Einsatz von Detektiven zur Aufdeckung einer Konkurrenztätigkeit

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Rechtsanwalt Stephan Kersten – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Zulässiger Detektiveinsatz zur Aufdeckung einer Konkurrenztätigkeit

Wann und unter welchen Voraussetzungen ist der Einsatz eines Detektivs für die Vorbereitung einer Kündigung zulässig?

Diese Frage klärte nun das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16). Anlass für diese Entscheidung bot die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen des dringenden Verdachts einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit und des Erschleichens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Was war geschehen?

Der Kläger war seit Januar 2015 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt und hatte bis März desselben Jahres Entgeltfortzahlung erhalten. Nachdem sein Arbeitsgeber Hinweise für eine etwaige Konkurrenztätigkeit des Klägers in der Firma seiner Söhne erlangte, engagierte er im Juni 2015 einen Detektiv zur Aufklärung des Sachverhalts. Infolge der den Verdacht bestätigenden Ermittlungsergebnisse kündigte der Beklagte seinem Arbeitnehmer fristlos i. S. d § 626 BGB. Seine wettbewerbswidrige Konkurrenztätigkeit stelle eine schwerwiegende Vertragsverletzung und das Beziehen einer Entgeltfortzahlung für die Zeit einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einen Betrug i. S. d. § 263 Abs. 1 StGB dar.

Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

In der Vorinstanz befand das LAG Baden-Württemberg das Verhalten des Klägers zwar als „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, die Erkenntnisse aus den Detektivermittlungen seien jedoch unter Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlangt worden. Eine Datenerhebung sei gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG nur zur Aufdeckung von Straftaten zulässig gewesen. Ein dementsprechender Verdacht habe aber zum Zeitpunkt der Beauftragung des Detektivs nicht mehr im Raum gestanden. Ein Betrug scheide aufgrund der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfolgenden Entgeltfortzahlung aus und auch eine Konkurrenztätigkeit sei nicht strafbar. Ein Rückgriff auf § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG sei aufgrund der Sperrwirkung des Satzes 2 unzulässig. 

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht. Weder dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 BDSG noch der Normensystematik oder dem Sinn und Zweck bzw. der Gesetzeshistorie ließe sich eine solche Sperrwirkung entnehmen. Sie sei sogar europarechtswidrig. Beim Verdacht einer schwerwiegenden, aber nicht strafbaren Pflichtverletzung sei der Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG eröffnet. Der Verdacht müsse aber auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Außerdem sei Voraussetzung für die Rechtsmäßigkeit der Mitarbeiterüberwachung, dass diese dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge. Es dürfe also insbesondere kein gleich wirksames, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitsnehmers dabei aber weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung stehen.

Fazit:

Auch wenn sich diese Entscheidung auf den Einsatz eines Detektivs bezieht, so sind die hier aufgezeigten Grundsätze – laut Bundesarbeitsgericht – auch auf andere Fälle schwerwiegender Eingriffe in die Privatsphäre von Arbeitnehmern übertragbar. Es bleibt zu beachten, dass bei unstatthaften Überwachungsmaßnahmen nach der Rechtsprechung des BAG die durch diese Maßnahme erworbenen Beweismittel nicht verwertbar sind und ein Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung möglich ist (vgl. BAG, Urteil vom 21.06.2012 – 2 AZR 153/11; Urteil vom 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13).


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