Der Zugewinnausgleich im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung

  • 4 Minuten Lesezeit

Endet die Ehe – statistisch noch immer häufiger als durch Scheidung - durch den Tod, ist der Zugewinn im Rahmen der Erbschaft auszugleichen. Zu den zivilrechtlichen Grundlagen und den steuerlichen Folgen:


Zivilrechtliche Grundlagen

Gemäß § 1931 BGB erbt der Ehegatte grundsätzlich neben Verwandten der ersten Ordnung zu ¼. § 1371 BGB bleibt gemäß § 1931 BGB unberührt. Gemäß § 1371 BGB ist zwischen zwei Alternativen zu unterscheiden, der erbrechtlichen und der güterrechtlichen Lösung:

Die erbrechtliche Lösung ist in § 1371 Abs. 1 BGB normiert. Sie gilt dann, wenn der länger lebende Ehegatte entweder Erbe oder Vermächtnisnehmer geworden ist. Der Erbteil bestimmt sich dann nach der gesetzlichen Erbquote gem. § 1931 BGB, die ¼ beträgt. Hinzu kommt das pauschale Zugewinnausgleichsviertel nach § 1371 Abs. 1 BGB.

Die güterrechtliche Lösung ergibt sich gemäß § 1371 Abs. 2 BGB. Sie setzt voraus, dass der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist. Der Ehegatte wird u. a. in folgenden Fällen nicht Erbe:

•          Er wird durch Verfügung von Todes wegen enterbt.

•          Er war zwar Erbe, hat das Erbe aber ausgeschlagen.

•          Die Voraussetzungen des § 1933 BGB (Scheidungsantrag) sind gegeben.

Ist dies der Fall, kann er den Zugewinn nach den allgemeinen Zugewinnausgleichsregelungen verlangen. Neben diesem güterrechtlichen Anspruch kann der sogenannte „kleine Pflichtteil“ verlangt werden.

Dem Ehegatten steht ein Wahlrecht zwischen der güter- und der erbrechtlichen Lösung dabei nicht zu.

Alternative 1Gesetzliche Erbfolge ohne eine letztwillige Verfügung.
VorgehensweiseAnnahme der ErbschaftAusschlagung der Erbschaft
RechtsfolgeErbteil berechnet sich nach
§1931 BGB. Dieser Erbteil wird um die 1/4 der Erbschaft als Pauschale gem. §1371 Abs. 1. BGB erhöht.
Konkreter Zugewinnausgleich zuzüglich kleiner Pflichtteil.
Alternative 2Erbfolge mit einer letztwilligen Verfügung, die den Überlebenden enterbt. Es besteht auch kein Vermächtnis.
Vorgehensweise--
Rechtsfolge-Konkreter Zugewinnausgleich zuzüglich kleiner Pflichtteil, gem. §1371 Abs. 2 BGBKein Wahlrecht!
Alternative 3Erbfolge mit einer letztwilligen Verfügung.
Der Überlebende erhält eine Erbquote, die zumindest so hoch wie der große Pflichtteil ist.
VorgehensweiseAnnahme der ErbschaftAusschlagung der Erbschaft
RechtsfolgeKein zusätzlicher ZugewinnausgleichsanspruchKonkreter Zugewinnausgleich zuzüglich kleiner Pflichtteil, gem. §1371 Abs. 2 BGB.
Alternative 4

Erbfolge mit einer letztwilligen Verfügung.
Der Überlebende erhält eine Erbquote, die kleiner ist als der große Pflichtteil.
Vorgehensweise

Annahme der ErbschaftAusschlagung der Erbschaft
Rechtsfolge

Pflichtteilsanspruch gem. §2305 BGBKonkreter Zugewinnausgleich zuzüglich kleiner Pflichtteil, gem. §1371 Abs. 2 BGB.
Alternative 5Erbfolge mit einer letztwilligen Verfügung.
Der Überlebende erhält ein Vermächtnis.
Vorgehensweise


Annahme des VermächtnissesAusschlagung des Vermächtnisses gem. §2307 Abs. 1 S. 1 BGB
Wahlrecht ist in diesem Fall möglich.
Rechtsfolge

