Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zu Überstunden

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Überstunden müssen dann vergütet werden, wenn dies vereinbart ist oder der Mitarbeiter eine berechtigte Vergütungserwartung hat (§ 612 Abs. 1 BGB).

In der Praxis werden dafür häufig Pauschalabgeltungen vorgesehen. Dies ist häufig in Arbeitsverträgen als AGB geregelt und unterliegt mithin gewissen Vorgaben.

Was ist zu beachten bei der Regelung der Pauschalabgeltung im Arbeitsvertrag?

Vereinbart werden darf nur eine Arbeitszeit inklusive Überstunden bis 48 Stunden pro Woche (BAG, Urt. v. 28.09.2005, 5 AZR 52/05). Zudem muss eine klare Festlegung der Zahl bzw. des Umfangs der abgegoltenen Überstunden erfolgen (BAG, Urt. v. 22.02.2012, 5 AZR 765/10).

Was ist seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts neu?

In seiner Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urt. v. 26.06.2019, Az.: 5 AZR 452/18) nun präzisiert, welche Vorgaben für Pauschalierungsregeln in Betriebsvereinbarungen gelten. Danach müssen die Voraussetzungen des Mehrarbeitsausgleichs zum einen hinreichend klar bestimmt sein. Zum anderen darf der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt werden.

Welcher Sachverhalt lag dieser Entscheidung zugrunde?

Der Kläger in dem zu entscheidenden Fall war bei der ver.di als Gewerkschaftssekretär beschäftigt. Es ist „Vertrauensarbeitszeit“ vereinbart, der Mitarbeiter entscheidet entsprechend selbst über Beginn und Ende der Arbeitszeit. Auf das Arbeitsverhältnis finden die als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen „Allgemeinen Arbeitsbedingungen für die ver.di-Beschäftigten“ (AAB) Anwendung. § 10 AAB sieht vor, dass Gewerkschaftssekretäre, die regelmäßig Mehrarbeit leisten, als Ausgleich neun freie Arbeitstage im Kalenderjahr erhalten.

Die anderen Mitarbeiter haben hingegen für jede geleistete Überstunde Anspruch auf einen Freizeitausgleich von einer Stunde und achtzehn Minuten oder auf eine entsprechende Überstundenvergütung.

Der klagende Gewerkschaftssekretär hat für vier Monate, in denen er neben seinen sonstigen Aufgaben in einem Projekt arbeitete, die Vergütung von Überstunden verlangt. ver.di meint, dass sämtliche Überstunden des Klägers mit den neun Ausgleichstagen nach den AAB abgegolten seien. Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, hatte die Revision des Klägers vor dem 5. Senat des BAG Erfolg.

BAG: Wann gilt Mehrarbeit als „regelmäßig“?

Nach dem BAG sind die AAB teilunwirksam, soweit sie für bestimmte Gewerkschaftssekretäre eine Pauschalvergütung von Überstunden vorsehen. Zunächst einmal verstoße § 10 AAB mit der Voraussetzung „regelmäßiger Mehrarbeit“ gegen das Gebot der Normenklarheit, weil für die Arbeitnehmer nicht hinreichend klar ersichtlich sei, wann „regelmäßige“ Mehrarbeit vorliegt und wann nicht. Außerdem genüge die Regelung nicht dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Unwirksame Abgeltungsklausel führt zur Anwendung allgemeiner Regelungen

Ist die Abgeltungsklausel unwirksam, fehlt es an einer Regelung zur Vergütung von Überstunden. Dann kommt ein Anspruch nur nach § 612 Abs. 1 BGB in Betracht. Dieser stellt auf eine berechtigte Vergütungserwartung ab, was anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen ist, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme.

Die berechtigte Vergütungserwartung wird zwar zumeist gegeben sein, fehlt laut BAG aber insbesondere, wenn arbeitszeitbezogen und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind, wenn Dienste höherer Art geschuldet sind, der Mitarbeiter zusätzlich zur arbeitszeitbezogenen Vergütung Provisionen erhält oder insgesamt eine deutlich herausgehobene, die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitende Vergütung gezahlt wird.

Wie wirkt sich das BAG-Urteil auf die Praxis aus?

„Eine pauschale Abgeltung von Überstunden bleibt zulässig. Sie muss aber so klar ausgestaltet sein, dass der Mitarbeiter weiß, was auf ihn zukommt. Zudem darf sie Gleichbehandlungsgebote nicht verletzen“, sagt Rechtsanwalt Manfred Resch von der Anwaltskanzlei Resch Arbeitsrecht Berlin.

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