Erben haben Zugriff auf soziale Netzwerke

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Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2018 (Az. III ZR 103/17) geht ein Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk, wie beispielsweise Facebook, auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten über. Die Erben erhalten daher Zugang zu dem Konto einschließlich der entsprechenden Kommunikationsinhalte.

Hintergrund des Klageverfahrens war ein Rechtsstreit zwischen der Mutter eines im Alter von 15 Jahren verstorbenen Mädchens. Klagegegner war Facebook. Die Nutzer können über Facebook miteinander über das Internet kommunizieren und Inhalte austauschen.

Nachdem das Mädchen unter ungeklärten Umständen verstorben war, versuchte die Klägerin sich in das Benutzerkonto einzuloggen. Die Beklagte hatte das Benutzerkonto in einen sog. Gedenkzustand versetzt, so dass ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich gewesen war. Die Inhalte des Kontos blieben bestehen.

Das Landgericht Berlin hatte der Klage mit Urteil vom 17.12.2015 (Az. 20 O 170/15) stattgegeben. Das Kammergericht Berlin hatte mit Urteil vom 31.05.2017 (Az. 21 U 9/16) die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof gab nunmehr der Mutter der Verstorbenen Recht und urteilte, dass die Erben gegen die Beklagte einen Anspruch haben, Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin und den Kommunikationsinhalten zu gewähren. Dies ergibt sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs aus dem Nutzungsvertrag zwischen der Tochter der Klägerin und der Beklagten. Dieser Nutzungsvertrag ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB auf die Erben übergegangen.

Eine Unvererblichkeit des Vertragsverhältnisses würde nicht vorliegen. Der Vertrag ist nicht höchstpersönlich. Der Bundesgerichtshof stellte insoweit fest, dass auch die gegebenenfalls im Nutzungsvertrag stillschweigend vorausgesetzten Gründe des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Kommunikationspartner nicht rechtfertigen, hier einen höchstpersönlichen Charakter anzunehmen. Zwar mag der Abschluss eines Nutzungsvertrages mit dem Betreiber eines Netzwerks in Erwartung erfolgen, dass Nachrichten grundsätzlich vertraulich bleiben und nicht gegenüber Dritten offengelegt werden. Die vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten ist jedoch von vornherein kontobezogen. Der Inhalt des Vertrages ist daher nicht, die Daten nur an eine bestimmte Person zu übermitteln, sondern an das angegebene Benutzerkonto. So kann der Absender einer Nachricht zwar darauf vertrauen, dass der Netzwerkbetreiber diese Daten nur dem ausgewählten Benutzerkonto zur Verfügung stellt, nicht aber besteht ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nur der Kontoinhaber, nicht aber Dritte von dem Kontoinhalt Kenntnis erlangen. Bereits zu Lebzeiten muss mit einem Missbrauch des Zugangs gerechnet werden. Damit einhergehen die Risiken, dass bei Tod mit der Vererbung des Vertragsverhältnisses auch eine Zugangsgewährung seitens der Erben erfolgt. 

Auch kollidiert der Anspruch nicht mit dem Datenschutzrecht. Die seit dem 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung steht einem entsprechenden Anspruch nicht entgegen. So liegen hier sowohl Rechtfertigungsgründe aus der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Kommunikationspartner als auch die überwiegenden Interessen der Erben als Rechtfertigung zur Verfügung.

Damit ist nunmehr nach langem Streit höchstrichterlich entschieden, dass seitens der Erben ein entsprechender Anspruch besteht.

Haben Sie Fragen anlässlich eines Erbfalles? Gerne beraten wir Sie und vertreten Ihre Interessen.

-Schwede-

Rechtsanwalt 


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