Enterbung: Pflichtteil entziehen oder reduzieren und Anfechtungsmöglichkeit
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Sie denken darüber nach, ein Kind zu enterben, oder wurden durch den Erblasser enterbt? In diesem Artikel können Sie unter anderem nachlesen, was es mit der Enterbung und dem Pflichtteil auf sich hat, wann eine vollständige Entziehung des Pflichtteils möglich ist, wie man den Pflichtteil reduzieren kann und wann eine Anfechtung möglich ist.
Was bedeutet Enterbung?
Jemanden zu enterben, bedeutet, dass eine nach dem Gesetz erbberechtigte Person von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird. Gesetzlich geregelt ist die Enterbung in § 1938 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Relevant ist die Enterbung also bei Verwandten, Ehegatten oder Lebenspartnern, die ein gesetzliches Erbrecht haben, durch den Erblasser – der Verstorbene, der seinen Nachlass hinterlässt – aber nicht beerbt werden sollen.
Hinweis: Stiefkinder haben kein gesetzliches Erbrecht. Eine Enterbung ist daher nicht notwendig.
Wie funktioniert die Enterbung?
Wie oben bereits erläutert, kann nur enterbt werden, wer auch gesetzlicher Erbe wäre. Die rechtskräftige Enterbung muss durch letztwillige Verfügung, also durch Testament oder Erbvertrag erfolgen. Dementsprechend ist im Testament – so präzise wie möglich – aufzunehmen, dass beispielsweise das Kind, vollständiger Name, Geburtsdatum und Adresse, enterbt wird. Sinnvoll ist bei Abkömmlingen auch ein weiterer Satz im Testament, inwiefern die Enterbung auch für die Abkömmlinge des enterbten Kindes gilt. Entsprechende Vorlagen sind im Internet zu finden. Bei Erbangelegenheiten ist jedoch im Hinblick auf die weitreichenden Folgen immer anwaltlicher Rat empfehlenswert.
Gründe für eine Enterbung
Wer nach Enterbungsgründen sucht, muss hier unterscheiden. Die Enterbung (§ 1938 BGB) als solche bedarf keiner Begründung. Es steht jedem Erblasser frei, Angehörige grundlos zu enterben. Dem Erblasser steht natürlich ebenso frei, eine Begründung anzuführen. Das Angeben von Gründen kann jedoch unter Umständen eine Anfechtung wegen Irrtums oder Drohung nach § 2078 BGB begründen.
Hinweis: Für die Entziehung des Pflichtteils muss hingegen eine der in § 2333 BGB aufgeführten Gründe zutreffen. Genaueres hierzu können Sie unter Pflichtteilsentziehung nachlesen.
Enterben ohne Pflichtteil?
Enterben ohne Pflichtteil – das ist in vielen Fällen, in denen die Enterbung Thema ist, die Wunschvorstellung des Erblassers. Den meisten Menschen dürfte bekannt sein, dass trotz der Enterbung einem gesetzlich bestimmten Personenkreis von nahen Angehörigen – sogenannte Pflichtteilsberechtigte (§ 2303 BGB) – der Pflichtteil zusteht, sofern den Betroffenen nicht auch der Pflichtteil entzogen worden ist. Diese vollständige Enterbung ist in seltenen Ausnahmefällen möglich.
Pflichtteilsberechtigung
Pflichtteilsberechtigt sind:
Kinder (auch Adoptivkinder)
Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner
Pflichtteilsberechtigt können auch sein:
Eltern
Enkelkinder
Das gilt aber nur, wenn sie auch gesetzliche Erben sind. Enkelkinder erben gesetzlich nur, wenn das Kind des Erblassers, von dem das Enkelkind abstammt, nicht selbst erbt, beispielsweise weil es verstorben ist. Eltern erben nur, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hat.
