Die Gläubigerversammlung und der Gläubigerausschuss als Organe und Vertreter der Gläubiger im Insolvenzverfahren.

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1. Einführung

Die Gläubigerversammlung und der Gläubigerausschuss sind zwei zentrale Elemente im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. 

Diese Organe bieten den Gläubigern die Möglichkeit, über diese Interessenvertreter aktiv am Insolvenzverfahren teilzunehmen und auf dieses Einfluss zu nehmen. Während die Gläubigerversammlung allen Gläubigern offensteht und ihnen ein Forum zur Diskussion und Abstimmung über wesentliche Verfahrensaspekte bietet, dient der Gläubigerausschuss als ein kleineres, fokussierteres Gremium, das mit spezieller Kompetenz die Geschäftsführung des Insolvenzverwalters unterstützt und überwacht.

Welche Aufgaben und Kompetenzen Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss im Detail haben, und wann diese eingesetzt werden, wird nachfolgend beleuchtet.


2. Die Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren (§§ 74 ff. InsO)

Die Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren ist ein zentrales Organ, das den Gläubigern eine aktive Rolle in der Gestaltung des Verfahrens ermöglicht. Sie ist in ihrer Funktion und Bedeutung vergleichbar mit der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft und bietet den Gläubigern eine Plattform, um über wesentliche Aspekte des Insolvenzverfahrens zu entscheiden.

a. Einberufung und Teilnahme:

Die Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht einberufen und ist nicht öffentlich. 

Gemäß § 74 InsO (Insolvenzordnung) kann die Versammlung vom Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss oder unter bestimmten Voraussetzungen auch von den Gläubigern selbst beim Insolvenzgericht beantragt werden. 

Alle Gläubiger des Schuldners sind berechtigt, an der Gläubigerversammlung teilzunehmen und haben dort Stimmrecht.

b. Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse:

Die Gläubigerversammlung hat weitreichende Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse. Sie kann laut § 76 InsO über die Fortführung oder Stilllegung des Unternehmens des Schuldners entscheiden. 

Des Weiteren hat sie das Recht, gemäß § 57 InsO einen anderen Insolvenzverwalter zu wählen, falls sie mit dem vom Gericht bestellten Verwalter nicht einverstanden ist. 

Die Gläubiger können in der Versammlung auch gemäß § 79 InsO Weisungen an den Insolvenzverwalter erteilen, was die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse betrifft.

c. Informations- und Auskunftsrechte:

Jeder Gläubiger hat das Recht, in der Gläubigerversammlung Auskunft über den Gang des Verfahrens und die bereits getroffenen Entscheidungen zu verlangen. 

Dies umfasst auch die Möglichkeit, sich zum Unternehmen zu äußern, Hinweise auf verdächtige Vorfälle zu geben oder über streitige Rechts- oder Haftungsfragen zu diskutieren.

d. Insolvenzplan und besondere Beschlüsse:

Wenn ein Insolvenzplan vorgelegt wird, muss dieser in einer besonderen Gläubigerversammlung, dem Anhörungs- und Abstimmungstermin, besprochen werden, bevor die Gläubiger über die Annahme des Plans entscheiden (§ 235 InsO). 

Für besonders wichtige Entscheidungen, wie den Verkauf eines ganzen Unternehmens oder Betriebs, ist die Zustimmung der Gläubigerversammlung erforderlich (§ 160 InsO).

e. Pflichtversammlung und Fristen:

In jedem Insolvenzverfahren ist mindestens eine Gläubigerversammlung Pflicht (wenn das Verfahren nicht im schriftlichen Verfahren durchgeführt wird). 

Das Insolvenzgericht muss im Eröffnungsbeschluss des Insolvenzverfahrens einen Termin für die erste Gläubigerversammlung festlegen, der innerhalb der ersten sechs Wochen und spätestens nach drei Monaten nach Insolvenzeröffnung stattfinden soll (§ 29 InsO).


