Die neue elektronische Krankmeldung

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Die neue elektronische Krankmeldung

Wenn man als Arbeitnehmer länger erkrankt, geht man zum Arzt und lässt sich krankschreiben. Bisher erhielt man eine Bescheinigung, die die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat und musste diese selbst seinem Arbeitgeber vorlegen und an die Krankenkasse schicken. Doch die Zeiten des „gelben Zettels“ bzw. des „gelben Scheins“ sind seit dem 01.01.2023 vorbei. Zumindest für alle gesetzlich Krankenversicherten.

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Regina Manz informiert in diesem Beitrag über die neue elektronische Krankmeldung und was sich für Arbeitnehmer ändert.

Was versteht man unter einer Arbeitsunfähigkeit?

Durch Krankheiten, Unfälle oder Berufskrankheiten können Arbeitnehmer daran gehindert sein, ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung nachzukommen. Ist man allerdings krank und arbeitsunfähig, erhält man trotzdem den Lohn oder das Gehalt. Dies regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen.

Um im Falle der Arbeitsunfähigkeit auch die sog. Entgeltfortzahlung zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, die geschuldete und vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen.
  • Das Arbeitsverhältnis muss min. 4 Wochen lang bestehen (abweichende Regelungen durch Tarifverträge möglich).
  • Die Arbeitsunfähigkeit muss Folge einer Krankheit oder auch eines Unfalls sein (z.B. Wegeunfälle; aber z.B. dann nicht, wenn Arbeitsunfähigkeit Folge eines unter Alkoholeinfluss verursachten Verkehrsunfalls ist).
  • Die Arbeitsunfähigkeit darf nicht selbst verschuldet sein.

Wer beim Sport z.B. einen Kreuzbandriss erleidet oder wer sich nach einem Spaziergang im Regen erkältet, hat seine Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet. Hierfür muss ein grober Verstoß vorliegen.

Meldung an den Arbeitgeber

Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht in § 5 Abs. 1 vor, dass der Arbeitnehmer zum einen seinen Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit informieren muss. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitteilen. Zum anderen muss der Arbeitnehmer dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Werktage dauert, eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.

Der Arbeitgeber kann auch bereits früher verlangen, dass eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden muss. In Arbeits- und Tarifverträgen kann abweichend geregelt werden, dass der Arbeitnehmer bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen hat.

Wird keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, kann dies zur Folge haben, dass der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht zu leisten braucht.

Folge der Arbeitsunfähigkeit

Ist der Arbeitnehmer länger arbeitsunfähig erkrankt und legt der Arbeitnehmer rechtzeitig die AU-Bescheinigung vor, erhält er bis zu 6 Wochen sein normales Gehalt bzw. seinen normalen Lohn als Entgeltfortzahlung. Ist der Arbeitnehmer länger als 6 Wochen erkrankt, erhält er das sog. Krankengeld von der Krankenkasse.

Das Krankengeld ist geringer als das Gehalt bzw. der Lohn des Arbeitnehmers. Es beträgt 70% des regulären Gehalts bzw. des Lohns. Einige Arbeitgeber sind z.B. durch Tarifverträge verpflichtet, einen Krankenzuschuss zu zahlen, um den finanziellen Verlust des Arbeitnehmers durch die länger andauernde Arbeitsunfähigkeit und das geringere Krankengeld zu minimieren. Dies ist jedoch keine gesetzliche Verpflichtung.

Was hat sich zum 01.01.2023 geändert?

Seit dem 01.01.2023 ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch ein digitales Verfahren abgelöst worden. Den „gelben Schein“ gibt es in der Papier-Form nicht mehr. Zwar erhalten erkrankte Arbeitnehmer noch einen Kontrollausdruck oder bei Übertragungsstörungen, jedoch ist das Verfahren um die AU-Bescheinigung vollständig digital und papierlos.

Die Ausstellung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt verpflichtend für alle Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie alle gesetzlich versicherten Arbeitnehmer.

Ausnahmen

Ausgenommen sind dabei aber Privatärzte, die eine Arbeitsunfähigkeit feststellen, sowie Arbeitnehmer, die privat krankenversichert sind.

Weitere Ausnahmen gelten für:

  • Minijobber in Privathaushalten
  • AU-Bescheinigungen bei Erkrankung des Kindes der Arbeitnehmer (Kind-Krank-AU)
  • Feststellende Ärzte im Ausland

Wie funktioniert die elektronische Krankmeldung?

In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer weiterhin den Arbeitgeber über seine Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer informieren. Auch weiterhin gilt: wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert, müssen Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt feststellen lassen.

Der Arzt bzw. die Praxis melden die Arbeitsunfähigkeit und die ärztlich festgestellte Dauer elektronisch an die jeweilige Krankenkasse. Die Krankenkasse erstellt hieraus eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber. Diese Meldung enthält, wie die Papier-Form des gelben Scheins, folgende Daten:

  • Name und Anschrift des Arbeitnehmers
  • Datum der ärztlichen Feststellung
  • Erst- oder Folge-Bescheinigung
  • Beginn und voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • Hinweis, ob Arbeitsunfähigkeit auf Arbeitsunfall beruht

Auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – eAU – enthält in der Ausfertigung für den Arbeitgeber keinen Hinweis auf die Erkrankung selbst. Der ausstellende Arzt geht aus der eAU nicht mehr hervor.

Holschuld des Arbeitgebers

Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit und die Feststellung durch einen Arzt dem Arbeitgeber gemeldet, kann dieser die elektronische AU abrufen. Der Arbeitgeber darf auf die eAU nur zugreifen, wenn der Arbeitnehmer seine Erkrankung gemeldet hat. Ein Abruf auf Verdacht durch den Arbeitgeber soll so ausgeschlossen werden.

Bisher musste der Arbeitnehmer die Papier-Form der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorbeibringen bzw. zuschicken oder vorlegen. Ihn traf eine sog. Bringschuld. Durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trifft den Arbeitgeber nun eine sog. Holschuld. Der Arbeitgeber muss die eAU nun bei der Krankenkasse abrufen.


Wie bekommt der Arbeitgeber die elektronische Krankmeldung?

Arbeitgeber müssen die von den Krankenkassen bereitgestellten sicheren Übertragungswege bzw. Portale nutzen, um die eAU abrufen zu können. Nur wenn es bei der Übertragung der Krankmeldung von der Arztpraxis zur Krankenkasse zu Übertragungsproblemen kommt, erhält der Arbeitnehmer noch die Papier-Form der Krankmeldung für den Arbeitgeber und die Krankenkasse.


Wer schickt die eAU an die Krankenkasse?

Bei der Papier-Form der AU-Bescheinigung erhielten Arbeitnehmer drei Bescheinigungen: eine für sich selbst, eine für die Krankenkasse und eine für den Arbeitgeber. Die Ausfertigung für die Krankenkasse musste per Post verschickt werden. Viele Arbeitnehmer haben sich gefragt, warum für die Krankenkasse überhaupt eine Ausfertigung notwendig war.

Grund hierfür ist das Krankengeld. Durch die Ausfertigung für die Krankenkasse konnte diese den Anspruch für das Krankengeld berechnen und das Krankengeld im Fall einer länger als 6 Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeit auszahlen.

Seit Einführung der eAU für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer wird die elektronische AU-Bescheinigung nun zuerst an die Krankenkasse elektronisch übersendet. Diese übernimmt die Weiterleitung bzw. Kenntnisnahme-Möglichkeit für den Arbeitgeber über entsprechend gesicherte Übermittlungswege.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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