Der VW-Skandal - eine große Enttäuschung und sogar Betrug am Kunden?

  • 3 Minuten Lesezeit

(Von Rechtsanwalt Ralf Buerger, insbesondere auch Fachanwalt für Verkehrsrecht, der sich auch für die Rechte der VW-Geschädigten einsetzt.)

Am Dienstag räumte VW laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein, Fahrzeuge auch mit falschen Verbrauchsangaben typisiert zu haben. Dabei geht es nicht um den bereits offenbarten Skandal hinsichtlich der Abgaswerte von Dieselmotoren (Softwaremanipulation), sondern um einen neuen Tatbestand, der bislang unbekannt war. Interne Untersuchungen haben ergeben, so die FAZ: „dass von der Motorabteilung Verbrauchswerte zu niedrig angegeben wurden. Mit diesen Werten haben die Fahrzeuge ihre Typenzulassung bekommen“.

Die FAZ berichtet weiter: „Es gehe in der Hauptsache um Modelle mit der Bezeichnung Blue Motion, die Volkswagen für seine Autos mit besonders niedrigem Verbrauch und damit besonders niedrigen CO2-Werten verwendet. Die Größenordnung der Abweichung ist beträchtlich. Als Beispiel wird in den Untersuchungsprotokollen der Golf Blue Motion genannt, der mit 90 Gramm CO2/km angegeben ist und tatsächlich mehr als 100 Gramm ausstößt. Betroffen seien rund 800.000 Fahrzeuge – überwiegend mit Dieselmotor – in Europa, viele davon in Deutschland.

Die interne Revision geht nicht von einem technischen Defekt oder einem Eingriff in die Software aus, so die FAZ wörtlich: „Es handle sich schlicht um betrügerische Angaben“.

Allein hierfür wird VW zusätzlich einen hohen Betrag zurückstellen müssen, nämlich rund 2 Milliarden Euro. VW führt Gespräche mit den Behörden über die Zertifizierung einer neuen Typenzulassung. Die Fahrzeuge könnten aber bis dahin weiter gefahren werden.

I. Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung 

Bereits ein Gutachten des Deutschen Bundestages hält Schadensersatzklagen gegen VW wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht für ausgeschlossen. Der Bundestag hat anlässlich des VW-Skandals durch seine wissenschaftlichen Dienste eine juristische Expertise erstellen lassen, die die Rechte der Kunden im VW-Skandal beleuchten.

II. Gesetzliches Gewährleistungsrecht

Aber auch das gesetzliche Gewährleistungsrecht greift voll durch.

Aufgrund der Manipulationen sind die PKW mangelhaft und den Käufern stehen die gesetzlichen Gewährleistungsrechte (§§ 434, 437 ff. BGB) zu.

Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl (§ 439 I BGB)

  • die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Der Verkäufer kann gem. § 439 III BGB jedoch die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreien Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte.

Insbesondere hierum werden sich zukünftig die gerichtlichen Auseinandersetzungen drehen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der Bundesgerichtshof am 11. Februar 2009 (VIII ZR 176/06) entschieden hat, dass im Rahmen der Nachlieferung einer mangelfreien Sache ein Wertersatz, d.h. eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer für das mangelhafte Fahrzeug nicht zu zahlen ist. § 439 Abs. 4 BGB ist europarechtlich, d.h. richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die in Bezug genommenen Vorschriften über den Rücktritt nur für die Rückgewähr des mangelhaften Fahrzeuges gelten. Der Käufer (als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB) muss aber keinen Ersatz für die gezogenen Nutzungen leisten.

Sollte der Kunde die Beseitigung des Mangels wählen, ist folgendes zu bedenken: 

Dem Kunden ist insbesondere nicht zuzumuten, monatelang auf die Beseitigung des Mangels zu warten. Teilweise müssen die Teile dazu erst entwickelt und hergestellt werden. Vor dem Jahre 2017 geht daher für viele VW-Geschädigte gar nichts. Fraglich ist auch, ob eine Abhilfe überhaupt möglich ist und ob die Fahrzeuge nach einer Nachbesserung auch dem versprochenen Zustand entsprechen. Sollte der Pkw z.B. nach der Nachbesserung mehr verbrauchen als vorher oder es zu einer reduzierten Fahrleistung kommen, ist auch ein Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag denkbar.

Insbesondere aufgrund der Verjährungsvorschriften sollten Sie sich unverzüglich fachanwaltlich beraten lassen, rät Rechtsanwalt Ralf Buerger, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Die Rechtsschutzversicherungen müssen für eine solche Beratung Deckungszusage erteilen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt und Notar Ralf Buerger

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten