Die arbeitsrechtlichen Kündigungsgründe – und was tun bei Kündigung ?

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Das Arbeitsrecht enthält vielfältige Facetten, innerhalb derer Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich täglich orientieren und ggf. auch auseinandersetzen müssen. Dazu zählen tarifvertragliche Themen, Fragen rund um die Zuständigkeiten eines Betriebsrates und sozialversicherungsrechtliche Aspekte.

Die häufigste Thematik im Arbeitsrecht ist allerdings wohl unbestritten der Beginn und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.

Nachfolgend werden die wesentlichen Beendigungsgründe („Kündigung“) einmal zusammengefasst, verbunden mit dem Hinweis, wie sich Arbeitnehmer gegen eine ausgesprochene Kündigung zur Wehr setzen können.

Im deutschen Arbeitsrecht wird im Wesentlichen – neben der Möglichkeit einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung - zwischen drei (3) ordentlichen Kündigungsgründen unterschieden:


1. Personenbedingte Kündigung

Die personenbedingte Kündigung bezieht sich auf die Eigenschaften, Fähigkeiten oder Lebensumstände eines Arbeitnehmers. Genügen diese nach Einschätzung des Arbeitgebers nicht oder nicht mehr den Anforderungen des Arbeitsvertrages, so besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann. In diesem Fall kann der Arbeitgeber eine ordentliche, personenbedingte Kündigung aussprechen. Zu den personenbedingten Gründen einer Kündigung zählen z.B. der Verlust einer Qualifikation oder behördlichen Genehmigung, außerdienstliche Vergehen oder Straftaten oder insbesondere auch eine anhaltende Krankheit ohne positive  Genesungsprognose und mit fehlgeschlagenem Wiedereingliederungsversuch. Vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung muss in der Regel keine Abmahnung ausgesprochen werden. Allerdings erfolgt im Zusammenhang mit einer personenbedingten Kündigung eine umfangreiche Abwägung der wechselseitigen Interessen. Nur wenn diese Abwägung ergibt, dass für den Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar und eine anderweitige Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb nicht möglich ist, bestehen rechtliche Chancen, dass die personenbedingte Kündigung wirksam ist. Die Abwägung der wechselseitigen Interessen ist stets eine Frage des Einzelfalls.


2. Verhaltensbedingte Kündigung

Anders verhält es sich bei der verhaltensbedingten Kündigung. Hier tritt ein spezifisches, den Arbeitsplatz und das Arbeitsverhältnis betreffendes Verhalten des Arbeitnehmers in den Vordergrund. Häufig werden verhaltensbedingte Kündigungen mit Schlechtleistungen, Beleidigungen und individuellen Verstößen gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten begründet. Im Unterschied zur personenbedingten Kündigung bedarf eine verhaltensbedingte Kündigung regelmäßig einer vorherigen Abmahnung. Dadurch soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, sein moniertes Verhalten abzustellen oder zu ändern. Auch wenn die Abmahnung ihre Wirkung verfehlt und der Arbeitnehmer fortgesetzt gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, muss im Rahmen einer Kündigung stets eine Abwägung der wechselseitigen Interessen sowie im Einzelfall geprüft werden, ob die in Betracht gezogene Kündigung auch verhältnismäßig ist. Nicht jeder Verstoß muss zwangsläufig dazu führen, dass eine Kündigung ausgesprochen werden darf. Im Einzelfall kann es auch erforderlich sein, dass der Arbeitgeber noch eine weitere Abmahnung aussprechen muss, bevor das Arbeitsverhältnis gekündigt wird.


