Erben und Vererben in der Patchwork-Familie

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Lebt man verwitwet nach einer gescheiterten Beziehung ohne Heirat oder nach einer geschiedenen Ehe mit den Kindern in einer neuen Lebensgemeinschaft, so denkt man sicherlich über die alltäglichen Schwierigkeiten nach, die eine solche Familie mit sich bringt, aber meistens nicht über mögliche erbrechtliche Verwicklungen und Folgen. 

Das führt zu zufälligen Ergebnissen, wo das Vermögen landet, wenn man verstirbt, denn das gesetzliche Erbrecht sieht kein Erbe für nicht verheiratete Partner und Stiefkinder vor. Das kann man vermeiden, indem man sich vorher sorgfältig mit dem eigenen Nachlass beschäftigt.

Das geltende Erbrecht privilegiert weder den ersten (geschiedenen) Ehegatten noch den neuen Partner, sondern nur den aktuellen Ehegatten und alle leiblichen Kinder. 

Inzwischen leben aber ca. 25 % aller Kinder nicht mehr in dem Haushalt ihrer verheirateten Eltern, sondern bei einem alleinerziehenden Elternteil oder im Haushalt mit dem neuen Partner eines Elternteils. 

Um das Erbrecht in der Patchworkfamilie zu verstehen, ist es notwendig, das gesetzliche Erbrecht zu kennen. Denn ohne Testament wird nach dem gesetzlichen Erbrecht vererbt. 

Für die Patchworkfamilie bieten sich viele Gestaltungsmöglichkeiten durch ein gut durchdachtes Testament und die Errichtung von Vermächtnissen und Vollmachten an:

Zur Absicherung kommt nach dem Trennungsmodell die testamentarische Festlegung einer Vor- und Nacherbschaft in Frage: Dabei setzen sich die Partner mit jeweils einseitigen Kindern sich gegenseitig zu alleinigen Vorerben ein. Nacherben sind die jeweiligen eigenen Kinder. Der Nachteil ist, dass durch das Pflichtteilsrecht des Nacherben zufällig andere Ergebnisse entstehen können.

Der überlebende Partner kann aber auch gesichert werden, in dem er nicht zum Erben bestimmt wird, sondern ein durchdachtes System von Vermächtnissen erhält: dazu zählen Wohnungsrechte, Nießbrauch und die Herausgabe bestimmter Gegenstände, z. B. Geld, Wertpapiere, Geschäftsanteile und Sparkonten 

Überwacht werden können diese Regeln von einem Testamentsvollstrecker.

Der Vorteil ist, dass keine Pflichtteilsansprüche entstehen, aber gleichzeitig ein starker und komfortabler Strauß von Rechten für die überlebenden Partner und Kinder.

Ferner ist eine Absicherung durch lebzeitige Schenkungen oder Lebensversicherungen überlegenswert.

Die verschenkten Gegenstände sind dann nicht mehr im späteren Nachlass, sondern schon beim Beschenkten. Allerdings sind dann wieder Pflichtteilsrechte zu beachten, da durch eine Schenkung Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst werden. 

Dabei gilt, dass mit jedem zurückliegenden Jahr seit der Schenkung der Wert des verschenkten Gegenstandes 10 % weniger in Ansatz gebracht wird. Sind seit der Schenkung mehr als 10 Jahre verstrichen, so bleibt sie gänzlich unberücksichtigt (Ausnahmen gelten beim Nießbrauch). 

Bei der Gestaltung mit Lebensversicherungen werden diese Lebensversicherung zugunsten des Partners geschlossen. Der Erblasser zahlt zu Lebzeiten die Beiträge und ist Versicherungsnehmer. Zu Lebzeiten kann er je nach Vertrag auch noch die Bezugsberechtigung ändern. Die Versicherungssumme fällt dann nicht in den Nachlass, sondern wird direkt an den Beschenkten ausgezahlt. Durch diese Zuwendung werden zwar Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst; häufig wird die Auszahlung aber nicht bekannt.

Flankierend sollten in Patchworkfamilien immer auch eine ausreichende Vollmacht erteilt werden. Die Vollmacht sichert die Handlungsmöglichkeit des Partners. Dabei erteilt der Erblasser zu Lebzeiten eine Generalvollmacht, die über den Tod hinaus wirkt. 

Damit kann der Bevollmächtigte im Erbfall den Nachlass in Besitz nehmen und verwalten, bis die Erben festgestellt sind. Das Fortführen von allen Rechtsgeschäften des Erblassers durch den Bevollmächtigten bleibt damit gesichert.

Wolfdietrich E. Axmann

Rechtsanwalt


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