Die fünf wichtigsten Fragen zum Kündigungsschutzprozess

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Rechtsanwalt Dr. Bert Howald ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Gaßmann & Seidel. Er betreut regelmäßig Mandanten in Kündigungsschutzprozessen im gesamten Bundesgebiet. Dazu beantwortet Herr Dr. Howald hier die fünf wichtigsten Fragen, die immer wieder von Mandanten gestellt werden:

1. Kann ich auf eine Abfindung klagen?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Nein, in den meisten Fällen gibt es nämlich gar keinen Anspruch auf eine Abfindung, sondern der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin klagt gegen eine Kündigung und damit gegen die vom Arbeitgeber betriebene Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In Baden-Württemberg endeten 2015 ca. 70 % aller Prozesse vor dem Arbeitsgericht mit einer gütlichen Einigung.

Fundstelle: http://www.lag-baden-wuerttemberg.de, dort: Geschäftsbericht für 2015

Bei einer Einigung im Kündigungsschutzprozess zahlt der Arbeitgeber eine Abfindung und der Arbeitnehmer ist mit der Beendigung des Jobs einverstanden. Die Abfindung ist die Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, die dann Teil einer solchen Einigung, eines sogenannten „Vergleichs“ ist.

2. Wenn ich gekündigt worden bin, muss ich dann auf jeden Fall eine Abfindung nehmen und gehen?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Nein, niemand ist gezwungen, eine vom Arbeitgeber angebotene Abfindung zu akzeptieren, wenn er/sie eigentlich um den Job kämpfen will. Anwälte sollten hier genau auf die Mandanten hören und nicht gleich auf eine Beendigungslösung setzen, wenn der Arbeitnehmer dies gar nicht will. Wer das Gefühl hat, dass der eigene Anwalt da nicht mitzieht, sollte sich unbedingt nach einem anderen, passenden Anwalt umsehen. Manchmal ist es aber besser, eine Abfindung zu akzeptieren, wenn man ansonsten vielleicht den Job verliert und dann ohne Geld dasteht. Das muss der Anwalt genau prüfen.

3. Woran erkenne ich denn, dass der Arbeitgeber mich eigentlich gar nicht loswerden kann?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Das Kündigungsschutzrecht geht erst einmal davon aus, dass der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auch beenden kann. Das ist eigentlich wie bei einer Mietwohnung oder bei der Ehe: Irgendwie muss man sich auch voneinander lösen können. Es gibt aber tatsächlich Fälle, in denen der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin einen so hohen Schutz vor Kündigungen genießt, dass es für den Arbeitgeber praktisch sehr schwer wird, eine Kündigung durchzusetzen. Das kann bei langjährigen Beschäftigten der Fall sein oder bei Beschäftigten mit besonderen Funktionen und Aufgaben. Das ist aber nicht immer leicht zu erkennen, da muss oft ein Fachmann ran.

4. Muss ich in der Güteverhandlung dabei sein? Was muss ich da sagen?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Das Gericht kann das persönliche Erscheinen der Parteien zum Gütetermin oder zu einem anderen Termin anordnen. Da muss man dann kommen. Für viele ist das eine ungewohnte Situation vor Gericht. Fragen Sie Ihren Anwalt, er soll Ihnen den Ablauf der Güteverhandlung kurz erklären, damit Sie wissen, was da auf Sie zukommt. Manchmal wird hart gestritten in einer Verhandlung, aber Ihr Anwalt vertritt Ihre Interessen vor Gericht, er muss für Sie sprechen. Wenn Sie direkt etwas gefragt werden, was auch vorkommt, dann sollten Sie einfach, soweit sie es können, die Fragen des Gerichts beantworten. Die Gegenseite darf Sie nicht direkt ansprechen, Sie müssen darauf nicht antworten.

5. Das Gericht schlägt in dem Gütetermin einen Vergleich vor. Muss ich den annehmen?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag im Gütetermin werden Sie in aller Regel mit Ihrem Anwalt besprechen. Der Anwalt wird Ihnen sagen, ob der Vorschlag angenommen werden sollte oder nicht. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie den Vorschlag annehmen sollen, sollten Sie sich lieber noch Überlegungszeit ausbitten. Sie müssen einen Vorschlag nicht annehmen, wenn Sie ihn nicht gut finden oder wenn sie noch länger überlegen wollen.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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