Doppelt verdienen in der Freistellung?

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In Aufhebungsverträgen bzw. Beendigungsvergleichen (oft auch im Kündigungsschutzverfahren) werden insbesondere bei längeren Kündigungsfristen meist sogenannte Turboklauseln oder Sprinterklauseln vereinbart. Eine solche Klausel sieht vor, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden kann. In diesem Fall wird das Gehalt, was zwischen vorzeitiger Beendigung und regulärer Beendigung angefallen wäre, zusätzlich als Abfindung gezahlt (manchmal auch nicht zu 100 % sondern nur zu einem Teil).

Während der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer darin in aller Regel freigestellt. Der Arbeitnehmer kann während der Freistellung gegebenenfalls bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten und sogenannten anderweitigen Verdienst erzielen (hierbei hat er allerdings in jedem Fall das Wettbewerbsverbot zu beachten). Dies ist eigentlich nicht der Sinn der Sprinterklausel. Deren Sinn ist es ja gerade, dass der Arbeitnehmer das alte Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet, wenn der eine neue Stelle antritt.

Es stellt sich die Frage, ob anderweitiger Verdienst bei dem neuen Arbeitgeber auf das laufende Gehalt der Freistellungsphase beim alten Arbeitgeber anzurechnen ist.

Für die Anrechnung anderweitigen Verdienstes gibt es eine gesetzliche Regelung im § 615 BGB bzw. § 11 KSchG. Eine Anrechnung erfolgt dann, wenn der Arbeitgeber sich mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug befindet. Dies ist regelmäßig bei einer einseitigen Freistellung der Fall. Bei einer vereinbarten Freistellung besteht aber kein Verzug, sodass die Anrechnungsvorschriften dann eigentlich nicht greifen. Nach der Rechtsprechung (BAG vom 23.2.2021, 5 AZR 314/20) ist ein Vergleich mit Sprinterklausel in der Regel aber so auszulegen, dass anderweitiger Verdienst anzurechnen ist.

Den Beteiligten ist dringend zu empfehlen, die Anrechnung anderweitigen Verdienstes zu regeln. Aus Arbeitgebersicht sollte in einem Vergleich (oder Aufhebungsvertrag) mit Freistellung unbedingt ausdrücklich geregelt werden, dass anderweitiger Verdienst anzurechnen ist. Hierzu kann gegebenenfalls auf die Regelungen in § 615 BGB oder § 11 KSchG Bezug genommen werden.

Der Arbeitnehmer hätte gegebenenfalls im Interesse daran, die Anrechnung anderweitigen Verdienstes der Freistellungszeit ausdrücklich auszuschließen. Dies wird der Arbeitgeber wahrscheinlich im Regelfall nicht akzeptieren.


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