Die Prozessbeschäftigung zur Vermeidung des Annahmeverzugslohnes

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Der Arbeitgeber ist im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses oft dem Risiko ausgesetzt, dass seine ausgesprochene Kündigung durch ein Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wird, weil z. B. keine schriftliche Abmahnung erteilt oder die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt wurde. Sofern es zu keiner schnellen gütlichen Einigung im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, kann der Arbeitnehmer unter Umständen nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess erhebliche Zahlungsansprüche aus dem sog. Annahmeverzug gem. § 615 S. 1 BGB gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen.

Sofern seit der Erhebung der Kündigungsschutzklage z. B. 6 Monate bis zur rechtskräftigen Entscheidung vergangen sind, kann der Arbeitgeber unter Umständen verpflichtet sein, für die letzten 6 Monate den Lohn nachzuzahlen, obwohl der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat. Hat der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums nicht einen anderweitigen Verdienst erwirtschaftet, kann er den vereinbarten Monatslohn von seinem Arbeitgeber verlangen. Für Arbeitnehmer können daher Verzögerungen im Prozess finanziell interessant sein. Eine schnelle Einigung im Gütetermin, die in der Regel zu einer Abfindungszahlung führt, ist daher nicht zwingend empfehlenswert.

Arbeitgeber sollten hingegen auf eine zügige und effektive Führung ihres Prozesses bedacht sein. Sofern eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Unwirksamkeit der Kündigung anzunehmen ist, ist ein Abfindungsangebot ratsam, um eine schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Sollten jedoch Erfolgsaussichten vorliegen, um mit der Kündigung durchzudringen, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, um das Annahmeverzugslohnrisiko zu minimieren. Bevor dieses Angebot erklärt wird, sollte jedoch eine anwaltliche Beratung eingeholt werden, da das Arbeitsgericht dieses Angebot dahingehend auslegen kann, dass doch eine Weiterbeschäftigung zumutbar und möglich ist. Der Arbeitgeber sollte daher darauf geachtet haben, dass er sich nicht in Widerspruch zu seinem Vorbringen setzt. Sofern der Arbeitgeber z. B. mit einem Wegfall des Arbeitsplatzes argumentiert, ist von einer Prozessbeschäftigung eher abzuraten.

Dennoch kann eine Prozessbeschäftigung sinnvoll sein, da so das Risiko der beschriebenen Nachzahlung vermieden werden kann. Dies deshalb, weil der Verdienst aus der Prozessbeschäftigung auf den Annahmeverzugslohn angerechnet wird. Der Arbeitnehmer behält nämlich für die Zeit der Prozessbeschäftigung einen Lohnanspruch. Der Arbeitgeber erhält jedoch die Arbeitskraft, sodass die Lohnzahlung mit einer Gegenleistung verbunden ist.

Um eine wirksame Prozessbeschäftigung herbeizuführen, ist anwaltlicher Rat geboten.

Eine Prozessbeschäftigungsvereinbarung ist nämlich an bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen geknüpft und bedarf einer konkreten Formulierung. Die Schriftform muss eingehalten werden. Ferner ist ein sachlicher Grund einzuarbeiten. Darüber hinaus besteht Beratungsbedarf, wie und in welchem Umfang eine Prozessbeschäftigung angeboten werden sollte. Der Arbeitgeber hat nämlich durchaus das Recht, eine nicht vertragsgemäße, aber zumutbare Beschäftigung anzubieten. Lehnt der Arbeitnehmer z. B. eine vergütungsähnliche Arbeit im Lager ab, weil er als LKW-Fahrer beschäftigt ist, kann ggf. ein böswilliges Unterlassen angenommen werden (vgl. BAG, Urteil v. 17.11.2011 – 5 AZR 564/10 – Hausmeister oder Wohnumfeldpflege).

Dies führt unter Umständen dazu, dass der Arbeitnehmer sich diesen „fiktiven Verdienst“ gemäß § 615 S. 2 BGB auf seinen Annahmeverzugslohnanspruch anrechnen lassen muss und so keine Lohnzahlung aus Annahmeverzug nach gewonnenem Rechtsstreit geltend machen kann.

Beiden Parteien eines Kündigungsschutzprozesses wird daher eine anwaltliche Vertretung empfohlen.

Bei Fragen rund um das Arbeitsrecht stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht bei Balduin & Partner aus Mülheim an der Ruhr gerne zur Verfügung. Wir sind bundesweit für unsere Mandanten erfolgreich. Kontaktieren Sie uns gerne für eine kostenlose Ersteinschätzung. 

 

Foto(s): Balduin & Partner Rechtsanwälte

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