Doch keine ewige Wirkung von Flensburgpunkten

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Jeder weiß, dass Punkte in Flensburg getilgt werden. Das Register beim Kraftfahrtbundesamt hat also das Vergessen früherer Eintragungen eingebaut. Nach Eintritt der Tilgung erfährt keine Verfolgungsbehörde mehr, dass einmal Punkte vorhanden waren. Im Bußgeldverfahren entspricht es der gesetzlichen Regelung und auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass getilgte Eintragungen zum Nachteil des Betroffenen nicht mehr verwertet werden dürfen, selbst dann, wenn aufgrund früherer Registerauskünfte Kenntnis von alten Eintragungen besteht.

Das Straßenverkehrsgesetz differenziert aber zwischen Tilgung und Löschung. Nach der Tilgung bleibt eine Eintragung zunächst noch für die Dauer eines Jahres quasi in der Schublade erhalten. Zwar bekommen in dieser Zeit keine Verfolgungsbehörden mehr Auskünfte, wohl aber die Fahrerlaubnisbehörde. Innerhalb dieser sogenannten Überliegefrist dürfen von ihr Eintragungen noch für die Zwecke des Punktesystems verwertet werden.

Dabei kommt es nicht einmal darauf an, dass aktuelle Auskünfte aus Flensburg erteilt werden, denn in der Akte der Fahrerlaubnisbehörde schlummern immer alte Registerauskünfte, aus denen der frühere, inzwischen vielleicht getilgte Punktestand ersichtlich ist.

Gelöscht werden Punkte in Flensburg nach Ablauf der Überliegefrist. Dann würde auch die Fahrerlaubnisbehörde bei Anfrage keine Auskunft mehr über die gelöschten Punkte erhalten.

Um das nachfolgend dargestellte Problem nachvollziehen zu können, muss man auch das sogenannte Tatzeitprinzip verstehen. Punkte gelten nicht ab ihrer Eintragung im Register, sondern kraft gesetzlicher Regelung im Straßenverkehrsgesetz ab dem Tag der zugrundeliegenden Tat. Leider läuft ab dann noch nicht die Tilgungsfrist. Die beginnt nach anderer gesetzlicher Regelung im Straßenverkehrsgesetz erst mit der Rechtskraft des auf die Tat folgenden Verfahrens. Jetzt kann es Konstellationen geben, in denen ein Verfahren sehr lange nicht entschieden wird. Im Fall, über den hier berichtet wird, waren es mehr als zwei Jahre.

Der Betroffene hatte in diesem Verfahren früher 7 Punkte aus mehreren Eintragungen. Der laufende Fall mit einem Tattag im März 2014 war mit einem weiteren Punkt verbunden. Eine dieser alten Eintragungen war im Mai 2015 tilgungsreif. Im Juni 2016 wurde der aktuelle Fall rechtskräftig entschieden und etwas später die dazugehörigen Punkte in Flensburg eingetragen. Wenig später informierte das Kraftfahrbundesamt auch die regionale Fahrerlaubnisbehörde. Diese entschied dann im Oktober 2016, dass im März 2014 mindestens 8 Punkte erreicht waren und entzog deshalb die Fahrerlaubnis. Das Verwaltungsgericht Hannover gab der Behörde in erster Instanz recht. Es habe das Tattagsprinzip zu gelten. Auf die zwischenzeitliche Tilgung und Löschung einer dabei zu berücksichtigenden Entscheidung komme es nicht an. Hiergegen ist der Betroffene im Wege einer Beschwerde vorgegangen. Das zuständige niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Az.: 12 ME 240/16) hat dem Betroffenen nun recht gegeben.

Fazit: Nach Ablauf der Überliegefrist und Löschung im Fahreignungsregister darf eine Eintragung auch unter Berücksichtigung einer lange zurückliegenden Tatzeit nicht mehr berücksichtigt werden. Dies ist eine erste obergerichtliche Entscheidung zu diesem Thema. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese meines Erachtens richtige Auffassung auch in anderen Bundesländern durchsetzen wird. In bestimmten Konstellationen kann daher die Verzögerung des Verfahrens eine Verteidigungsstrategie gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis sein.

RA Klaus KucklickFachanwalt für Verkehrsrecht, ADAC-Vertragsanwalt, Tel. (0351) 80 71 8-70, kucklick@dresdner-fachanwaelte.de

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