3. Der Gläubigerausschuss (§§ 67 ff. InsO)

Der Gläubigerausschuss ist - neben der Gläubigerversammlung - ein weiteres wesentliches Organ im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. 

Er dient als Unterstützungs- und Überwachungsgremium für den Insolvenzverwalter und spielt eine wichtige Rolle bei der Wahrung der Interessen der Gläubiger.

a. Einsetzung und Zusammensetzung:

Der Gläubigerausschuss wird in der Regel in der ersten Gläubigerversammlung eingesetzt, die gemäß § 29 InsO stattfindet. 

Die Einsetzung erfolgt durch einen Beschluss der Gläubigerversammlung, wie in § 68 Abs. 1 InsO festgelegt. Der Ausschuss soll verschiedene Gläubigergruppen repräsentieren, um eine ausgewogene Vertretung zu gewährleisten. 

Gemäß § 67 Abs. 2 InsO sollen im Ausschuss ein Vertreter der Gläubiger mit den höchsten Forderungen, ein Kleingläubiger, ein Vertreter der Arbeitnehmer und ein Gläubiger mit Sicherungsrechten an Vermögensgegenständen des Schuldners vertreten sein.

b. Aufgaben und Funktionen:

Die Hauptaufgaben des Gläubigerausschusses sind in § 69 InsO definiert. Diese umfassen die Unterstützung und Überwachung des Insolvenzverwalters bei seiner Geschäftsführung. 

Die Mitglieder des Ausschusses haben das Recht, sich über den Gang der Geschäfte zu informieren, die Bücher und Geschäftspapiere einzusehen und den Geldverkehr sowie den Geldbestand zu prüfen. 

Diese Überwachungsfunktion dient dem Schutz der Insolvenzmasse vor falschen oder schädigenden Entscheidungen des Insolvenzverwalters.

c. Beratung und Unterstützung des Insolvenzverwalters:

Neben der Überwachungsaufgabe soll der Gläubigerausschuss den Insolvenzverwalter auch beraten und unterstützen. 

Dies kann insbesondere in komplexen Insolvenzverfahren von Bedeutung sein, in denen spezielles Fachwissen erforderlich ist. 

Oftmals werden daher Mitglieder mit insolvenzrechtlichen Kenntnissen oder speziellem Fachwissen aus der Branche des insolventen Unternehmens ausgewählt.

d. Vorläufiger Gläubigerausschuss:

In größeren Insolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht gemäß § 22a InsO bereits vor der ersten Gläubigerversammlung einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen. 

Dieser vorläufige Ausschuss kann bereits bei der Auswahl des Insolvenzverwalters mitwirken und wichtige Entscheidungen in der Frühphase des Verfahrens beeinflussen.

e. Haftung der Mitglieder:

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses unterliegen einer Haftung für die schuldhafte Verletzung ihrer Pflichten gemäß § 71 InsO. 

Diese Haftung soll sicherstellen, dass die Mitglieder ihre Aufgaben sorgfältig und im Interesse der Gläubiger wahrnehmen.


4. Fazit

Die Gläubigerversammlung und der Gläubigerausschuss spielen eine entscheidende Rolle in einem Insolvenzverfahren. Sie ermöglichen es den Gläubigern, nicht nur passive Empfänger von Verfahrensergebnissen zu sein, sondern aktiv an der Gestaltung und Überwachung des Insolvenzverfahrens mitzuwirken. 

Durch diese Organe können Gläubiger ihre Rechte und Interessen effektiv wahrnehmen und so einen maßgeblichen Einfluss auf den Verlauf und Ausgang des Insolvenzverfahrens nehmen.

Man kann daher sagen, dass die Gläubiger bzw. Gläubigergruppe einen klaren Vorteil hat, die einen fachkundigen Vertreter in dem Gläubigerausschuss und/oder in der Gläubigerversammlung entsenden kann. Denn hierüber kann maßgeblich auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens Einfluss genommen werden.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

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