Die Nebenklage Hinterbliebener von Getöteten im Strafverfahren gegen den Täter

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I.) Grundsatz: Angehörige von Getöteten nach Straftaten sind nur Beobachter des Verfahrens gegen den Beschuldigten

Wer durch die Straftat eines anderen einen lieben Angehörigen verliert, bekommt förmlich den Boden unter den Füßen weggerissen. Neben der Trauer und den mit dem Verlust einhergehenden Problemen des neuen Alltags wächst häufig auch von Tag zu Tag die Wut auf den Täter und das Bedürfnis, dass dieser wenigstens rechtlich zur Verantwortung gezogen wird.

Freilich ist Letzteres eine allein von den Strafverfolgungsbehörden und schlussendlich einem Strafgericht zu erfüllende Aufgabe. Gleichwohl wollen Hinterbliebene meist nicht in einem Zustand der Schock-Starre verharren und nur – in der Regel ohne nähere Informationen über den Stand des Verfahrens (!) – darauf warten, neben gänzlich unbeteiligten Personen als Besucher im Zuschauerraum des Gerichtssaals den Prozess zu verfolgen.


II.) Ausnahme: Nahestehende Hinterbliebene bekommen als Nebenkläger aktive Informations- und Verfahrensrechte

Der Beitritt als Nebenkläger gibt wenigstens den engsten Angehörigen, mithin Eltern, Kindern, Ehegatten und Lebenspartnern von Getöteten die Möglichkeit, in dem Strafverfahren gegen den beschuldigten Täter eine aktive Rolle einzunehmen (§ 395 Abs.2 StPO).

Bereits der Informationsfluss gestaltet sich dann gänzlich anders, denn dem Nebenkläger steht das Recht zu, Einsicht in die amtliche Akte gegen den Beschuldigten zu erhalten.

In der gerichtlichen Hauptverhandlung darf der Nebenkläger zusammen mit einem eigenen "Opfer-Anwalt" dauerhaft anwesend sein, selbst wenn die Öffentlichkeit teilweise ausgeschlossen sein sollte. Außerdem sitzt er dann nicht im Zuschauerraum, sondern nimmt im vorderen Teil des Saals Platz.  

Auch die Möglichkeit, eigene Fragen und eigene Beweisanträge zu stellen, ist ein wichtiger aktiver Weg der Verfahrens-Mitgestaltung.

Sogar die Möglichkeit, selbsttätig ein Rechtsmittel gegen ein Urteil einzulegen, wenn der Angeklagte freigesprochen wurde, ist gegeben.


III.) Typische Fälle für einen Nebenklage-Beitritt von Hinterbliebenen

Ob der Familienangehörige Opfer

  • einer individuellen und zielgerichteten Straftat (z.B. Mord, Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge etc.),
  • eines gemeingefährlichen Delikts (z.B. Terror-Anschlag, fremdenfeindlicher Amok-Lauf, verbotenes Kraftfahrzeugrennen etc.) oder
  • eines schweren Verkehrsunfalls (z.B. fahrlässige Tötung)

geworden ist, ist letztlich in strafprozessualer Hinsicht nicht entscheidend. In all diesen und noch weiteren Fällen steht den oben genannten Hinterbliebenen die Möglichkeit des Nebenklage-Beitritts zu.


IV.) Anwaltliche Unterstützung von Hinterbliebenen im Nebenklage-Verfahren / Kosten

Nicht zuletzt aufgrund der psychischen Ausnahmesituation, in der sich Hinterbliebene nach Taten der genannten Art und dem Verlust eines Familienangehörigen befinden, ist es dringend anzuraten, sich von Beginn an und sogar ohne Kostenrisiko (!) vertrauensvoll an einen Rechtsanwalt zu wenden, der in der Vertretung von Nebenklägern erfahren ist.

Dieser wird den notwendigen Nebenklage-Antrag formulieren und einreichen. Anschließend wird er dafür sorgen, dass ein möglichst aktueller Informationsstand aufrecht erhalten bleibt und Kenntnis über eine anstehende Hauptverhandlung vor Gericht erlangt wird. In dieser wird er neben der Staatsanwaltschaft sitzend mit eigenen Fragen an Zeugen und gegebenenfalls Sachverständige versuchen dazu beizutragen, dass die Wahrheit zu Tage gefördert wird. Im Falle der erwiesenen Schuld des Angeklagten wird er im Rahmen seines Plädoyers die Verhängung einer angemessenen Strafe beantragen.

Manche Rechtschutzversicherer übernehmen die Kosten eines Anwalts in derartigen Fällen der Nebenklage.

Daneben haben die oben genannten nahen Angehörigen aber auch einen Anspruch auf einen selbst gewählten, aber vom Staat zu zahlenden anwaltlichen Opfer-Beistand (§ 397a Abs.1 Nr.2 StPO).

Sollte der Angeklagte verurteilt werden, so ist er auch zur Erstattung der Anwaltskosten verpflichtet.


Dr. Sven Hufnagel


Die Rechtsanwälte Dr. Sven Hufnagel und Claudia Hufnagel vertreten bereits seit vielen Jahren bundesweit Opfer und Hinterbliebene als Nebenkläger in Strafverfahren gegen Beschuldigte.

Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage unserer Kanzlei unter www.anwalt-strafrecht.com.



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