Die Eigenbedarfskündigung im Mietrecht

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Das Mietrecht schützt den Mieter vor einer willkürlichen Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter. Was aber wenn der Vermieter selbst einziehen möchte und Eigenbedarf anmeldet?

Gemäß § 573 Abs. 1 BGB kann der Vermieter dem Mieter kündigen, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietvertrages hat. Ein berechtigtes Interesse besteht, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige des Haushaltes benötigt.

1. Berechtigter Personenkreis

Der Vermieter kann bspw. für folgende Personen Eigenbedarf anmelden:

Kinder (einschließlich Stiefkinder), Ehe- und Lebenspartner, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister, Enkelkinder, Großeltern, Neffen und Nichten, Haushaltshilfen und Pflegepersonal.

Eine Eigenbedarfskündigung ist in der Regel nicht möglich, wenn weiter entfernt verwandte oder verschwägerte Familienangehörige des Vermieters die Wohnung benötigen, wie z.B. Cousin und Cousine, Tante, Onkel, Freunde, Eltern der Lebensgefährtin, Schwager oder Schwägerin, Ehepartner nach Scheidung.

2. Mögliche Gründe für eine Kündigung wegen Eigenbedarf

Der Vermieter muss zum Zeitpunkt der Kündigung vernünftige, nachvollziehbare Gründe darlegen, aus denen sich der Eigenbedarf ergibt.

Als solche sind in der Rechtsprechung z.B. anerkannt:

  • Umzug wegen Nähe zum Arbeitsplatz
  • Änderung der Lebensumstände und das Bedürfnis die Wohnung zu vergrößern bzw. zu verkleinern, wie Kinderwunsch, Scheidung u.ä.
  • Naher Angehöriger benötigt eine eigene Wohnung
  • Vermieter benötigt Ersatzwohnraum, weil ihm selbst gekündigt wurde
  • Pflegebedürftige Angehörige sollen im Haushalt ausgenommen werden                                                 3.   Formelle Anforderungen an die Kündigung

Damit die Kündigung wirksam ist, muss der Vermieter wichtige formelle Kriterien erfüllen.

Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen (E-Mail oder Fax reicht nicht) und muss an alle Mieter gerichtet sein und diesen nachweislich zugestellt werden.

Der Vermieter muss im Kündigungsschreiben den Grund für den Eigenbedarf genau darlegen. Aus der Kündigung muss zudem eindeutig hervorgehen, für wen der Vermieter Eigenbedarf anmeldet und wie der Verwandtschaftsgrad bzw. das besondere Näheverhältnis ist.

Die Begründung kann später nicht mehr ergänzt bzw. geändert werden. Kommt es daher später zu einem Räumungsprozess, kann das Gericht nur die Begründung in dem Kündigungsschreiben der Entscheidungsfindung zu Grunde legen.

Schließlich muss in dem Kündigungsschreiben auf das Widerspruchsrecht des Mieters gemäß § 574 BGB hingewiesen werden.

4. Kündigungsfrist 

Für die Eigenbedarfskündigung gelten die Fristen der ordentlichen Kündigung nach § 573c BGB.

Die Dauer der Kündigungsfrist bestimmt sich nach der Dauer des Mietverhältnisses:

  • Vertragsdauer weniger als 5 Jahre: Kündigungsfrist beträgt 3 Monate
  • Vertragsdauer 5 bis 8 Jahre:            Kündigungsfrist beträgt 6 Monate
  • Vertragsdauer länger als 8 Jahre:   Kündigungsfrist beträgt 9 Monate

Die Kündigung muss dabei spätestens zum 3. Werktag eines Kalendermonats ausgesprochen werden.

5. Widerspruchsrecht des Mieters

Doch wie können Mieter gegen eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters vorgehen? Der Mieter hat das Recht nach § 574 Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen und sich auf die sog. Sozial- oder Härteklausel zu berufen. Dabei muss der Mieter darlegen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine besondere Härte darstellt, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Eigentümers nicht zu rechtfertigen ist.

Als solche Gründe kommen etwas in Betracht:

  • Hohes Alter, Krankheit (schwere körperliche/seeliche Krankheiten)
  • Tiefe Verwurzelung im Wohnumfeld und lange Wohndauer
  • Angemessener Ersatzwohnraum kann zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden
  • Schwangerschaft

Der Widerspruch muss nach § 574b BGB schriftlich erfolgen. Aus § 574b Abs. 2 BGB ergibt sich zudem, dass der Widerspruch bis spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses erklärt werden muss.

Liegt eine besondere Härte vor, muss dennoch eine Abwägung mit den Interessen des Eigentümers am Eigenbedarf erfolgen. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Mieters schwerer wiegen als die des Vermieters, wird der Vermieter dazu verpflichtet das Mitverhältnis für einen begrenzten oder sogar unbefristeten Zeitraum weiter aufrecht zu erhalten.

6. Fazit

Bei einer Eigenbedarfskündigung ist sowohl für den Mieter als auch für den Vermieter vieles zu beachten. Für den Vermieter ist es besonders ärgerlich, wenn sich etwa erst in einem Räumungsrechtsstreit herausstellt, dass der Kündigungsgrund nicht wirksam ist oder aber die Kündigung an formalen Anforderungen scheitert.

Aus Mietersicht ist die Einholung anwaltlichen Rates auch dringend anzuraten, da nur dieser prüfen kann, ob die Kündigung unwirksam ist und / oder ob Härtegründe vorgebracht werden können.

Eine vorgetäuschte und unberechtigte Eigenbedarfskündigung kann zudem Schadensersatzansprüche des Mieters auslösen. Darüber hinaus läuft der Vermieter Gefahr sich wegen Betruges strafbar zu machen.

Gerne stehen wir Ihnen beratend und vertretend bei mietrechtlichen Kündigungen zur Seite.


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