Die Pflegereform und ihre Verlierer

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Das Jahr 2016 stellt für viele körperlich beeinträchtigte Pflegebedürftige vorerst die letzte Möglichkeit einer entsprechenden Statussicherung ihrer nach wie vor gering ausfallenden Pflegeleistungen dar. Nachdem der Deutsche Bundestag am 13. November 2015 das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) beschlossen hat, tritt es ohne Zustimmung des Bundesrates am 1. Januar 2016 in Kraft. Neben bereits zum 01.01.2016 eintretenden Änderungen soll der größte Erfolg der Reform in der Definition eines neuen Pflegebegriffes liegen. Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind ab 2017 Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder Fähigkeitsstörungen in sechs Bereichen (Modulen).

Diese sind Mobilität (z.B. Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen etc.), kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z.B. z.B. örtliche und zeitliche Orientierung etc.), Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z.B. nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten), Selbstversorgung (z.B. Körperpflege, Ernährung etc, hierunter wurde bisher die „Grundpflege“ verstanden), Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (z.B. Medikation, Wundversorgung, Arztbesuche, Therapieeinhaltung) und die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (z.B. Gestaltung des Tagesablaufs).

Die bisher kritisierten Zeitorientierungswerte spielen keine Rolle mehr. Vielmehr geht es in der Regel um die Frage, ob die erforderliche Fähigkeit noch vorhanden ist und ob damit verbundene Tätigkeiten selbständig, teilweise selbständig oder nur unselbständig ausgeübt werden können.

Über das deutlich kompliziertere Eingruppierungsverfahren in die ab 2017 neu einzuführenden Pflegegrade (bisher Pflegestufen) gibt es aus der Praxis schon jetzt nur hilfloses Kopfschütteln.
Im Unterschied zur aktuellen Versorgung gibt es ab 2017 erst ab dem Pflegegrad 2 nach § 36 SGB XI - einen Anspruch auf Pflegesachleistung und nach § 37 SGB XI einen Anspruch auf Pflegegeld. Deshalb sollten Angehörige und Pflegebedürftige noch bis 31.12.2016 einen Antrag nach altem Recht stellen. Mit dem für übergeleitete Pflegebedürftige eingerichteten Besitzstandsschutz auf die ihnen unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 zustehenden, regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bei häuslicher Pflege (§ 141 SGB XI) gelangt man noch dauerhaft in der Überleitung in die Pflegegrade 2 und höher.


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