Sorgerechtsübertragung auf einen Elternteil

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Bei einer Trennung bzw. Scheidung mit gemeinsamen minderjährigen Kindern sind auch regelmäßig Fragen zum Umgangsrecht und Sorgerecht mit zu klären.

Grundsätzlich gilt, dass verheiratete Eltern eines Kindes das gemeinsame Sorgerecht haben.

Ein gemeinsames Sorgerecht bedeutet, dass die Eltern bei allen wichtigen Entscheidungen des Kindes (wie z.B. Schulanmeldung, Operationen,  Wechsel des Wohnortes, Namensänderung etc.) eine gemeinsame Wahl treffen.

Bei Angelegenheiten des täglichen Lebens hingegen entscheidet in der Regel der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält (vgl. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB). Unter Angelegenheiten des täglichen Lebens fallen alle Angelegenheiten, die für das Leben des Kindes keine schwerwiegenden Folgen haben (wie z.B. Arztbesuch wegen einer Erkältung, Besuch beim Friseur, etc.).

Bei einer Scheidung kann auch das gemeinsame Sorgerecht grundsätzlich beibehalten werden. Dass bei einer Scheidung immer auch über das Sorgerecht entschieden wird, ist daher ein weit verbreiteter Rechtsirrtum. Das Familiengericht entscheidet nur dann über das Sorgerecht, wenn ein entsprechender Antrag einer der Eltern gestellt wird.

Zunächst sollte allerdings versucht werden, außergerichtlich eine Einigung zu erzielen. Dies könnte etwas dergestalt aussehen, dass dem betreuenden Elternteil eine Vollmacht zur Regelung der Sorgerechtsangelegenheiten erteilt wird.

Wenn sich beide Elternteile einig sind, wer das alleinige Sorgerecht erhalten soll, so kann ein entsprechender Antrag bei Gericht gestellt werden. Das Familiengericht wird diesem Antrag in der Regel zustimmen.

Sollte  kein Konsens zwischen den Eltern zu erzielen sein, so muss eine streitige Entscheidung herbeigeführt werden. Nach § 1671 Abs. 1 BGB wird das Familiengericht die  gemeinsame elterliche Sorge aufheben und einem Elternteil übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsame Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die gemeinsame Sorgerechtsausübung aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert, beispielsweise weil die Eltern keine Kommunikationsbasis haben, da sich hoch verstritten sind oder gar keinen Kontakt mehr haben oder weil ein Elternteil sehr weit entfernt wohnt. Das Gericht wägt u.a. anhand der Kriterien Kontinuität, Förderung und soziale Bindung ab, welche Entscheidung dem Kindewohl am ehesten entspricht.

An Sorgerechtverfahren sind immer die Eltern des Kindes und das Kind selbst beteiligt. Das Jugendamt wird ebenfalls hinzugezogen. In der Regel wird dem Kind auch ein Verfahrensbeistand beigeordnet, bei dem es  sich um einen eigenen Interessenvertreter des Kindes handelt.

Kommt es dann zu einer gerichtlichen Sorgerechtsübertragung auf einen Elternteil, hat dies selbstverständlich keine Auswirkungen auf das Umgangsrecht des anderen Elternteils, welches auch bei einem Sorgerechtsentzug weiterhin besteht.

Für die Kosten des gerichtlichen Sorgerechtsverfahrens gilt, dass hier in der Regel eine Kostenaufhebung ausgesprochen wird, d.h. jede Partei hat die eigenen Anwaltskosten zu tragen und die Gerichtskosten werden zu 50 % geteilt. In den seltenen Fällen werden die Kosten für ein Sorgerechtsverfahren von den Rechtsschutzversicherungen übernommen. Dies ist nur der Fall, wenn eine zusätzliche Police hierfür vereinbart worden ist. Die Versicherungen  zahlen jedoch meist eine anwaltliche Erstberatung in Familiensachen.

Sollten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichen, um die Verfahrenskosten zu zahlen, kann ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe bei dem zuständigen Familiengericht gestellt werden.

Da das Familienrecht sehr komplex ist und eine Entscheidung über das Sorgerecht weitreichende Folgen für das Kind haben wird, ist es immer ratsam, sich in sorgerechtlichen Fragen anwaltlichen Rat einzuholen.


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