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Die Fallstricke im aktuellen Corona-Mietrecht

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Der 3. April 2020 ist in diesem Jahr der dritte Werktag dieses Monats – der Tag an dem laut Millionen von Mietverträgen für Wohnungen und Gewerberäume sowie § 556b BGB die Miete fällig und (meistens) bezahlt wird. In diesem Jahr ist wegen der Corona-Krise jedoch alles ein bisschen anders – denn der Gesetzgeber hat mit dem „Gesetz zur Abmilderung der Covid-19-Folgen“ kurzfristig Sonderregeln in Kraft gesetzt, nach denen Vermieter ihren Mietern wegen Zahlungsverzugs zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 (dieser Zeitraum wird gegebenenfalls noch verlängert) nicht kündigen können (im einzelnen und ausführlicher dazu hier).

Aber es gibt einige Fallen, in die sowohl Vermieter als auch Mieter tappen können, wenn sie die neuen Regelungen missverstehen. Denn viele Menschen tendieren dazu, vor allem die für sie als positiv erscheinenden Dinge wahrzunehmen und können dabei böse auf die Nase fallen.

Kündigungen grundsätzlich weiter möglich

In vielen Überschriften ist von einem „Kündigungsschutz“ für Mieter die Rede. Richtig ist das aber immer nur mit der Ergänzung „…. allein wegen Zahlungsverzug“. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Menschen massenhaft ihre Wohnung verlieren, weil sie wegen der Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten und Vermieter auf ihrem Recht auch in diesen Zeiten bestehen könnten – oder sogar die Situation ausnutzen wollen, um sich unliebsamer Mieter zu entledigen und/oder teurer zu vermieten.

Es handelt sich jedoch keineswegs um eine generellen Schutzschild gegen Kündigungen. Alle weiteren Kündigungsmöglichkeiten, beispielsweise wegen Eigenbedarf oder sonstigen Pflichtverletzungen, bleiben bestehen. Der vorübergehende Wegfall der einen Kündigungsmöglichkeit, könnte sogar dazu führen, dass Vermieter bei Bedarf die Alternativen jetzt sogar gründlicher prüfen. 

Zusammenhang mit Pandemie muss nachgewiesen werden

Die nächste Falle: Der Kündigungsschutz besteht auch dann nicht, wenn überhaupt kein Zusammenhang zwischen der Covid-19-Pandemie und den Zahlungsschwierigkeiten bestehen. Diesen Zusammenhang muss der Mieter nachweisen.

Zwar erleichtert der Gesetzgeber Mietern die Beweisführung, weil der Zusammenhang zwischen Corona-Krise und dem Unvermögen, die Miete zu bezahlen, lediglich „glaubhaft“ gemacht werden muss. Das bedeutet, es muss überwiegend wahrscheinlich erscheinen.

Trotzdem wird hier der eine oder andere in Schwierigkeiten geraten, insbesondere, wenn bereits „vor Corona“ Zahlungsschwierigkeiten bestanden und die Miete nicht, nicht vollständig und/oder unpünktlich gezahlt wurde:

Was bedeutet das Wörtchen „allein“?

Denn noch ist nicht klar, was die Gerichte aus dem Wörtchen „allein“ machen werden, mit dem der Gesetzgeber wohl nur zum Ausdruck bringen wollte, dass Kündigungen aus anderen Gründen möglich bleiben sollten. Die konkrete Formulierung des Gesetzes liest sich aber so, als ginge es „allein“ um fällige Mietzahlungen im Zeitraum von April bis Juni.

Hängt man sich an diesem Wortlaut, lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass bereits eine Kündigung wegen Zahlungsverzug möglich ist, wenn ein Teil der Miete vor oder nach diesem Zeitraum nicht gezahlt wurde. Das könnten theoretisch auch ganz geringe Beträge seien und muss nicht einmal etwas mit Zahlungsschwierigkeiten zu tun haben, sondern kann auch an einer überhöhten Minderung liegen.

Mieter mit Mietrückständen besonders gefährdet

Alle Mieter, die aktuell ihre Miete mindern und sich nicht 100-prozentig sicher sein können, dass die Minderung dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt ist, sollten vorsichtig sein, wenn sie die aktuellen Regelungen nutzen möchten, die Miete innerhalb der nächsten drei Monate noch stärker zu reduzieren. Denn schnell kann dies zu einer Kündigung führen, die dann nicht mehr allein auf einen Zahlungsverzug zurückzuführen ist.

Selbst wenn die Gerichte das Gesetz nicht nach seinem Wortlaut auslegen sollten, müssen Mieter mit alten Zahlungsrückständen vorsichtig sein – denn für sie wird der oben bereits erwähnte Nachweis deutlich schwieriger, dass die Zahlungsrückstände im April auf die Corona-Krise zurückzuführen sind, wenn bereits vorher Geldknappheit herrschte.

Die Miete bleibt fällig und gezahlt werden muss trotzdem

Der Umstand, dass die von April bis Juni nicht gezahlten Mieten bis zum 30. Juni 2022 nachgezahlt werden können, verleitet derzeit viele Mieter zu der Annahme, die Mieten seien gestundet und man könne problemlos später bezahlen. Das wäre ein großer Irrtum. Die Miete bleibt unverändert zum vereinbarten Tag fällig und wird sie nicht gezahlt, fallen Verzugszinsen an.

Angenommen, es ginge um Mietschulden in Höhe von 1.000 €, ergibt das bei der gegenwärtigen Zinshöhe einen Betrag von mehr als 90 € zusätzlich, im Bereich der Gewerbemiete sogar knapp 200 € obendrauf.

Titulierung des Anspruches nach aktuellen Regelungen weiterhin möglich

Das ist aber längst noch nicht alles. Denn zumindest in rechtlicher Hinsicht hält den Vermieter nichts auf, einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen zu beauftragen, das Geld einzutreiben. Das wären dann noch einmal knapp 150 € obendrauf. Wenn dann immer noch nicht bezahlt wird, kann aus einer Mietschuld von 1000 € unter Umständen ein Betrag von 1600 € und mehr werden.

Anwaltstipp: Vorsicht ist besser als Nachsicht

Solange es irgendwie geht, sollten Mieter die Miete weiterzahlen und die Mietzahlungen nicht vorschnell stoppen. Ohne alte Zahlungsrückstände ist man vor einer Kündigung erst einmal geschützt, aber teurer wird es auf jeden Fall, solange der Vermieter nicht auf seinen Verzugsschaden verzichtet.

Jedenfalls, wenn man seine Miete mindert oder aus anderen Gründen nur einen Teil der Miete gezahlt hat, gehört man zur „Risikogruppe“. Hier sollte man sich als Mieter im Rahmen einer kostengünstigen anwaltlichen Erstberatung vorsichtshalber über die individuelle rechtliche Ausgangslage informieren und sich Ratschläge für das weitere Vorgehen abholen.

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit schon.


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