgen bestätigt.

In vielen Kredit- und Darlehensverträgen ist hinsichtlich der Erteilung der Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB eine Verweiskette erhalten.

Damit sind aber lediglich teilweise die notwendigen Pflichtangaben aufgeführt, die der Darlehensnehmer erhalten haben muss, damit die Frist für den Widerruf der Vertragserklärung des Darlehensnehmers zum Abschluss des Darlehensvertrages anläuft. Welche weiteren Angaben der Darlehensnehmer zusätzlich noch erhalten muss, ist dort und auch sonst nicht beschrieben. Damit ist aber nicht klar, wann die Frist zum Widerruf der Vertragserklärung des Darlehensnehmers an und damit die 14-tägige Widerrufsfrist abläuft.

Nachdem ich bereits im Jahr 2015 als erster Anwalt bundesweit hierzu ein obergerichtliches Urteil vor dem OLG München 17 U 334/15 – Urt. v. 22.05.2015 erstreiten konnte, haben in der Folge zahlreiche Oberlandesgerichte die Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung mit einer solchen Verweiskette angenommen.

Allerdings ist dem der BGH in seinem Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15 entgegengetreten und hat den sogenannten Kaskadenverweis für wirksam erklärt.

Hiergegen hat sich der EUGH in seinem Urteil v. 26.03.2020 (C-66/19) gewendet und klargestellt, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen und dass es nicht ausreicht, dass der Vertrag hinsichtlich Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Vorschriften Bezug nimmtEine solche Kaskadenverweisung ist unzureichend, weil der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrages weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen kann, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist überhaupt zu laufen begonnen hat.

Im Ergebnis wird damit den Verbrauchern jetzt wieder auch für ab dem 11.06.2010 abgeschlossenen Verträgen durch den EuGH die Möglichkeit zum Widerruf eröffnet.

Durch die Rechtsprechung des EuGH haben sich die Chancen der Verbraucher, sich von langfristig abgeschlossenen Darlehen / Krediten zu lösen, stark verbessert. Insbesondere besteht die Möglichkeit, Darlehensverträge zu widerrufen, die mit hohen Zinssätzen abgeschlossen wurden, ohne dass die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann.

Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich für alle Verbraucherdarlehen, die nach dem 10.06.2010 abgeschlossen worden sind, also gerade auch für Autokreditverträge, Leasingverträge und für Immobiliendarlehen.

Allerdings bestehen bei Immobilienkrediten folgende Besonderheiten:

Bei Immobilienkrediten haben sich zum 31.03.2016 einige gesetzliche Änderungen ergeben. Danach abgeschlossene Darlehensverträge sehen in den Widerrufsbelehrungen anderweitige Formulierungen vor. Und das Widerrufsrecht wurde bei den nach dem 21.03.2016 abgeschlossenen Immobilienkrediten zeitlich begrenzt.

Seit nunmehr 25 Jahren bin ich auf dem Gebiet des Bankrechts tätig und verfüge über eine sehr große Erfahrung mit fast allen Banken. Alleine aus dem Widerruf von Immobilienkrediten habe ich im Rahmen der ersten Widerrufswelle in über 1.000 geprüften Fällen bei zahlreichen Kreditinstituten für meine Mandanten erfolgreiche Rückabwicklungen erreichen können. Dabei bilden einige von mir erstrittene OLG-Entscheidungen bis heute einen bundesweiten Ansatz für den Widerruf von Immobilienkrediten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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