Diskriminierung bei Bewerbung über Chat-Funktion

  • 3 Minuten Lesezeit

Im Wettbewerb um Fachkräfte veröffentlichen Unternehmen Stellenanzeigen über die verschiedensten Kanäle. Auch eBay-Kleinanzeigen sind ein beliebtes Portal dafür. Gelten aber Personen, die sich über die Chat-Funktion um eine dort ausgeschriebene Stelle bewerben, als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)? Und können sie daher auch Entschädigung fordern, wenn sie im Bewerbungsverfahren diskriminiert werden? Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein befasst (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 21.06.2022, Az.: 2 Sa 21/22).

Gilt das AGG auch bei Bewerbungen über eBay-Kleinanzeigen?

Eine männliche Person hatte sich über eBay-Kleinanzeigen auf eine Stelle beworben, für die ausdrücklich eine Sekretärin gesucht wurde. Für seine Bewerbung nutzte der Mann die Chat-Funktion von eBay-Kleinanzeigen. Im Chat-Verlauf wies er darauf hin, dass er Erfahrung im Büro habe und sich mit MS Office-Programmen auskenne. Außerdem wisse er, wie man Lieferscheine und Rechnungen schreibt. Auch für die weiteren Aufgaben einer Sekretärin sei er geeignet. Er bewerbe sich daher auf die ausgeschriebene Stelle.

Seine Bewerbung blieb erfolglos. Das Unternehmen begründete das damit, dass es ausschließlich eine Frau als Sekretärin suche.

Eine telefonische Beschwerde des Bewerbers wegen Diskriminierung lehnte das Unternehmen ab.

Daraufhin verlangte der abgelehnte Bewerber eine Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, insgesamt 7.800 EUR (dreimal 2.600 EUR). Das Unternehmen hielt sowohl die Bewerbung selbst als auch das Fordern von Schadensersatz für rechtsmissbräuchlich. Es habe sich nicht um eine ernsthafte Bewerbung gehandelt, der Bewerber habe nicht die üblichen Unterlagen vorgelegt. Auch sei der Entschädigungsanspruch zu hoch angesetzt – die Stelle sei mit höchstens 1.200 EUR brutto monatlich dotiert.

Nachdem der Bewerber auch mit seiner entsprechenden Klage vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolglos war, wandte er sich an das LAG Schleswig-Holstein.

Diskriminierung wegen des Geschlechts: Entschädigung

Das LAG verurteilte das Unternehmen zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 7.800 EUR. Nach Auffassung des Gerichts sind Personen, die sich über die Chat-Funktion bei eBay-Kleinanzeigen auf eine dort ausgeschriebene Stelle bewerben, Bewerber im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Weitere Bewerbungsunterlagen seien für diesen Status nicht notwendig gewesen. Wer eine Stellenanzeige auf eBay-Kleinanzeigen schalte, müsse damit rechnen, Bewerbungen auch über die Chat-Funktion zu bekommen – ohne dass weitere Unterlagen beigefügt würden. Zudem gebe es kein gesetzliches Mindestmaß, welche Angaben eine Bewerbung enthalten müsse. Bewerber bzw. Bewerberin müssten lediglich identifizierbar sein. Das war hier der Fall.

Auch die Bewerbung selbst stufte das Gericht nicht als rechtsmissbräuchlich ein. Es sei kein systematisches und zielgerichtetes Verhalten des Bewerbers erkennbar, wonach er es auf Entschädigungen nach AGG anlege. Der Bewerber sei für die Stelle qualifiziert gewesen. Er habe durch die Hinweise auf seine hohe Qualifikation (Studium des Wirtschaftsrechts, abgeschlossene Ausbildung zum Industriekaufmann) keine Absage provozieren wollen, sondern nur für sich Werbung machen wollen.

Schließlich lag auch eine Benachteiligung wegen des Geschlechts eindeutig vor. Das Unternehmen hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, ausschließlich eine Frau einstellen zu wollen. Die Höhe der geforderten Entschädigung sei angemessen – sie solle schließlich auch dafür sorgen, dass zukünftige Stellenausschreibungen des Unternehmens AGG-konform ablaufen.

Folgen für die Praxis

Sie haben sich auf eine Stelle beworben und fühlen sich vom potenziellen Arbeitgeber diskriminiert? Oder möchten Sie eine Stelle für Ihr Unternehmen ausschreiben und sichergehen, dabei die Vorgaben des AGG einzuhalten? Sprechen Sie mich gerne an. Ich berate Sie rund um Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren. Sie erreichen mich telefonisch unter der 040/413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Cátia Sofia Dileone das Neves Sequeira

Beiträge zum Thema