Opfer von Erbschleicherei - nicht jede Erbeinsetzung ist auch wirksam

  • 2 Minuten Lesezeit

Immer wieder hört man von Erbschleichern, die gezielt alte Menschen, teilweise mit psychischen Erkrankungen dazu bringen, ihre testamentarischen Regelungen anzupassen.

Nicht immer kann man dagegen vorgehen.

Das OLG Celle hat in einem Verfahren wichtige Grundsätze vorgestellt.

Wichtig ist, dass in gesetzlicher Erbfolge Abkömmlinge, Ehepartner oder sonstige Verwandte eines Verstorbenen erben. Von dieser gesetzlichen Erbfolge kann durch Testament oder Erbvertrag abgewichen werden.

Der testamentarische Erbe trägt das Risiko, dass das Testament wirksam ist. 

Zwar ist jeder unabhängig vom Alter und der Einrichtung einer etwaigen Betreuung bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen, stellt sich aber heraus, dass er etwa aufgrund einer geistigen Erkrankung nicht testierfähig war, ist der vermeintliche Erbe verpflichtet, alle Nachlassgegenstände an die gesetzlichen Erben herausgeben.

In dem Verfahren vor dem OLG Celle (Az.: 6 U 2/22) stritten die Parteien um ein sehr hohes Vermögen. So hatte eine alleinstehende und kinderlose Dame mit einem Vermögen von mehreren Millionen Euro durch ein Testament im Jahr 2008 und später durch einen im Jahr 2014 geschlossenen Erbvertrag ihren langjährigen Steuerberater als Alleinerben eingesetzt. Die Hintergründe blieben unklar.

Die Erblasserin verstarb im Jahr 2015. 

Im Erbscheinsverfahren wurde von dem Amtsgericht Hannover ein psychiatrisches Gutachten eingeholt. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis kam, dass die Verstorbene aufgrund wahnhafter Störungen nicht in der Lage war, wirksam zu testieren. 

Testierunfähig ist, wer etwa wegen einer krankhaften Störung seiner Geistestätigkeit nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung eines Testaments oder eines Erbvertrages zu erkennen. Letztwillige Verfügungen sind daher unwirksam.

Dieses die Testierunfähigkeit feststellenden Gutachten haben neben dem Amtsgericht Hannover sowohl das Landgericht Hannover als auch das Oberlandesgerichts Celle für überzeugend gehalten. 

Das Landgericht Hannover hatte mit Urteil festgestellt, dass der als Erbe eingesetzte Steuerberater nicht Erbe der Erblasserin geworden ist. Die hiergegen eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht Celle hat der Steuerberater zurückgenommen, nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung auf die fehlenden Erfolgsaussichten hingewiesen hat. 

Das Oberlandesgericht Celle hatte deutlich gemacht, dass es unerheblich sei, ob der Steuerberater die Testierunfähigkeit der Erblasserin kannte oder auch nur hätte erkennen können oder müssen. 

Es gehe in diesen Verfahren auch nicht um einen Vorwurf gegenüber dem Beklagten, sondern um die Frage, ob das Testament wirksam sei, ob also eine Testierfähigkeit vorlag. Auch bei einer Gutgläubigkeit und dem Vertrauen in die Testierfähigkeit der ihm lange bekannten Erblasserin, ist der testamentarische Erbe nicht geschützt, sondern hat alle Nachlassgegenstände herauszugeben.

Haben Sie Fragen in Ihrer erbrechtlichen Angelegenheit? Gerne beraten wir Sie und unterstützen Sie! Sprechen Sie uns an. 

Ihr Jörg Schwede, Rechtsanwalt


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jörg Schwede

Beiträge zum Thema