Elternunterhalt: Kinder zahlen für ihre Eltern - auch bei grober Unbilligkeit?

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Rollentausch: Kinder zahlen für ihre Eltern - aber nur wenn dies nicht grob unbillig ist Wer Kinder hat, muss für den Unterhalt aufkommen, wenn sich die Kinder nicht selbst unterhalten können. Klar. Umgekehrt aber müssen auch Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen, wenn die Rente nicht reicht und die Eltern in eine teure Pflegeeinrichtung ziehen müssen. Nicht so klar. Und in Einzelheiten hoch umstritten. Ein Grund können alte Streitereien oder gar Zerwürfnisse innerhalb der Familie sein. Zu den Eltern besteht seit Jahren kein Kontakt mehr. Dass sie überhaupt noch leben, erfährt man erst durch das Schreiben des Sozialamtes, in dem Auskunft über eigenes Einkommen und Vermögen verlangt wird und am Ende sogar noch zur Kostenbeteiligung für die Heimunterbringung aufgefordert wird.

Kann das richtig sein? Eine Unterhaltsverpflichtung zu haben für Eltern, mit denen man nichts mehr zu tun hat? Grundsätzlich gilt auch beim Elternunterhalt: der Unterhaltsanspruch kann reduziert oder sogar gänzlich entfallen, wenn entweder die Eltern durch eigenes sittliches Verschulden bedürftig geworden sind oder sie selber in der Vergangenheit ihre eigenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Pflichtigen gröblich vernachlässigt haben. Unterhalt kann auch dann entfallen, wenn die Eltern sich in der Vergangenheit einer vorsätzlichen schweren Verfehlung gegenüber den Kindern schuldig gemacht haben oder aus anderen vergleichbaren Gründen die Inanspruchnahme grob unbillig wäre. Was aber grob unbillig ist und wann das sittliche Verschulden das notwendige erhebliche Gewicht hatte, ist in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen. Der bloße Kontaktabbruch oder Unhöflichkeiten allein reichen keineswegs aus. Ein Problem ist dabei das der Nachweisbarkeit: die Vorfälle liegen häufig schon sehr lange zurück, müssen aber von den Kindern durchaus nachgewiesen werden.

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgericht OLG Oldenburg als Beispiel: die Stadt Bremen hatte jahrelang Pflegekosten für einen Vater übernommen, der schließlich starb. 9.000 € forderte sie vom Sohn, weil der Vater Unterhalt vom Sohn fordern könne. Der wandte dagegen ein: der Kontaktabbruch vor 27 Jahren sei besonders nachhaltig und kränkend gewesen. Der Vater habe alle Kontaktversuche des Sohnes zurückgewiesen. Selbst bei der Beerdigung des Großvaters habe er ihm die kalte Schulter gezeigt. Er habe im eigenen Testament verfügt, der Sohn solle nur „den strengsten Pflichtteil" erhalten. Das OLG gab dem Sohn recht: wer sich so eklatant gegen jede verwandtschaftliche Gesinnung stelle, könne sie nicht umgekehrt einfordern und Unterhalt verlangen. Die Sache ist jetzt weiter nach Karlsruhe zum BGH gewandert: der muss entscheiden, ob die Entscheidung des OLG richtig war. Es bleibt aber dabei: jede Situation ist eine andere, die Gerichte können mal so, mal anders entscheiden. Es hängt letztlich stets auch von einer stichhaltigen Argumentation ab. Rechtsanwalt Stefan Gerold, Fachanwalt für Familienrecht, Ronnenberg - Empelde und online unter www.kanzlei-gerold.de.


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