Pflichtteilsergänzungsanspruch bis zum großen Erbteil gem. §2307 Abs. 1 S. 2 BGBKonkreter Zugewinnausgleich zuzüglich kleiner Pflichtteil, gem. §1371 Abs. 2 BGB

Quelle: Kogel, Zugewinnausgleich 6. Auflage 2019, RZ 1628

Erbschaftsteuerliche Auswirkungen

Der Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsanspruch sind erbschaftsteuerlich wie folgt zu behandeln:

Zugewinnausgleich

Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1363 BGB durch den Tod eines Ehegatten beendet, ist der Zugewinn gemäß § 5 ErbStG nicht steuerbar.

Macht der Ehepartner hingegen seinen Ausgleichsanspruch nach der güterrechtlichen Lösung gemäß §§ 1373 bis 1380 BGB geltend, weil er nicht Erbe wird und ihm auch kein Vermächtnis zusteht (§ 1371 Abs. 2 BGB), ist dieser Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht steuerbar.

Pflichtteil

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt der Erwerb auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches §§ 2302 ff BGB als Erwerb von Todes wegen. Verbindlichkeiten aus geltend gemachtem Pflichtteil wiederum gelten als Nachlassverbindlichkeiten, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG. Bei der Ermittlung der Höhe des Pflichtteils werden die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen, Auflagen und einer Testamentsvollstreckung nicht berücksichtigt.

Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht zivilrechtlich mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB). Das Steuerrecht jedoch verlangt für die Entstehung der Steuerschuld, dass der Pflichtteilsanspruch selbstständig geltend gemacht wird, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG. Das Gleiche gilt für die vom Erben als Nachlassverbindlichkeit abziehbare Pflichtteilslast, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG. Unter Geltendmachung ist das ernstliche Verlangen auf Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs zu verstehen. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Pflichtteils zu verlangen, in geeigneter Weise, auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten, gegenüber den Erben bekunden.

Frühere Zuwendungen sind auf den Pflichtteil anzurechnen, wenn dies bereits bei der Zuwendung, nicht erst nachträglich durch Testament vom Erblasser angeordnet worden war (§ 2315 Abs. 1 BGB).

Verzicht auf den Pflichtteil

Für die erbschaftsteuerliche Behandlung des Verzichts des Berechtigten auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch ist wie folgt zu unterscheiden:

Erfolgt der Verzicht ohne Entgelt, liegt eine an sich steuerbare Leistung zugunsten des Erben dar, die der Steuergesetzgeber aber in § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG von der Besteuerung ausgenommen hat.

Lässt sich der Pflichtteilsberechtigte den Verzicht auf die Geltendmachung seines Anspruchs durch eine Abfindung vergüten, so greift der Ersatztatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ein. Das Entgelt für den Verzicht wird dabei zum Besteuerungs- und Bewertungsgegenstand.

Fazit

Die Wahlmöglichkeit beim Zugewinnausgleich bleibt dem Ehegatten selbst bei geringen Vermächtnissen erhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die pauschale Ermittlung des Zugewinnes erbschaftsteuerlich vorzugswürdig.

Zu jeder verantwortungsvollen Lebensplanung gehört die rechtzeitige Regelung der Vermögensnachfolge. Wir unterstützen Sie als Rechtsanwälte und Steuerberater in allen rechtlichen und steuerlichen Fragen der vorweggenommenen Erbfolge und Testamentsgestaltungen.


Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner  in alle Fragen des Steuerrechts. 

Als qualifizierte Fachanwälte im Gesellschafts-, Arbeits- und Insolvenz-, internationales Wirtschafts- und Steuerrecht, als zertifizierte Restrukturierungs- und Sanierungsexperten vertreten wir Unternehmer in allen Lebenslagen. Als erfahrene und spezialisierte Wirtschaftsanwälte erarbeiten wir mit Ihnen individuelle Konzepte.

wir-beraten-unternehmer.de

Foto(s): https://unsplash.com/photos/u0vgcIOQG08

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Steuerberaterin Elisa Roggendorff

Beiträge zum Thema