Ein Steuersparmodell für (pflichtteilsberechtigte) Schlusserben

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Einführung

Steigende Erbschaftswerte sorgen dafür, dass immer mehr Erben in die Erbschaftsteuerpflicht „rutschen". Weil Steuersparen (noch) keine Sünde ist, hier ein Tipp, wie einfach in gewissen Fällen - man muss sie nur kennen - die Erbschaftsteuer reduziert werden kann.

Das Problem

Erben Kinder, gesteht ihnen das Erbschaftsteuergesetz einen Freibetrag von 400.000 Euro gegenüber jedem Elternteil zu. Der darüber hinaus gehende Betrag unterliegt der Besteuerung. Setzen sich Eltern zunächst als Alleinerben ein, ihr (einziges) Kind als „Schlusserben", so ist das Kind beim Tod des erstversterbenden Elternteils enterbt. Folglich steht ihm ein Pflichtteilsanspruch zu.

Nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils wird das Kind Alleinerbe. Die Frage ist: Kann es für die Besteuerung verlangen, dass zwischen Pflichtteil (als Nachlassverbindlichkeit) und Erbschaft getrennt wird - mit der Folge einer geringeren (Gesamt)-Steuerbelastung, weil der Pflichtteil einen Wert von weniger als 400.000 Euro hat und damit steuerfrei bleibt?

Die Lösung des Bundesfinanzhofs

Erfreulich: Das funktioniert, wie ein Urteil des höchsten deutschen Steuergerichts zeigt.

Folgender „klassischer" Fall lag dem Bundesfinanzhof in München (Urteil vom 19.02.2013 - II R 47/11) zur Entscheidung vor:

Die Eltern hatten sich gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Als Erbin des länger lebenden Elternteils setzten sie ihre einzige Tochter ein.

Im Jahr 2003 starb der Vater. Bald darauf, im August 2004 starb die Mutter. Die Tochter erbte von der Mutter rund 960.000 Euro.

Zu versteuern wäre der über dem Freibetrag von 400.000 Euro liegende Wert von rund 560.000 Euro. Die schlaue Tochter machte jedoch - nach dem Anfall der Erbschaft - den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Vaters in Höhe von rund 70.000 Euro geltend.

Ihre erbschaftsteuerliche Argumentation: Der Pflichtteil ist steuerfrei, weil er unter dem Freibetrag von 400.000 Euro liegt. Der Pflichtteil sei als Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaft abzuziehen, sodass nicht rund 960.000 Euro abzüglich Freibetrag zu versteuern seien, sondern „nur" 960.000 Euro Nachlasswert abzüglich  70.000 Euro Pflichtteil abzüglich Freibetrag von 400.000 und somit „nur" rund 490.000 Euro statt rund 560.000 Euro. Bei einem Steuersatz von 15 % ist das immerhin eine Ersparnis von rund 10.500 Euro.

Während das Finanzamt und das Finanzgericht der Tochter diese Rechenoperation versagten, sprang der Bundesfinanzhof ihr zur Seite.

Zwar komme dem bloßen Anfall des Pflichtteils noch keine steuerliche Bedeutung zu. Steuerlich von Belang werde der Pflichtteil erst, wenn er geltend gemacht werde. Die „Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs bestehe in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Dieses ernstliche Verlangen liege auch dann vor, wenn der Alleinerbe des zweitversterbenden Elternteils den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils gegenüber dem Finanzamt als Nachlassverbindlichkeit geltend mache. Falls der Pflichtteilsanspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt sei, müsse das Finanzamt ihn berücksichtigen.

Empfehlung

Erbschaftsteuerpflichtige Schlusserben sollten stets prüfen, ob ihnen Pflichtteilsansprüche aus dem Tod des erstversterbenden Elternteils zustehen. Jedenfalls dann, wenn diese Ansprüche nicht verjährt sind, können sie den Pflichtteil als Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaft abziehen und somit die Erbschaftsteuer reduzieren. Der Rat eines Fachanwalts für Erbrecht oder eines auf Erbrecht spezialisierten Steuerberaters kann sich, wie man sieht, sehr lohnen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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