3. Betriebsbedingte Kündigung

Der wohl häufigste Kündigungsgrund ist derjenige, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Gründen beenden möchte. Diese Kündigung wird durch Arbeitgeber dann in Betracht gezogen, wenn sich betriebliche Anforderungen oder Abläufe verändern oder – wie häufig anzutreffen – sich die betriebswirtschaftliche Situation eines Unternehmens zum Nachteil entwickelt und deshalb über eine Reorganisation oder über den Abbau von Arbeitsplätzen in einem Betrieb entschieden wird. Es ist also nicht zwingend, dass ein Unternehmen Umsatzrückgänge erleidet oder in eine sonstige wirtschaftliche Schieflage gerät. Auch eine Optimierung von Arbeitsprozessen kann dazu führen, dass dringende betriebliche Gründe für die Kündigung eines oder mehrerer Arbeitsplätze gegeben sind. Einer Abmahnung bedarf es bei der betriebsbedingten Kündigung naturgemäß nicht. Allerdings bestehen für die betriebsbedingte Kündigung erhebliche rechtliche Hürden. So muss durch den Arbeitgeber eine (i) betriebliche Situation dargelegt werden, die den dauerhaften Abbau / Wegfall eines Arbeitsplatzes rechtfertigt, der (ii) Abbau des Arbeitsplatzes muss durch eine Entscheidung des Unternehmers / Inhabers vorbereitet und sodann getroffen worden sein und (iii) schließlich muss im Rahmen einer sog. Sozialauswahl entschieden werden, welchem Arbeitnehmer aufgrund der individuellen und vergleichbaren Sozialkriterien (Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, sonstige Besonderheiten) gekündigt werden kann. Die betriebsbedingte Kündigung als Rationalisierungsmöglichkeit klingt zunächst verhältnismäßig übersichtlich und „einfach“, sie ist aber unter den verschiedenen Kündigungsgründen regelmäßig diejenige, die durch Arbeitnehmer sehr erfolgreich angefochten werden können. Die Zahl der Fallstricke und die Anforderungen an eine wirksame betriebsbedingte Kündigung sind im Einzelfall für Arbeitgeber sehr hoch. Zudem entwickelt sich die Rechtslage durch eine zahlreiche Rechtsprechung permanent weiter. Betriebsbedingte Kündigungen, die nur als Vorwand zur Trennung von einem bestimmten Arbeitnehmer verwendet werden („Vorwandkündigung“), enden in der Regel vor den Arbeitsgerichten und werden dort für unwirksam erklärt.


4. Was tun bei Kündigung ?

Für jede Art der Kündigung ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bzw. bei Geschäftsführern und Vorständen zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.

Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist vorgesehen, dass ein Arbeitnehmer gemäß § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Klage gegen die ausgesprochene Kündigung erheben muss. Bleibt die Klage aus, wird die Kündigung ohne inhaltliche Überprüfung wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis. Nur unter erheblich erschwerten Bedingungen kann eine verspätete Kündigungsschutzklage noch Gehör finden, vgl. § 5 KSchG. Bezüglich der Frist empfehlen wir, nicht den vollen Zeitraum auszunutzen, sondern stattdessen frühzeitig eine Klage bei dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen.

Innerhalb des Klageverfahrens müssen sich die Streitparteien sodann mit den Gründen der Kündigung auseinandersetzen. Arbeitnehmern obliegt es, darzulegen, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist, d.h. insbesondere keine Kündigungsgründe vorliegen. Arbeitgeber erhalten demgegenüber die Gelegenheit, die ausgesprochene Kündigung weiter zu begründen.

Am Ende des arbeitsgerichtlichen Verfahrens entscheidet dann das angerufene Arbeitsgericht über die Wirksamkeit der Kündigung.

Hinweis: 

Arbeitgebern empfehlen wir eine sehr sorgfältige und professionelle Vorbereitung einer angedachten Kündigung. Anhgesichts der Vielzahl von Rechtssprechung ist es insbesondere für mittelständische Unternehmen oder Handwerksbetriebe heute kaum noch möglich, wirksam und ohne Fallstricke die Kündigung eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse auszusprechen. Ist die Kündigung unwierksam, drohen häufig Reputationsverlust innerhalb des Unternehmens und teure finanzielle Konsequenzen.

Arbeitnehmern empfehlen wir, stets gegen eine Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vorzugehen, um den derzeitigen Status Quo zunächst einmal zu sichern. Zudem endet eine erhebliche Anzahl von Kündigungen durch stattgebendes Urteil oder aber zumindest durch einen Vergleich, mit dem Arbeitgeber die nachteiligen Folgen einer Kündigung durch Zahlung einer Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG abmildert. Es ist aus Sicht von Arbeitnehmern also hochgradig falsch, eine Kündigung zu akzeptieren und den Kopf in den Sand zu stecken. Selbst wenn bereits eine neue Tätigkeit in Aussicht steht, empfiehlt es sich, zunächst ein arbeitsgerichtliches Verfahren einzuleiten und dadurch die derzeitige Rechtsposition aus dem (noch) bestehenden Arbeitsverhältnis zunächst einmal zu sichern.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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