Die polizeiliche Vernehmung - Was muss ich als Beschuldigter wissen?

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Als Beschuldigter einer Straftat sieht man sich einer psychischen Ausnahmesituation ausgesetzt. Der Druck, den die Strafverfolgungsbehörden insbesondere im Rahmen von Vernehmungen aufbauen, überfordert den Beschuldigten maßlos und führt häufig dazu, dass bereits sehr früh im Ermittlungsverfahren unüberlegte Äußerungen getätigt werden. Befinden sich diese Äußerungen erst einmal bei den Akten, ist es nahezu ausgeschlossen, diese im Nachgang wieder korrigieren zu können.

Vor diesem Hintergrund ist es für Sie als Beschuldigter zum einen wichtig zu wissen, wie die Vernehmungssituation in der Praxis abläuft und zum anderen, wie man sich bei solchen Vernehmungen zu verhalten hat.


1. Belehrungspflicht der Polizeibeamten

Besondere Bedeutung kommt hierbei der Belehrungspflicht der Polizeibeamten zu. Sobald die Polizeibeamten einen Anfangsverdacht einer Straftat gegen Sie hegen, müssen Sie als Beschuldigter von den Beamten hierüber aufgeklärt werden. Diese Belehrungspflicht resultiert für die Beamten aus §§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 StPO.


Leider passiert es in der alltäglichen Praxis viel zu häufig, dass Belehrungen fehlerhaft oder unvollständig erfolgen oder im schlimmsten Fall sogar vollständig unterbleiben. Umso wichtiger ist es für Sie als Beschuldiger zu wissen, dass eine solche Belehrung ausnahmslos bereits vor der ersten Vernehmung zu erfolgen hat und welchen Umfang diese Belehrung eigentlich haben muss.


a. Welche Tat, welche Strafvorschrift?

Zunächst müssen Sie von den Beamten darüber aufgeklärt werden, welche konkrete Tat Ihnen zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften hinsichtlich dieser Tatbegehung in Betracht kommen könnten.


b. Das Schweigerecht

Sodann müssen Sie darüber belehrt werden, dass Sie ein Schweigerecht haben. Sie müssen sich nicht zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen äußern. Die Tatsache, dass Sie sich nicht selbst belasten müssen und nicht an der Aufklärung der eigenen Straftat mitwirken müssen, ist als Ausfluss des "Nemo-Tenetur-Grundsatzes" eine fundamentale Säule des deutschen Strafverfahrens.


c. Recht auf einen Verteidiger

Zudem muss Ihnen mitgeteilt werden, dass Sie das Recht haben, bereits vor dieser Vernehmung einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Sofern Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchten, müssen die Beamten Ihnen die Kontaktaufnahme jederzeit gestatten. Sollten Sie keinen Rechtsanwalt kennen, müssen die Beamten Ihnen einen Kontakt zu einem Rechtsanwalt ermöglichen. Hierbei ist insbesondere auf die bestehenden Notdienst-Nummern der Anwaltsvereine hinzuweisen.


d. Beweisantragsrecht

Sie sind auch darauf hinzuweisen, dass Sie die Erhebung und Heranschaffung der von Ihnen benannten entlastenden Beweismittel beantragen können.


e. Recht auf einen Pflichtverteidiger

Bei besonders schwerwiegenden Vorwürfen sind Sie schließlich darüber zu belehren, dass Ihnen unter den Voraussetzungen des § 140 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist.


2. Keine Angaben zur Sache

Wie Sie nun wissen, steht es Ihnen frei, sich zu den gegen Sie geäußerten Vorwürfen zu äußern. Sie sollten daher ausnahmslos von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und den Beamten mitteilen, dass Sie keinerlei Fragen zur Sache beantworten werden. Das Sprichwort "Schweigen ist Gold" hat nirgendwo mehr Bedeutung als im Strafverfahren. Halten Sie sich daher unbedingt daran!


3. Keine Angaben zu Entsperrungs-Codes oder PIN des Mobiltelefons

Häufig werden Sie von den Beamten aufgefordert, Ihr Mobiltelefon freizugeben und den Zugriff auf das Mobiltelefon zu ermöglichen. Leider werden Sie hierbei häufig nicht darüber aufgeklärt, dass Sie hierzu nicht verpflichtet sind. Denn wie Sie nun bereits wissen, sind Sie nicht verpflichtet an Ihrer eigenen Strafverfolgung mitzuwirken. Die Daten auf Ihrem Mobiltelefon dienen den Strafverfolgungsbehörden aber eben genau hierzu. Der Verdacht gegen Sie soll durch die Informationen auf Ihrem Mobiltelefon erhärtet werden. Sie müssen daher wissen, dass die Weitergabe dieser Informationen an die Behörden auf rein freiwilliger Basis erfolgt. Selbstverständlich sollten Sie als Beschuldiger daher weder den Entsperrungs-Code noch Ihre PIN des Mobiltelefons an die Behörden herausgeben. 


4. Rufen Sie unverzüglichen Ihren Verteidiger an

Sie sollten in einer Vernehmungssituation unverzüglich Kontakt zu Ihrem Verteidiger aufnehmen und diesen über den Sachverhalt aufklären. Dieser kann als Fachmann das weitere Gespräch mit den Beamten begleiten und auf diese Weise dafür Sorge tragen, dass Ihre Rechte als Beschuldigter gewahrt werden.


5. Angaben zur Person 

Die einzige Verpflichtung, die Sie als Beschuldigter im Rahmen einer Vernehmung haben, ist die Angabe der Personendaten. Gemäß § 111 OWiG sind Sie verpflichtet gegenüber den Beamten die nachfolgenden Angaben zu machen:

Vor-, Familien- oder Geburtsnamen

Ort oder Tag der Geburt

Familienstand

Beruf

Wohnort

Staatsangehörigkeit 



Selbst wenn die Belehrung durch die Beamten künftig lückenhaft erfolgt oder sogar vollständig unterbleibt, wissen Sie es nun besser. Machen Sie gegenüber den Beamten ausnahmslos von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und kontaktieren Sie unverzüglich den Verteidiger Ihres Vertrauens.









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