Pflichtteilsentziehung
Möchte der Erblasser nicht, dass der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil erhält, kann der Pflichtteil in gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen, die in § 2333 BGB bestimmt sind, entzogen werden. Eine Pflichtteilsentziehung ist möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte:
den Erblasser, seinen Ehegatten oder einen Abkömmling des Erblassers umbringen möchte,
gegen eine oben genannte Person ein Verbrechen begeht oder sich eines schweren, vorsätzlichen Vergehens schuldig macht,
eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt,
wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wird oder wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist und es unzumutbar für den Erblasser wäre, dass der Pflichtteilsberechtigte erbt.
Wegen groben Undanks kann keine Pflichtteilsentziehung erfolgen. Diesen Begriff kennt das Gesetz nur im Zusammenhang mit Schenkungen. Zwar kann eine Enterbung wegen groben Undanks erfolgen, denn eine Enterbung ist auch ohne Grund möglich – siehe unter Gründe für eine Enterbung –, eine vollständige Entziehung ist jedoch nur bei den oben genannten und abschließend aufgezählten Gründen möglich.
Achtung: Eine Pflichtteilsentziehung erlischt, wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten verziehen hat. Dieses Verzeihen muss der Pflichtteilsberechtigte beweisen (§ 2337 BGB).
Pflichtteilsverzicht
Sehr wirksam, aber in der Regel sehr schwierig in der Herbeiführung, ist ein Pflichtteilsverzicht, der von dem Enterbten unterzeichnet wird. Damit dieser Verzicht rechtliche Wirksamkeit entfaltet, ist er zwingend beim Notar zu beurkunden. Im Erbfall kann der Pflichtteilsberechtigte dann nicht mehr auf seinem Pflichtteil bestehen. Es liegt auf der Hand, dass der Enterbte diesen Vertrag nicht unterzeichnen möchte. Denkbar ist, in solchen Fällen eine finanzielle Entschädigung in Form einer Abfindung zu vereinbaren.
Pflichtteil mindern
Liegen keine triftigen Gründe vor, um dem Pflichtteilsberechtigten auch den Pflichtteil zu entziehen, besteht die Möglichkeit, den Pflichtteil durch eine Verringerung des Vermögens durch Schenkung zu Lebzeiten indirekt zu minimieren. Das Gesetz sieht für diesen Fall einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) vor. Die Schenkung wird jedoch von Jahr zu Jahr um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt, sodass die Schenkung nach zehn Jahren nicht mehr zu berücksichtigen ist. Vorsicht ist auch geboten, an wen die Schenkung erfolgt. Bei einer Schenkung an Ehegatten beginnt diese Frist nicht vor Auflösung der Ehe.
Enterbung anfechten
Wer enterbt wurde, sollte hinterfragen und von einem Anwalt prüfen lassen, ob die Enterbung rechtmäßig erfolgte oder angefochten werden kann. Es gibt einige Möglichkeiten, warum die Enterbung nicht wirksam sein könnte. Eine Anfechtung einer letztwilligen Verfügung inklusive der enthaltenen Enterbung ist denkbar, wenn
das Testament unwirksam ist, z. B. weil der Erblasser nicht testierfähig war oder das Testament formunwirksam ist,
der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte,
der Erblasser über Umstände im Irrtum war, die sich später als nicht zutreffend erwiesen haben, und wenn er in Kenntnis dieses Umstandes nicht an dem Testament festgehalten hätte,
der Erblasser durch Drohung zur Enterbung bestimmt worden ist.
Achtung: Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des Anfechtenden von dem Anfechtungsgrund.
Fazit
Enterbung ist der Ausschluss einer nach dem Gesetz erbberechtigten Person von der gesetzlichen Erbfolge.
Die rechtskräftige Enterbung muss durch letztwillige Verfügung, also durch Testament oder Erbvertrag erfolgen.
Die Enterbung bedarf keiner Begründung. Es steht jedem Erblasser frei, Angehörige zu enterben.
Einem gesetzlich bestimmten Personenkreis von nahen Angehörigen – sogenannte Pflichtteilsberechtigte – steht trotzdem der sogenannte Pflichtteil zu.
Der Pflichtteil kann in gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen entzogen werden.
Zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten kann ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden. Dieser muss beim Notar beurkundet werden.
Durch Schenkung zu Lebzeiten kann der Pflichtteil indirekt gemindert werden.
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